Seelen
ich würde nicht nachfragen. Ich setzte mich in Bewegung und Jeb folgte mir.
»Siehst du, war doch gar nicht so übel heute«, sagte er, als wir durch den dunklen Gang gingen.
»Nicht so übel«, murmelte ich. Immerhin war ich nicht umgebracht worden. Das war doch schon was.
»Morgen wird es noch besser«, versprach er. »Das Säen mochte ich schon immer. Das Wunder dieser kleinen, tot aussehenden Samen, die so viel Leben beherbergen, fasziniert mich. Es gibt mir das Gefühl, dass ein vertrockneter alter Kerl wie ich doch noch ein bisschen Potenzial in sich tragen könnte. Und wenn auch nur als Dünger.« Jeb lachte über seinen Witz.
Als wir die große Gartenhöhle erreichten, nahm Jeb meinen Ellbogen und führte mich nach Osten statt nach Westen.
»Versuch nicht mir weiszumachen, dass du nach der Schufterei keinen Hunger hast«, sagte er. »Zimmerservice gibt es hier nicht. Du wirst dort essen müssen, wo alle anderen auch essen.«
Ich starrte verstockt auf den Fußboden, ließ mich aber von Jeb zur Küche führen.
Zum Glück war das Essen exakt dasselbe wie immer, denn wenn auf wundersame Weise ein Filet Mignon oder eine Tüte Käsecracker vor mir aufgetaucht wären, hätte ich das gar nicht zu schätzen gewusst. Allein das Schlucken erforderte all meine Konzentration - ich fand es grauenhaft, auch nur dieses kleine Geräusch zu machen in der Totenstille, die auf mein Erscheinen folgte. Die Küche war nicht sehr voll, nur zehn Leute lehnten an den Tresen, wo sie ihre harten Brötchen aßen und ihre wässrige Suppe tranken. Aber ich brachte erneut jegliches Gespräch zum Erliegen. Ich fragte mich, wie lange das so weitergehen konnte.
Die Antwort lautete: genau vier Tage.
Genau so lange brauchte ich, bis ich begriff, was Jeb vorhatte - was der Grund für seinen plötzlichen Wandel vom höflichen Gastgeber zum unerbittlichen Vorarbeiter war.
Den Tag nach dem Umgraben verbrachte ich mit der Aussaat und Bewässerung auf demselben Feld. Diesmal arbeitete dort eine andere Gruppe von Leuten als am Vortag; ich nahm an, dass es eine Art Rotationssystem für die verschiedenen Aufgaben gab. In dieser Gruppe waren Maggie und die karamellhäutige Frau, deren Namen ich allerdings nicht erfuhr. Fast alle arbeiteten schweigend. Das Schweigen kam mir unnatürlich vor - ein Protest gegen meine Anwesenheit.
Ian arbeitete wieder mit uns zusammen, obwohl er ganz offensichtlich nicht an der Reihe war, und das irritierte mich.
Ich musste wieder in der Küche essen. An diesem Tag war Jamie auch da und verhinderte, dass es vollkommen still im Raum war. Ich wusste, dass er sensibel genug war, um das unangenehme Schweigen zu bemerken, aber er ignorierte es und tat so, als wären er und Jeb und ich die einzigen Anwesenden. Er plauderte über Sharons Unterricht gab ein bisschen damit an, Ärger bekommen zu haben, weil er ungefragt etwas gesagt hatte, und beklagte sich über die Strafarbeit, die sie ihm dafür aufgebrummt hatte. Jeb schimpfte halbherzig mit ihm. Es gelang beiden ziemlich gut, vorzugeben, alles sei ganz normal. Ich war nicht in der Lage, irgendetwas vorzugeben. Als mich Jamie nach meinem Tag fragte, konnte ich nichts weiter tun, als starr in mein Essen zu blicken und einsilbige Antworten zu murmeln. Das schien ihn traurig zu machen, aber er bedrängte mich nicht weiter.
Nachts war das allerdings anders - da ließ er nicht zu, dass ich aufhörte zu reden, bis ich irgendwann darum bettelte, schlafen zu dürfen. Jamie hatte sein Zimmer wieder bezogen, sich in Jareds Hälfte eingerichtet und darauf bestanden, dass ich seine übernahm. Das kam Melanies Erinnerung ziemlich nahe und sie war zufrieden mit dieser Abmachung.
Jeb war es ebenfalls. »Erspart mir die Mühe, jemanden zu finden, der Wache hält. Behalt das Gewehr in deiner Nähe und vergiss es nicht«, sagte er zu Jamie.
Ich protestierte erneut, aber sowohl Jeb als auch Jamie weigerten sich, auf mich zu hören. Also schlief Jamie mit dem Gewehr auf der mir abgewandten Seite neben sich und ich machte mir Sorgen und hatte Albträume deswegen.
An meinem dritten Arbeitstag war ich zum Küchendienst eingeteilt. Jeb brachte mir bei, wie man den groben Brotteig knetete, wie man ihn zu runden Klumpen formte und gehen ließ und, später dann, wie man das Feuer im Fuß des großen Steinofens schürte, wenn es dunkel genug war, um Rauch aufsteigen zu lassen.
Mitten am Nachmittag ging Jeb.
»Ich hole noch mehr Mehl«, murmelte er und spielte an dem Gurt herum, in dem
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