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Seelenangst

Seelenangst

Titel: Seelenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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Heiligen Geistes.«
    Don Alvaro hob noch einmal das Kreuz, noch einmal spritzte das Weihwasser, und ein letztes Mal bäumte Lucia sich auf.
    »Amen.«
    Der Körper des Mädchens sank zusammen.
    Nach ein paar Sekunden hob sie den Kopf. Tränen rannen über ihre Wangen. Ihr Gesicht war wieder das eines jungen Mädchens. Ein Mädchen, das zu viel gesehen und erlebt hatte.
    »Wo bin ich?«, fragte sie leise. »Was tue ich hier? Was habe ich gesagt?«
    Don Alvaro legte ihr segnend die Hand auf den Kopf.
    »Alles ist gut, Lucia. Deine Mutter wartet oben auf dich.«
    Zusammen mit einem Diakon ging Lucia auf unsicheren Beinen ins Kirchenschiff zurück, während Alvaro sich das Gesicht abwischte und seine Utensilien in die lederne Tasche packte.
    »Ist sie befreit?«, fragte Tomasso.
    Der alte Exorzist schwieg einen Moment.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er dann. »Ich hoffe es. Der Kampf ist noch nicht vorbei.«
    Tomasso wusste, dass manche Dämonen wiederkamen. Und einmal mehr fragte er sich, wie Alvaro es aushielt, mit fast achtzig Jahren immer wieder den Kampf mit Dämonen auszufechten – nach mehr als 20 000 Exorzismen, die er durchgeführt hatte.
    Ein Lächeln huschte über Alvaros Gesicht. »Der Kampf gegen das Böse, mein lieber Tomasso«, sagte er, »ist erst am Jüngsten Tag zu Ende, am Tag des Weltgerichts.«

27
    Hermann sortierte ein paar Fotos, die die Ermittlungsbeamten in der Wohnung von Thomas Krüger alias Tom aufgenommen hatten. Ein Becher schwarzen Kaffees mit dem Vereinswappen von Hertha BSC stand auf dem Tisch.
    »Die Abteilung für Wirtschaftsdelikte stellt gerade seine Wohnung auf den Kopf«, sagte Hermann. »Möglicherweise gibt es Verbindungen zum Inhalt des USB-Sticks.«
    »Was ist denn darauf gespeichert?«
    »Nichts Gutes, aber kommen wir erst mal zu Tom.«
    Clara schaute auf das Foto, das die Ermittler am Tatort aufgenommen hatten. Sie sah eine Gestalt, die auf dem Boden lag. Das, was der Kopf gewesen war, war nur noch ein zerfleischtes, blutiges Etwas, aus dem mehrere Zimmermannsnägel ragten.
    »Das wird Bellmann gar nicht gefallen«, sagte Clara. »Aber wer konnte denn auch wissen, dass der Mörder sofort auch bei Krüger zuschlägt? Wir hätten ihn am Abend unter Polizeischutz gestellt. Oder ist das alles Zufall?«
    Hermann seufzte. »Glaub ich nicht. Ähnlicher Modus Operandi wie bei Susanne Wolters, der Sekretärin. Jemand hat die Tür eingetreten und Krüger noch auf dem Flur erschossen – mit einer Nagelpistole. Auch hier war die Tür nur angelehnt.« Er trank von seinem Kaffee. »Ein Nachbar hatte sich gewundert, dass die Tür offen steht, und ist in den Flur gegangen. Da hat er dann den Schock seines Lebens gekriegt. Krüger lag auf dem Rücken, mitten auf dem Flur, mehrere Zimmermannsnägel zwischen den Augen.«
    »Fingerabdrücke?«, fragte Clara.
    Hermann nickte. »Wie es aussieht, sind es dieselben wie an den Tatorten von Wolters und Gayo.«
    Wieder diese unorganisierte Vorgehensweise, wie schon bei der Sekretärin, dachte Clara. Vollkommen anders als bei Gayo.
    Es fiel ihr schwer zu glauben, dass dies derselbe Mörder sein sollte, der auch Gayo umgebracht hatte. Andererseits hatte sie gerade mit MacDeath über Allmachtsfantasien gesprochen. Vielleicht beging der Killer diese unvorsichtigen, ungeplanten Morde, um sich zu vergewissern, dass er noch unter göttlichem oder welchem Schutz auch immer stand. So wie Menschen, die absichtlich die Gefahr suchen, weil sie denken, dass es immer die erwischt, die es erwischen soll. Und die, die es nicht erwischen soll, erwischt es auch nicht.
    »Gibt es sonst noch was?«, fragte sie.
    »Ja«, sagte Hermann. »Lukas ist hier.«
*
    Clara betrachtete den ungefähr achtjährigen Jungen mit den dunklen Augen und den seltsam abgehackten Bewegungen. Was musste er gesehen haben? Schwester Viktoria hatte ausgesagt, Lukas habe geweint, als er mit dem Umschlag gekommen sei, in dem sich der USB-Stick befand, und mit seiner kleinen Hand nach draußen gezeigt.
    War es wirklich der Umschlag gewesen, der dem kleinen Jungen die Tränen in die Augen getrieben hatte? Oder war es derjenige, der ihm den Umschlag gegeben hatte? Oder holte seine schreckliche Vergangenheit als Opfer eines gewalttätigen Pädophilen ihn immer wieder ein und brachte ihn dazu, nachts auf den Gängen des Heims herumzuirren, weshalb man ihn dort »Das Irrlicht« nannte?
    Warum hatte ihm überhaupt jemand den Umschlag mit dem Stick gegeben? Und wer konnte das gewesen sein?
    Der Junge litt

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