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Seelen

Titel: Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
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durcheinanderbringen. Aber du hast mich sehr wohl angegriffen. Indem du mir deine Erinnerungen so massiv aufgedrängt hast.
    Ich habe meine Lektion gelernt, versicherte sie mir trocken. Ich konnte spüren, wie stark ihr die Hand in meiner bewusst war. In ihr wuchs langsam ein Gefühl heran, das ich nicht erkannte. So ähnlich wie Wut, aber noch dazu mit einem Schuss Verlangen und einer Prise Verzweiflung.
    Eifersucht, klärte sie mich auf.
    Jeb gähnte erneut. »Ich bin ganz schön unhöflich, fürchte ich. Du musst ja völlig fertig sein - nachdem du heute den ganzen Tag herumgelaufen bist, halte ich dich auch noch die halbe Nacht mit Fragen wach. Was für ein mieser Gastgeber! Los, Jamie, wir gehen, damit Wanda ein bisschen Schlaf bekommt.«
    Ich war erschöpft. Es fühlte sich an, als wäre der Tag sehr lang gewesen, und nach Jebs Worten zu schließen, war das vielleicht nicht nur Einbildung.
    »Okay, Onkel Jeb.« Jamie sprang leichtfüßig auf und streckte dem alten Mann die Hand entgegen.
    »Danke, mein Junge.« Jeb ächzte beim Aufstehen. »Und dir auch vielen Dank«, fügte er in meine Richtung hinzu. »Das war das interessanteste Gespräch, das ich seit … na, wahrscheinlich jemals geführt habe. Schone deine Stimme, Wanda, denn meine Neugier ist enorm. Ah, da kommt er ja. Wurde aber auch Zeit.«
    Erst jetzt hörte ich das Geräusch sich nähernder Schritte. Automatisch drückte ich mich an die Wand und verzog mich ein Stück in den Höhlenraum, obwohl ich mich drinnen fast noch unsicherer fühlte, weil das Mondlicht dort noch heller leuchtete.
    Ich war überrascht, dass erst jetzt jemand zum Schlafen hier auftauchte; in diesem Flur schienen eigentlich viele Leute zu wohnen. »Entschuldige, Jeb. Ich musste noch mit Sharon reden und dann bin ich eingenickt…«
    Es war unmöglich, diese gelassene, freundliche Stimme nicht wiederzuerkennen. Mir drehte sich der Magen um und ich wünschte, er wäre leer.
    »Macht gar nichts, Doc. Wir haben uns hier prima amüsiert. Irgendwann musst du sie mal dazu bringen, dir ein paar ihrer Geschichten zu erzählen - klasse Stoff. Heute allerdings nicht mehr. Sie muss ganz schön müde sein. Wir sehen euch morgen früh.«
    Der Doktor breitete eine Matte vor dem Höhleneingang aus, genau wie Jared.
    »Behalt das im Auge«, sagte Jeb und legte das Gewehr neben die Matte.
    »Geht’s dir gut, Wanda?«, fragte Jamie plötzlich. »Du zitterst ja.«
    Ich hatte es bisher gar nicht gemerkt, aber mein ganzer Körper bebte. Ich antwortete nicht - meine Kehle war wie zugeschnürt.
    »Ganz ruhig«, sagte Jeb besänftigend. »Ich habe Doc gebeten, eine Schicht zu übernehmen. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Doc ist ein Ehrenmann.«
    Der Doktor lächelte müde. »Ich werde dir nichts tun … Wanda, richtig? Das verspreche ich dir. Ich halte bloß Wache, während du schläfst.«
    Ich biss mir auf die Lippe, aber das Beben ließ nicht nach.
    Jeb schien allerdings zu glauben, dass alles geklärt sei. »Nacht, Wanda. Nacht, Doc«, sagte er, als er sich auf den Weg den Gang hinunter machte.
    Jamie zögerte und sah mich besorgt an. »Doc ist in Ordnung«, versicherte er mir flüsternd.
    »Komm endlich, Junge, es ist schon spät!«
    Jamie lief hinter Jeb her.
    Als sie weg waren, beobachtete ich den Doktor und wartete auf eine Veränderung. Docs entspannter Gesichtsausdruck verschwand jedoch nicht und er rührte das Gewehr nicht an. Er streckte seine lange Gestalt auf der Matte aus, wobei seine Waden und Füße darüber hinausragten. Im Liegen sah er viel kleiner aus, so spindeldürr, wie er war.
    »Gute Nacht«, murmelte er schläfrig.
    Natürlich antwortete ich nicht. Ich betrachtete ihn im fahlen Mondlicht und maß die Zeit zwischen dem Heben und Senken seines Brustkorbs mit Hilfe meines Pulsschlags, der mir in den Ohren hämmerte. Sein Atem wurde langsamer und tiefer und dann begann Doc leise zu schnarchen.
    Möglicherweise verstellte er sich nur, aber selbst wenn es so war, konnte ich es nicht ändern. Leise rutschte ich weiter in den Raum hinein, bis ich mit dem Rücken an den Rand der Matratze stieß. Ich hatte mir geschworen, die Ruhe dieses Zimmers nicht zu stören, aber es würde wahrscheinlich niemandem wehtun, wenn ich mich am Fußende des Bettes zusammenrollte. Der Boden war so hart und uneben.
    Das sanfte Schnarchen des Doktors war tröstlich; selbst wenn er mich damit in Sicherheit wiegen wollte, wusste ich so doch wenigstens, wo genau in der Dunkelheit er sich befand.
    Ich

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