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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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aber das können wir nicht«, erwiderte er knapp. »Die Kongregation will deine Kraft  – oder sie will zumindest wissen, worin sie besteht. Sie will Ashmole 782 , und du bist seit über hundert Jahren die Einzige, die dieses Manuskript zu Gesicht bekommen hat.«
    »Sie wollen auch dich und die Lazarusritter.«
    »Sie hätten die Bruderschaft schon längst zu Fall bringen können. Dazu hatte die Kongregation reichlich Gelegenheit.« Matthew nahm ganz offensichtlich Maß an mir und versuchte meine wenigen Stärken und beträchtlichen Schwächen abzuschätzen. Ich fühlte mich wie ausgestellt.
    »Aber ich bin von lauter Beschützern umgeben. Du passt auf mich auf  – und Sarah und Em auch.«
    »Wir können nicht rund um die Uhr bei dir sein, Diana. Außerdem willst du doch nicht, dass Sarah und Em ihr Leben aufs Spiel setzen, um deines zu retten, oder?« Es war eine plumpe Frage, und ich sah, wie er dabei das Gesicht verzog. Die Augen zu Schlitzen zusammengekniffen, trat er noch einen Schritt zurück.

    »Du willst mir Angst machen«, sagte ich, als er vor mir in die Hocke ging. Die letzten leisen Morphinschwaden zogen durch mein Blut ab, verjagt von frisch einschießendem Adrenalin.
    »Nein, will ich nicht.« Bedächtig schüttelte er den Kopf und sah mit seinen hin und her schwingenden Haaren wölfischer aus als je zuvor. »Wenn du wirklich Angst hättest, würde ich das riechen. Du bist nur aus der Balance geraten.«
    Tief aus Matthews Kehle stieg ein Knurren, das ganz und gar nichts mit den Lauten zu tun hatte, die er von sich gab, wenn er Lust empfand. Jetzt wich ich vor ihm zurück.
    »So ist es schon besser«, schnurrte er. »Wenigstens hast du jetzt einen Vorgeschmack auf die Angst bekommen.«
    »Warum tust du das?«, flüsterte ich.
    Er war ohne ein weiteres Wort verschwunden.
    Ich blinzelte. »Matthew?«
    Zwei kalte Flecken bohrten sich in meine Schädeldecke.
    Matthew hing wie eine Fledermaus an den Füßen zwischen zwei Ästen, die Arme wie Schwingen ausgebreitet. Er beobachtete mich so eindringlich, dass ich es nur an einem gelegentlichen frostigen Aufflackern spürte, wenn er den Blick woandershin richtete.
    »Ich bin kein Forscherkollege, mit dem du ein Streitgespräch führst. Hier geht es nicht um eine akademische Spiegelfechterei  – sondern um Leben oder Tod.«
    »Komm da runter«, tadelte ich ihn scharf. »Ich habe verstanden.«
    Ich sah ihn nicht neben mir landen, aber ich spürte seine kalten Finger an Hals und Kinn, die meinen Kopf zur Seite drehten, bis meine Kehle frei lag. »Wenn ich Gerbert wäre, wärst du schon tot«, zischte er.
    »Hör auf, Matthew.« Ich wollte mich aus seinen Händen winden, schaffte es aber nicht.
    »Nein.« Er verstärkte den Griff nur noch. »Satu hat versucht, dich zu brechen, darum würdest du jetzt am liebsten abtauchen. Doch du musst dich wehren.«
    »Tue ich ja.« Ich drückte gegen seine Arme, um meinen Worten Nachdruck zu verleihen.

    »Nicht wie ein Mensch«, meinte Matthew verächtlich. »Wehr dich wie eine Hexe.«
    Wieder verschwand er. Diesmal hing er nicht im Baum, und ich spürte auch seinen Blick nicht mehr.
    »Ich bin müde. Ich will zum Haus zurück.« Nachdem ich drei Schritte gegangen war, hörte ich ein kurzes Rauschen. Matthew hatte mich über die Schulter geworfen, und ich wurde  – rasend schnell  – in die entgegengesetzte Richtung getragen.
    »Du gehst nirgendwohin.«
    »Wenn du so weitermachst, hast du Sarah und Em auf dem Hals.« Eine von beiden musste einfach spüren, dass hier etwas schieflief. Und wenn sie nichts unternahmen, würde garantiert Tabitha eingreifen.
    »Nein.« Tief im Wald setzte mich Matthew wieder ab. »Sie haben mir versprochen, das Haus nicht zu verlassen  – nicht einmal, wenn du schreist, und ganz gleich, welche Gefahren sie spüren.«
    Ich wich zurück, weil ich auf Abstand zu seinen riesigen schwarzen Augen gehen wollte. Die Muskeln in seinen Beinen spannten sich zum Sprung an. Als ich mich umdrehte, um loszurennen, war er schon vor mir. Ich drehte mich wieder um, doch wieder stand er vor mir. Ein Wind kam rund um meine Füße auf.
    »Gut«, stellte er zufrieden fest. Matthew kauerte sich zusammen, genau wie auf der Hirschjagd bei Sept-Tours, und begann wieder bedrohlich zu knurren.
    Der Wind fegte in Böen um meine Füße, aber er wurde nicht stärker. Das Kitzeln senkte sich von meinen Ellbogen zu den Nägeln hinab. Statt meinen Ärger zu unterdrücken, ließ ich dem Gefühl freien Lauf. Blaue

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