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Seelenasche

Titel: Seelenasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Zarev
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den Schreibtisch gestellt. Gospodinov hatte sie ihm bereits gezeigt, daher schwieg er jetzt. Er schwieg auf besondere Weise, geistesabwesend und schlaff, und das bedeutete Alarmstufe Rot! Es war jenes Schweigen, das zu unterbrechen er bei seinen Untergebenen gar nicht, aber ganz und gar nicht liebte!
    Â»Und?«, fragte er schließlich.
    Â»Weiß nicht«, gab Jordan volley zurück.
    Â»Das Schlimme ist: ich auch nicht, Weltschev!« Er strich sich seine dünnen Reststrähnen über dem Kopf glatt. »Was aber noch übler ist … jetzt haben wir die sogenannte Freiheit, jeder kann sich aufführen, wie er will, Theater machen, Leute verurteilen nach Lust und Laune, herausposaunen, wonach ihm zumute ist, aber … es ist kein Geld da. Das Fernsehen, mein Bester, hat nicht genug Geld, um für diese ganzen ›Zielgruppen‹, wie das neuerdings heißt, Programm zu machen.«
    Er leckte sich erneut über die Lippen, lächelte das schüchterne Lächeln der Killerspinne, die auf einen Plausch in ihr neues Netz einlud, und begann, mit den Fingern auf die Schreibtischplatte zu trommeln, rhythmisch, so als begleite er ein Liedchen, das er im Kopf vor sich hin trällere. Dann fuhr er überraschend fort:
    Â»Wo war ich stehengeblieben? Ah ja, wie hat doch da so ein Arschloch es in 24 Stunden so klug ausgedrückt: ›Nach dem Wegfall der abscheulichen ideologischen Zensur haben wir jetzt eine erstickende ökonomische Zensur. Denk dran, denn das betrifft auch dich.‹«
    Jordan klopfte sich eine Zigarette aus der Packung und zündete sie an, ohne seinen Chef um Erlaubnis zu bitten. Das war der Lackmustest. Sein Häuptling hatte vor zwanzig Jahren mit dem Rauchen aufgehört und war allergisch gegen Zigarettenqualm. Wenn er sich jetzt lautstark beschwerte, dann war alles in Ordnung und die Lage nicht ganz so hoffnungslos. Wenn er aber schweigend über die Sache hinwegging, dann war Matthäi am Letzten! Gospodinov schaute zu, wie sich der Qualm von der Spitze des Glimmstengels löste und in lockigen Wirbeln im Raum auflöste. Sein Lächeln wurde nun noch milder und einladender. Dann ergänzte er:
    Â»â€¦ betrifft auch dich und deine hochinteressante Sendung Sieben Tage .«
    Â»Will sagen?«
    Â»Will sagen, dass ich deine Sendung einstellen muss, wenn du mir bis nächste Woche keinen Sponsor findest. Und mit Sponsor meine ich keinen fröhlichen Wandersmann, über den der Volksmund so treffend sagt: ›Und in seinen Tascherln / die Kerne und Nüsse rascherln‹, sondern einen, der richtig Schotter an den Füßen hat, und dessen Firma eine werbetaugliche Marke ist.«
    Â»Zum Beispiel?«
    Â»Na, so diesen weltberühmten Hersteller koffeinhaltiger Brause zum Beispiel, oder einen, der die Volksmassen vergiftet mit seinen fassgereiften Spirituosen oder teerhaltigen Zigaretten.«
    Â»Die stürzen sich doch schon alle auf die Nachrichten und die umliegenden Journale in der Primetime.«
    Â»Sicher«, stimmte Gospodinov großzügig zu, »aber deine Sendung hat auch ihre Einschaltquoten, und du bist ein Mann mit Phantasie.«
    Â»Gnadenlos! Du reißt mir den Kopf ab.«
    Â»Nicht ich, mein Bester, die Zeit ist gnadenlos … und unberechenbar. Legst dich grade gemütlich aufs Badehandtuch zum Sonnenbad, da erwischt dich auch schon der Eisregen … Ich bin bloß so fair, es dir rechtzeitig zu sagen.«
    Gospodinov seufzte resigniert, Jordan blies ihm den Rauch jetzt direkt in die Nase und verdarb ihm so nicht nur die Atemluft, sondern vernebelte ihm auch die Sicht auf seine vier in die Wand eingelassenen Monitore. Er sah, wie es in Gospodinov arbeitete. Der würde jetzt irgendetwas Blödes und Gehaltloses sagen, um das Gespräch blitzschnell abzuwürgen und Jordan zu verscheuchen.
    Â»Legst du die eigentlich flach, Weltschev?« Er schaute seinen Angestellten aus geweiteten Augen an, in denen keinerlei Neugier zu lesen war.
    Â»Wie bitte?«
    Â»Na, die mit den strammen Möpsen und dem prallen Allerwertesten, wie hieß sie doch gleich … Dani, Dida oder so …«
    Â»Bedaure, nein«, antwortete Jordan knapp und fühlte, wie es ihm aus unerfindlichen Gründen einen Stich gab. »Aber du scheinst in letzter Zeit Tomaten auf den Augen zu haben: Sie hat nämlich kleine Dinger und einen Po, mit dem sie auf einer Männerhand Platz nehmen kann.«
    Â»Warum hast du mich

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