Seelenangst
aufgepflanzt.« Er machte eine Pause. »Vermutlich mit dem Ziel, so etwas irgendwann auch mal beim Menschen zu machen. Moralische Bedenken hatte er jedenfalls keine, diese Kopftransplantationen vorzunehmen.«
Clara schüttelte sich.
»Soweit ich weiß, hat das aber nie richtig funktioniert.« Das war MacDeath, der ins Mikrofon des Handys sprach. »Die aufgesetzten Affenköpfe haben ein paar Tage überlebt. Dann schwollen die Gesichter und Zungen an, und kurz darauf waren sie tot.«
»Ja, stimmt. Das alles ist allerdings schon eine Weile her«, sagte Hermann. »Heutzutage ist die Medizin ein gutes Stück weiter.«
»Inwiefern?«
»Heute macht man diese Kopfverpflanzungen tatsächlich beim Menschen, wie es aussieht.«
Clara krallte die Hände zusammen.
Beim Menschen. Was für ein grauenerregender Gedanke. Ein Mensch erwacht aus der Narkose und erkennt, dass sein Kopf auf einen fremden Körper aufgesetzt wurde …
»Und wo ist Venturas?«
»Noch haben wir sie nicht«, sagte Hermann, »wir halten euch auf dem Laufenden.«
29
Don Alvaro hatte mit den Dämonen gesprochen. Und durch den Mund der Besessenen hatte er Geheimnisse von ihnen erfahren, über die Hölle und die Dämonen selbst.
Clara schien es ebenfalls mit einem Dämon zu tun zu haben, der ihr stets mehrere Schritte voraus war und Opfer suchte, die ein dunkles Geheimnis in sich trugen. Und genau das schien auch bei Isabel Venturas der Fall zu sein.
»Ich hatte mal ein Erlebnis in einem Flugzeug«, erzählte Don Alvaro, der trotz der späten Stunde noch frisch wirkte, was angesichts seines Alters erstaunlich war. Draußen war es pechschwarze Nacht. »Damals war ich noch Schüler von Gabriele Amorth und ein paar Jährchen jünger als jetzt. Ein Mädchen saß vor mir, mit ihrer Freundin. Ich betete den Rosenkranz, wie ich es täglich tue.« Clara schaute auf die Marienstatue auf der Anrichte und den Rosenkranz, den die Jungfrau in ihren Händen hielt. »Ich merkte, wie dieses Mädchen sich umdrehte und dass meine Gebete sie störten. Plötzlich spürte ich diese unheimliche Macht. Und da wusste ich: Dieses Mädchen war besessen.«
»Was ist dann geschehen?«, fragte Clara.
»Jeder Priester hat die Macht des Exorzismus. Er muss allerdings von seinem Bischof die Approbation erlangen, um als Exorzist tätig werden zu dürfen, ähnlich wie ein Arzt oder ein Anwalt eine Zulassung braucht. Es darf nicht jeder Exorzismen betreiben, wie und wann er will.« Sein Blick schweifte zu einer sorgfältig gerahmten Urkunde, die ihn als Chefexorzisten der Diözese Roms auswies. Unterschrieben vom Bischof von Rom – in der Ewigen Stadt der Heilige Vater selbst. Das Siegel des Papstes prangte unten auf der Urkunde.
Don Alvaro fuhr fort: »Jedenfalls saß ich in dem Flugzeug, und dieses Mädchen starrte mich an. Und dann sprach ich die Worte, die den Dämon zwingen, sich zu zeigen – in seiner ganzen Wut, seinem Schrecken und seiner Hässlichkeit.«
»Welche Worte?«
»In nomine Iesu principe, manifesta.«
»Und was heißt das?«
»Im Namen Christi, zeige dich.«
»Und was geschah dann?«
»Es war der Zustand, den man auf Italienisch trance di possessione nennt. Der Augenblick, in dem sich der Dämon oder der unreine Geist offenbart. Gewöhnlich ertönt dann das Grollen.«
»Das Grollen?«
»Ja. Die Amerikaner nennen es satanic growl. Auch das Mädchen gab dieses tiefe Grollen von sich.« Er schaute Clara und MacDeath an. »Kennen Sie den Film Der Exorzist? Das Geräusch, das die kleine Regan macht?«
Clara schüttelte den Kopf, MacDeath jedoch nickte. Tomasso ebenfalls.
Don Alvaro gab ein Geräusch von sich, das aus den Tiefen seines Kehlkopfs kam, tiefer als ein bodenloser Abgrund, ein Geräusch voller Verzweiflung und Leere. Vielleicht konnte er dieses Geräusch imitieren, weil er es schon so oft von Besessenen gehört hatte. Oder er konnte Worte formen, die so klangen, als kämen sie nicht von einem Menschen. Beruhigend fand Clara beides nicht.
Als hätte Don Alvaro ihre Gedanken erraten, sah er sie an. »Dieses Geräusch ist immer gleich. Und wann immer man es hört, weiß man, dass die Person besessen ist. Bei diesem Geräusch verschieben sich die Pupillen nach oben oder nach unten, sodass nur das Weiße vom Auge zu sehen ist. Es ist ein Zeichen dafür, dass ein böser Geist den Körper des Betreffenden besetzt hat.«
»Und das Mädchen in dem Flugzeug gab dieses Grollen von sich?«
»Mit einer Stimme, die ihm nicht gehören konnte.« Don Alvaro
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