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Seelen

Titel: Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
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beobachtet, aber nie mit einer gesprochen. Ich hatte einfach so viele Fragen … Außerdem habe ich immer gedacht, dass man wahrscheinlich mit jedem auskommen kann, wenn man es wirklich will. Ich überprüfe meine Theorien gerne in der Praxis. Und bitte schön: Hier bist du, eins der nettesten Mädchen, die ich je getroffen habe. Es ist verdammt interessant, eine Seele zur Freundin zu haben, und ich bin wirklich stolz darauf, dass ich das hingekriegt habe.«
    Er zwinkerte mir zu, machte eine Verbeugung und ging davon.
    Nur weil ich Jebs Plan jetzt kannte, wurde es kein bisschen einfacher, als er ihn nach und nach immer weiterverfolgte.
    Er trug das Gewehr jetzt gar nicht mehr bei sich. Ich wusste nicht, wo es war, aber ich war dankbar, dass es jetzt nachts nicht mehr neben Jamie lag. Es machte mich ein bisschen nervös, dass Jamie ungeschützt bei mir schlief, aber ich beschloss, dass er ohne das Gewehr eigentlich weniger in Gefahr schwebte. Niemand würde ihn verletzen wollen, wenn er keine Bedrohung darstellte. Außerdem hatten wir in letzter Zeit sowieso keine nächtlichen Besucher mehr gehabt.
    Jeb begann mich auf kleine Botengänge zu schicken: aus der Küche noch ein Brötchen holen, weil er noch Hunger hatte. Einen Eimer Wasser holen, weil diese Ecke des Feldes noch trocken war. Jamie aus dem Unterricht holen, weil Jeb mit ihm sprechen musste. Hatte der Spinat bereits zu sprießen begonnen? Geh mal nachsehen. Kannte ich noch den Weg durch den südlichen Teil des Höhlensystems? Jeb hatte eine Nachricht für Doc.
    Jedes Mal, wenn ich einen dieser einfachen Aufträge ausführen musste, war ich in Angstschweiß gebadet. Ich versuchte mich unsichtbar zu machen, wenn ich, so schnell ich konnte, ohne zu rennen, durch die großen Hallen und dunklen Gänge lief. Ich hielt mich meistens dicht an der Wand und hatte den Blick gesenkt. Gelegentlich wurde meinetwegen ein Gespräch unterbrochen, so wie früher, aber in der Regel ignorierten mich alle. Das einzige Mal, dass ich konkrete Todesangst ausstand, war, als ich Sharons Unterricht unterbrach, um Jamie zu holen. Auf den Blick, den mir Sharon zuwarf, schien zwangsläufig ein Angriff folgen zu müssen. Aber sie ließ Jamie mit einem Nicken gehen, nachdem ich meine geflüsterte Anfrage hervorgepresst hatte, und als wir allein waren, hielt Jamie meine zitternde Hand und erklärte mir, dass Sharon jeden so ansah, der ihren Unterricht störte.
    Am schlimmsten war es, als ich Doc aufsuchen sollte, denn Ian bestand darauf, mir den Weg zu zeigen. Ich schätze, ich hätte sein Angebot auch ablehnen können, aber Jeb hatte kein Problem damit und das bedeutete, dass Jeb Ian vertraute und nicht glaubte, er würde mich töten. Ich fühlte mich zwar alles andere als wohl dabei, diese Theorie einem Praxistest zu unterziehen, aber es schien so, als sei dieser Test unvermeidlich. Wenn Jeb sich irrte, was sein Vertrauen in Ian anging, würde Ian sowieso bald eine andere Gelegenheit finden. Also nahm ich die Feuerprobe auf mich und ging mit ihm durch den langen, schwarzen südlichen Tunnel.
    Ich überlebte die erste Hälfte des Weges und Doc empfing seine Nachricht. Es schien ihn nicht zu überraschen, Ian neben mir her trotten zu sehen. Vielleicht bildete ich es mir nur ein, aber ich hatte den Eindruck, als würden sie sich einen vielsagenden Blick zuwerfen. Fast erwartete ich, dass sie mich gleich auf eins von Docs Feldbetten schnallen würden. Diese Räume verursachten mir immer noch Übelkeit.
    Aber Doc bedankte sich einfach bei mir und schickte mich anschließend wieder weg, als wäre er beschäftigt. Mir war nicht klar, was genau er machte - er hatte mehrere aufgeschlagene Bücher vor sich und unzählige Stapel Papier, auf dem nichts als Skizzen zu sehen waren.
    Auf dem Rückweg war meine Neugier stärker als meine Angst.
    »Ian?«, fragte ich. Es fiel mir nicht ganz leicht, zum ersten Mal seinen Namen auszusprechen.
    »Ja?« Er klang überrascht, dass ich ihn ansprach.
    »Warum hast du mich noch nicht umgebracht?«
    Er schnaubte. »Das nenne ich eine direkte Frage.«
    »Du könntest es tun, weißt du. Jeb wäre im ersten Moment vielleicht wütend, aber ich glaube nicht, dass er dich erschießen würde.« Was sagte ich da? Es hörte sich ja so an, als wollte ich ihn dazu überreden. Ich biss mir auf die Zunge.
    »Ich weiß«, sagte er lakonisch.
    Einen Moment lang herrschte Schweigen, nur das Geräusch unserer Schritte hallte leise und gedämpft von den Tunnelwänden wider.
    »Es

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