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Seelen

Titel: Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
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ich wieder schwieg, merkte ich, dass der Doktor nicht mehr schnarchte. Ich konnte ihn nicht mal atmen hören. Idiotin! Ich verfluchte mich innerlich selbst.
    »Unglaublich«, sagte Jamie.
    Ich flüsterte ihm ins Ohr, so leise, dass der Doktor es unmöglich hören konnte: »Ja, sie ist sehr stark.«
    Jamie bemühte sich mit gerunzelter Stirn zu verstehen, was ich sagte, und warf dann plötzlich einen Blick auf die dunkle Öffnung zum Gang. Ihm musste dasselbe aufgefallen sein wie mir, denn er drehte sein Gesicht zu meinem Ohr und flüsterte leiser als vorher zurück: »Und warum tust du uns nichts? Ist es nicht das, worauf du es abgesehen hast?«
    »Nein. Ich will dir nicht wehtun.«
    »Warum nicht?«
    »Deine Schwester und ich haben … viel Zeit miteinander verbracht. Sie hat dich mit mir geteilt. Und … ich habe angefangen … dich ebenfalls zu lieben.«
    »Und Jared auch?«
    Einen Augenblick lang biss ich die Zähne aufeinander, verzweifelt, dass er die Verbindung so schnell gezogen hatte. »Natürlich will ich auch Jared nicht verletzen.«
    »Er hasst dich«, erklärte Jamie, ganz offensichtlich bekümmert deswegen.
    »Ja. Alle hassen mich.« Ich seufzte. »Ich kann es ihnen nicht verdenken.«
    »Jeb nicht. Und ich auch nicht.«
    »Das wirst du vielleicht noch, wenn du länger darüber nachdenkst.«
    »Aber du warst doch bei der Invasion gar nicht dabei. Du hast meinen Dad oder meine Mom oder Melanie nicht ausgewählt. Du warst damals im Weltraum, oder?«
    »Das stimmt, aber ich bin, was ich bin, Jamie. Ich habe getan, was Seelen nun mal tun. Ich habe vor Melanie viele Wirte bewohnt und nichts hat mich davon abgehalten, Leben zu … übernehmen. Immer wieder. So lebe ich.«
    »Hasst Melanie dich?«
    Ich dachte eine Minute lang nach. »Nicht so sehr wie früher.«
    Nein. Ich hasse dich überhaupt nicht. Nicht mehr.
    »Sie sagt, sie hasst mich überhaupt nicht mehr«, murmelte ich fast lautlos.
    »Wie … wie geht es ihr?«
    »Sie ist froh, hier zu sein. Sie ist so froh, dich zu sehen. Es macht ihr noch nicht einmal etwas aus, dass sie uns umbringen werden.«
    Jamie erstarrte unter meinem Arm. »Das können sie nicht machen«, zischte er. »Nicht, wenn Melanie noch lebt!«
    Du hast ihm einen Schreck eingejagt, beklagte sich Melanie. Das hättest du nicht sagen dürfen.
    Es wird nicht leichter für ihn sein, wenn es ihn unvorbereitet trifft.
    »Das wird niemand glauben, Jamie«, flüsterte ich. »Sie werden denken, dass ich lüge, um dich zu täuschen. Wenn du es ihnen sagst, werden sie mich erst recht umbringen wollen. Nur Sucher lügen.«
    Das Wort ließ ihn zusammenfahren.
    »Aber ich weiß, dass du nicht lügst«, sagte er nach einem Augenblick.
    Ich zuckte mit den Achseln.
    »Ich werde nicht zulassen, dass sie sie umbringen.«
    Seine Stimme klang wild entschlossen, obwohl sie nur so leise war wie ein Hauch. Der Gedanke, ihn mit in diese Angelegenheit - in meine Angelegenheit - hineinzuziehen, lähmte mich. Ich dachte an die Barbaren, bei denen er lebte. Würde ihn sein Alter vor den Menschen schützen, wenn er für mich eintrat? Ich bezweifelte es. Meine Gedanken wirbelten durcheinander und suchten nach einer Möglichkeit, ihn abzulenken, ohne seine Sturheit auf den Plan zu rufen.
    Bevor ich irgendetwas sagen konnte, sprach Jamie bereits weiter; er war plötzlich ganz ruhig, als ob die Antwort offen vor ihm läge. »Jared wird etwas einfallen. Ihm fällt immer etwas ein.«
    »Jared wird dir genauso wenig glauben. Er wird sich von allen am meisten aufregen.«
    »Auch wenn er es nicht glaubt, wird er sie beschützen. Sicherheitshalber.«
    »Wir werden sehen«, murmelte ich. Ich würde die passenden Sätze später finden, das Machtwort, das nicht wie ein Machtwort klang.
    Jamie schwieg; er dachte nach. Schließlich ging sein Atem langsamer und sein Mund klappte auf. Ich wartete, bis ich sicher war, dass er fest schlief, dann kletterte ich über ihn hinweg und schob ihn ganz vorsichtig vom Boden aufs Bett. Er war schwerer als früher, aber es gelang mir trotzdem. Er wachte nicht auf.
    Ich legte Jareds Kissen zurück an seinen Platz und streckte mich dann auf der Matte aus.
    Ich war zu müde, um mir Sorgen darüber zu machen, was all dies morgen für Konsequenzen haben würde. Nur wenige Sekunden später war ich eingeschlafen.
    Als ich wieder aufwachte, drang Sonnenlicht durch die Spalten in der Decke und jemand pfiff.
    Das Pfeifen verstummte.
    »Endlich«, brummte Jeb, als ich mit den Augen blinzelte.
    Ich drehte

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