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Seelenangst

Seelenangst

Titel: Seelenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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selbst vorgenommen hat, um seine Loyalität unter Beweis zu stellen.«
    Clara zog die Augenbrauen hoch.
    »Was könnte das sein?«
    MacDeath zuckte die Schultern und ließ sich wieder in den schweren Ledersessel sinken. »Vielleicht hat er sich einen Finger abgetrennt, oder er hat sich Schnittwunden zugefügt. Möglicherweise trägt er ein Zeichen, das seine Zugehörigkeit zu einer höheren Macht symbolisiert, wie bei Ramirez das Pentagramm in der rechten Handfläche.«
    MacDeath tippte auf die Tastatur seines Computers. Der Bildschirm, der sich im Schlafmodus befand, leuchtete wieder auf. »Ich schreibe Ihnen die Stichpunkte kurz zusammen«, sagte er. »Damit sollten wir dann die Datenbank des BKA füttern. Vielleicht hat es in der Vergangenheit ähnliche Fälle gegeben oder einen Killer, auf den diese Merkmale in irgendeiner Weise zutreffen.«
    Clara kaute nachdenklich an ihrem Bleistift. »Eine Sache verstehe ich immer noch nicht.«
    »Und welche?«, fragte MacDeath.
    »Gayo war Gründer und Chef dieser karitativen Organisation, die Spenden gesammelt hat, um Kindern aus Elendsgebieten in aller Welt eine bessere Zukunft in Europa zu ermöglichen.« Sie zeigte auf das Dossier, das in Kopie auch auf MacDeaths Schreibtisch lag. »Warum passiert ausgerechnet einem solchen Menschen etwas so Schreckliches?«
    MacDeath blickte einen Moment schweigend zur Decke, nahm seine Brille ab und kaute am Bügel.
    »Das ist eine gute Frage. Eine Verbindung, wo auch ich derzeit noch keinerlei Zusammenhang sehe.«
    Claras Handy klingelte. Es war Hermann.
    »Wo bist du?«, fragte er.
    »Oben bei MacDeath. Was gibt’s?«
    »Hast du mit diesem Thomas Krüger alles besprechen können, was dir wichtig war?«
    »Ich glaube schon. Warum?«
    »Weil es jetzt zu spät dafür wäre. Es sei denn, wir haben einen Geisterbeschwörer.«
    Geisterbeschwörer, dachte Clara. Das passt zu unserem Fall.
    »Was meinst du damit?«
    »Krüger ist tot.«
    »Er ist tot? Wir waren doch heute noch bei ihm.«
    »Tot ist er trotzdem.«
    Clara schüttelte den Kopf.
    »Ermordet?«
    »Was sonst.«
    »Ich komme sofort runter.«

26
    In nomine Iesu principe: Manifesta!
    Das Grollen wuchs an, wie ein Donner in den Wolken, der sich in einem zerstörerischen Blitz entladen würde. Die Pupillen nach hinten gedreht, sodass nur das Weiße in den Augen zu sehen war, starrte Lucia den Priester an, die Zähne gefletscht, als er das Kreuz vor ihr Gesicht hielt und den ersten Teil des Exorzismus sprach.
    »Ich befehle dir, unreiner Geist, wer immer du bist, und deinem ganzen Anhang, die ihr diese Dienerin Gottes in der Gewalt habt …«
    Das Grollen des Mädchens hatte sich in ein hasserfülltes Bellen verwandelt, wobei sie den Priester mit aufgerissenen Augen anstarrte. Doch Alvaro sprach unbeirrt weiter. »Wegen der Geheimnisse der Menschwerdung, des Leidens, der Auferstehung und der Himmelfahrt unseres Herrn Jesus Christus, wegen der Aussendung des Heiligen Geistes und der Wiederkunft unseres Herrn zum Gericht: Gib mir deinen Namen, den Tag und die Stunde deines Fortganges mit einem Zeichen kund.«
    Lucia, plötzlich ganz ruhig, lehnte sich zurück.
    »Alvaro«, sagte sie dann, und ihre Stimme klang wie die einer viel älteren Frau. »Ich bin Laura. Ich bin so allein hier, so allein …«
    Tomasso schaute den alten Priester alarmiert an. Er wusste, dass Laura, de la Torrez’ Mutter, früh gestorben war. Alvaro war damals erst 19 Jahre alt gewesen. Die Umstände ihres Todes waren nie vollständig geklärt worden. Mit 23 Jahren war Alvaro zum Priester geweiht worden. Er hatte nicht oft über den Tod seiner Mutter gesprochen; stattdessen hatte er sich stets auf den Standpunkt gestellt, Maria sei die wahre Mutter allen Lebens. Wenn man dies anerkenne, könne man den Verlust der eigenen Mutter überwinden.
    Doch an dem Zucken in den Augenwinkeln des Exorzisten erkannte Tomasso, dass die Stimme des Mädchens irgendeine Erinnerung in ihm weckte. Möglicherweise imitierte Lucia die Stimme seiner Mutter täuschend echt.
    »Alvaro«, sagte sie erneut, »weißt du, dass ich nie richtig stolz auf dich gewesen bin?« Das Mädchen wand sich, musterte Don Alvaro von der Seite. »Ich hatte immer gehofft, du würdest etwas Großes, Vollkommenes werden. Aber du bist nur Priester geworden, ein erbärmlicher kleiner Pfaffe …«
    »Schweig, Satan!«, rief Alvaro mit schneidender Stimme und drückte das Kreuz auf Lucias Stirn. Das Mädchen zuckte zurück und stieß einen schrillen Schrei aus.

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