Seelen
sein Gewehr steckte.
Die drei schweigenden Frauen, die neben uns Brot kneteten, blickten nicht auf. Ich steckte bis zu den Ellbogen in dem klebrigen Teig, begann aber, ihn abzukratzen, um ihm folgen zu können.
Jeb grinste, warf den arbeitenden Frauen einen Blick zu und schüttelte den Kopf in meine Richtung. Dann drehte er sich um und verschwand durch die Tür, bevor ich so weit war. Ich erstarrte und hielt den Atem an. Ich sah zu den drei Frauen hinüber - die junge Blonde aus der Badehöhle, die mit dem graumelierten Zopf und die Mutter mit den schweren Lidern - und wartete darauf, dass ihnen bewusst wurde, wie leicht sie mich jetzt umbringen konnten. Kein Jeb, kein Gewehr, meine Hände im klebrigen Teig gefangen - es gab nichts, was sie davon abhalten konnte.
Aber die Frauen kneteten weiter und formten Brötchen, ohne dass ihnen diese offenkundige Erkenntnis zu dämmern schien. Nach einem langen atemlosen Moment begann ich ebenfalls wieder zu kneten. Wenn ich erstarrt dahockte, würde ich sie wahrscheinlich eher auf die Situation aufmerksam machen, als wenn ich weiterarbeitete.
Jeb war eine Ewigkeit weg. Vielleicht hatte er gemeint, dass er noch mehr Mehl mahlen musste. Das schien die einzig mögliche Erklärung für seine endlose Abwesenheit zu sein.
»Hat ja ganz schön lange gedauert«, sagte die Frau mit dem graumelierten Zopf, als er zurückkam. Es war also nicht nur meine Einbildung gewesen.
Jeb ließ einen schweren Leinensack auf den Boden fallen, wo er mit einem dumpfen Geräusch aufschlug. »Das ist eine Menge Mehl hier, Trudy. Versuch du das mal hochzuheben.«
Trudy schnaubte. »Ich vermute, du musstest ziemlich viele Pausen einlegen, um es so weit zu tragen.«
Jeb grinste sie an. »Allerdings.«
Mein Herz, das während der ganzen Episode gepocht hatte wie das eines Vogels, fiel in einen weniger hektischen Rhythmus.
Am nächsten Tag putzten wir die Spiegel in dem Raum, in dem das Maisfeld war. Jeb erklärte mir, dass man das regelmäßig tun musste, weil die Kombination aus Feuchtigkeit und Staub die Spiegel so sehr verkrustete, dass das Licht irgendwann zu schwach für die Pflanzen wurde. Ian, der wieder mit uns zusammenarbeitete, stieg auf die wackelige Holzleiter, während Jeb und ich versuchten sie festzuhalten. Es war ein schwieriges Unterfangen angesichts von Ians Gewicht und der mangelnden Stabilität der selbstgemachten Leiter. Am Ende des Tages fühlten sich meine Arme an wie Gummi und schmerzten.
Erst als wir fertig waren und uns auf dem Weg zur Küche befanden, stellte ich fest, dass der Gurt, der Jeb als Gewehrhalfter diente, leer war.
Ich schnappte hörbar nach Luft und meine Knie knickten ein wie die eines jungen Fohlens. Stolpernd kam ich zum Stehen.
»Was ist los, Wanda?«, fragte Jeb allzu unschuldig. Ich hätte ihm geantwortet, hätte nicht Ian direkt neben ihm gestanden und mein eigenartiges Verhalten fasziniert mit seinen lebhaften blauen Augen beobachtet.
Daher warf ich Jeb nur einen vielsagenden, teils ungläubigen, teils vorwurfsvollen Blick zu und ging dann langsam kopfschüttelnd neben ihm weiter. Jeb gluckste.
»Was ist denn los?«, flüsterte Ian ihm zu, als wäre ich taub. »Keine Ahnung«, sagte Jeb; er log, wie es nur ein Mensch konnte, glatt und unschuldig.
Er war ein guter Lügner und ich musste mich fragen, oh die Tatsache, dass er heute das Gewehr nicht dabeihatte, dass er um mich gestern allein gelassen hatte und dass er mich ständig zum Zusammensein mit den Menschen zwang, nur seine Art war, mich umzubringen, ohne selbst die Drecksarbeit machen zu müssen. Existierte unsere Freundschaft nur in meinem Kopf? War sie nur eine weitere Lüge?
Es war der vierte Tag, an dem ich in der Küche aß.
Jeb, Ian und ich betraten den langgestreckten, warmen Raum - voll mit Menschen, die sich leise über die Ereignisse des Tages unterhielten - und nichts geschah.
Nichts geschah.
Es herrschte keine plötzliche Stille. Niemand hielt inne, um mich mit Blicken zu durchbohren. Uns schien überhaupt niemand zu bemerken.
Jeb führte mich an einen freien Tresen und ging dann Brot für uns drei holen. Ian lehnte sich neben mich und wandte sich beiläufig an das Mädchen an seiner anderen Seite. Es war die junge Blonde - er nannte sie Paige.
»Wie läuft’s denn so? Wie geht es dir, jetzt, wo Andy nicht da ist?«, fragte er sie.
»Im Prinzip gut, wenn ich mir nur nicht solche Sorgen machen würde«, sagte sie und biss sich auf die Lippe.
»Er kommt bald wieder
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