Seelenangst
verlas:
»Credo in Spiritum Sanctum, sanctam Ecclesiam catholicam, sanctorum communionem, remissionem peccatorum, carnis resurrectionem, vitam aeternam. Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige katholische Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben.«
Unvermittelt zuckte der Körper des Mädchens wie nach einem elektrischen Schlag, und sie hob langsam, ganz langsam den Kopf. Ihre Augen, zu Schlitzen verengt, starrten Don Alvaro an. Ihre Zunge fuhr über die Lippen, und sie schob eine Hüfte nach vorn, während sie sich mit einer Hand vom Diakon losriss und sich in den Schritt fasste.
»Fick mich«, schrie sie. »Los, fick mich!«
Don Alvaro hob das Kreuz. »Ich beschwöre dich, alte Schlange, bei dem Richter der Lebenden und der Toten, bei deinem Schöpfer und dem Schöpfer der Welt …«
»Fickt euch gegenseitig! Und wer den Größten hat, darf mich vögeln!«
»… bei dem, der die Macht besitzt, dich in die Hölle zu schleudern. Verlass diese Dienerin Gottes Lucia, die der allmächtige Gott nach seinem Ebenbild erschaffen hat.«
»Lutscht euch die Schwänze! Ich will es sehen! Ich will’s sehen …« Sie gab ein gurgelndes Geräusch von sich.
»Er hat dich in die äußerste Finsternis hinausgeworfen, in der für dich und deine Vasallen der Untergang bereitet ist. Verlass diesen Menschen.« Alvaro machte ein Kreuz auf ihre Stirn. »Entferne dich von der Kirche Gottes.« Er machte ein Kreuz in Richtung Don Tomasso und der Diakone. »Erzittere und fliehe bei der Anrufung des Herrn, vor dem die Hölle erbebt, dem die himmlischen Kräfte, die Mächte und Gewalten untertan sind, den die Cherumbim und die Seraphim unaufhörlich preisen. Verlasse diesen Körper!«
»Leck mich!«, geiferte Lucia und schob wieder die Hüfte nach vorne. »Leck mich! Fick mich!« Aus pupillenlosen Augen starrte sie zur Decke.
»Weiche Gott, der dich im Verräter Judas verdammt hat.«
»Leck mich!«
Tomasso und die Diakone beteten weiter das Glaubensbekenntnis.
»Ich glaube an den einen Herrn Jesus Christus. Deum de Deo, lumen de lumine. Deum verum de Deo vero. Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott. Gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater.«
»Fick mich mit deinem Kreuz!«, kreischte Lucia sabbernd und geifernd. »Fick mich mit dem Kreuz!«
»Jesus schlägt dich mit dem ewigen Feuer, Jesus, der am Ende der Zeit zu den Gottlosen sagen wird: Weichet von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Dämonen bestimmt ist.«
Lucia starrte ihn an. Ihre Augen sahen aus wie weiße Murmeln.
»Deine Mutter …«
»Dich, du Gottloser, werden die Würmer peinigen, die niemals sterben. Dir und deinen Dämonen ist ein unauslöschliches Feuer bereitet.«
»Deine Mutter ist nicht an einer Krankheit gestorben«, geiferte Lucia. »Sie hat sich …«
»Er, dessen Macht das All unterworfen ist, treibt dich aus. Jener weist dich ab, der für dich und deine Dämonen die ewige Hölle bereitet hat. Aus seinem Mund geht ein scharfes Schwert aus, und er wird kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.«
»Sie hat sich umgebracht! « Lucia streckte die Zunge heraus. »Und jetzt ist sie allein, ganz allein.« Wieder die andere Stimme: »Ich bin so alleiiiin! «
Don Alvaro wich zurück. Im selben Moment erbrach Lucia einen Schwall von grünlichem Erbrochenen über den Priester.
Einen Moment erstarrte Alvaro, während schleimige Fäden von seinen Wangen und dem Bart tropften. Dann richtete er sich auf und hob das Kreuz. In seinen Augen loderte das Feuer von tausend Sonnen.
»Satanas …« Es klang wie eine Herausforderung an einen alten Feind, gegen den er schon so lange kämpfte, ohne dass dieser Kampf jemals enden würde. »Fürst der himmlischen Heerscharen, stoße den Satan und die anderen bösen Geister, die in der Welt umhergehen, um die Seelen zu verderben, durch die Kraft Gottes …«
»Fick mich! Und deine Mutter wird uns dabei zusehen! Fiiiiick miiiiich!« Die Stimme des Mädchens erhob sich noch einmal zu einem schrillen Crescendo.
Alvaro drückte ihr das Kruzifix auf die Stirn, schlug das Kreuzzeichen vor ihren Augen und rief beschwörend die letzten Worte: »… in die Hölle!«
»Nein!«, schrie das Mädchen. »Nein!« Ihr Zittern übertrug sich auf den Stuhl und die Diakone, die sie im Klammergriff hielten.
»In Namen des Vaters …«
»Nein!«
»… und des Sohnes …«
»Neeein!«
»… und des
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