Seelen-Transfer
notwendigerweise.“
„Doch, sie hat“, beharrte Mason. „Ich sage Ihnen, daß die Wissenschaft uns alle zwischen dem, was sie erreicht hat, und dem, wo sie versagt hat, gefangenhält. Sie hat uns hinaus zur Venus und zum Mars gebracht – weiter schafft sie es nicht. Die äußeren Planeten liegen völlig außerhalb unserer Reichweite, jedenfalls für einen Menschen in einem von Menschen gebauten Raumschiff. Kein Treibstoff, den man sich ausdenken kann, kein Triebwerk, das man entwerfen könnte, kann eine solche Entfernung überwinden. Das hat man immer und immer wieder zugegeben. Die Wissenschaft hat uns an unsere letzte Grenze gebracht – ich besitze eine vollautomatische Alabaster-Villa an jener Grenze. Die Wissenschaft kommt nicht weiter, also hat sie sich nach innen gewandt und zivilisiert, was sie da vorgefunden hat. Das Ergebnis ist, daß wir festgenagelt und gefangen in völliger Freiheit dasitzen und so glücklich gemacht werden, daß wir in Tränen ausbrechen könnten.“
Der Beamte zeigte auf seinem Gesicht jetzt freundlichen Widerspruch und bemerkte dann spitz. „Ist es dann nicht inkonsequent, wenn man die Hilfe der Wissenschaft sucht, um ihr zu entkommen?“
„So, wie ich meinen Weg hinaus suche, halte ich mich nur an Konventionen“, antwortete Mason. „Außerdem gebe ich ja zu, daß die Wissenschaft auch ihr Gutes hat. Aber ich meine nicht, daß sie außerhalb jeder Kritik steht.“
„Da könnte etwas dran sein“, gestand der andere zu. „Ich frage mich manchmal auch, wo sie wohl aufhören wird.“
„Sie ist zum Stillstand gekommen, kein Zweifel. Alles, was aufhört sich auszudehnen, steht still.“
„Das ist eine Meinung, zu der Sie als Bürger völlig berechtigt sind.“ Seine offizielle Redeweise machte seine Meinung in diesem Punkt klar. Dann hantierte er an den Formularen herum, wählte eines aus. „Da die Endgültigkeit Ihrer Entscheidung klar herausgekommen ist, bleibt mir keine andere Wahl, als Ihre Urkunde zu unterschreiben.“
„Mein Gott, brauche ich dazu eine Urkunde?“ Mason beugte sich vor, nahm den Zettel an sich, nachdem er unterschrieben war, wedelte damit wie mit einer weißen Fahne herum. „Was mache ich damit?“
Der Beamte deutete mit dem Kopf auf eine andere Tür. „Gehen Sie damit dort hindurch und übergeben Sie sie dem Techniker. Er wird sich mit Ihnen über die Modalitäten Ihres Dahinscheidens in Verbindung setzen.“
„Wie nett Sie das ausdrücken“, sagte Mason. Wieder wedelte er mit der Fahne. „Nun, vielen Dank für alles. Wir sehen uns in der anderen Welt.“
„Das wird nur dann sein, wenn meine Konstitution keine weiteren Verjüngungen mehr erlaubt“, versprach der andere.
Der Techniker stellte sich als ein großer, dürrer Mann mit Glatze und ruhiger Stimme heraus. Er nahm die Urkunde an sich und las sie sorgfältig durch.
„Hätten Sie’s gern schnell oder langsam?“
„Heiliger Strohsack, welch eine Frage! Wer möchte denn schon langsam sterben?“
Im Tonfall eines Leichenbestatters sagte der Mann: „Ich spreche nicht vom Prozeß des Dahinscheidens, sondern von den Umständen des Todes. Möchten Sie, daß es sofort oder erst nach einiger Zeit geschieht?“
„Lieber schnell, ohne Verzögerungen.“ Mit grimmigem Humor fügte Mason noch an: „Sonst werde ich vielleicht noch schwach und ändere meine Meinung.“
„Das ist vorgekommen.“
„So?“
„Sehr oft“, versicherte der Mann.
„Das ist mir neu“, gab Mason zu. „Ich habe nie von jemandem gehört, der so weit gekommen war und dann noch lebte, um davon zu berichten.“
„Keiner sagt etwas darüber. Schweigen ist der Preis der Freiheit.“
„In diesem Fall kann ich also meine Meinung bis zum letzten Moment noch ändern und einfach hinausgehen, vorausgesetzt, ich schwöre, nichts davon zu erzählen?“
„Sie brauchen nicht zu schwören.“
„Warum nicht?“
„Sie würden nicht gern von Ihrer moralischen Feigheit erzählen wollen.“
„Wie recht Sie haben“, sagte Mason.
Der andere musterte ihn. „Irgendwie bin ich sicher, daß Sie Ihre Meinung nicht ändern werden. Wenn Ihre Reaktionen nicht extrem schnell sind, gehören Sie zu den vielen, die Ihre Meinungsänderung erst dann erleben, wenn es zu spät geworden ist.“
„Ich verstehe. Ich kann Ihnen sagen, daß ich schon sechsmal in den letzten zwei Jahren schwach geworden bin. Das geschieht nicht ein siebentes Mal.“ Er besah sich den Raum, in dem sie sich befanden. Von einem Tisch und einem
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