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Seelenasche

Titel: Seelenasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Zarev
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dachte betroffen: Alle nehmen das einfach so zur Kenntnis; keiner von uns hat versucht, Jana zurückzuhalten.
    Dessislava holte das Geld, das sie durch die Vermietung der geerbten Wohnung einnahm, und gab es ihrer Nichte, Dida und Jordan holten das Geld, das sie unten im Wäschekorb für schlechte Zeiten versteckten, und alle beredeten, wo man das am besten umtauschte in diese neue Währung, die Deutschland neuerdings eingeführt hatte, diesen Euro .
    Als er Janas Zimmer betrat, saß sie am Computer. Neben ihr lag aufgeschlagen Marcel Prousts Auf der Suche nach der verlorenen Zeit , sie hatte wieder nur einen Strumpf an und aß direkt aus dem Glas Aprikosenkompott. Jordan fand sie wundervoll, vielleicht, weil sie für ihn schon verloren war. Er reichte ihr den Umschlag mit den Euro-Banknoten. Jana schaute gar nicht hinein, sondern lachte nur bissig und fing dann übergangslos an zu flennen.
    Â»Ich weiß«, sagte Jordan, »ich war dir ein schlechter Vater.«
    Â»Nein, wieso?«
    Â»Irgendwie verfahren, mein ganzes Leben! Alles, was ich liebe und woran ich glaube, musste mich die ganze Zeit mit diesem Sumpfungeheuer namens Fernsehen teilen.«
    Â»Klar, du warst immer weg und hast mir echt viel gefehlt, aber … jetzt kann ich’s ja zugeben, in der Schule konnte ich immer prima mit dir angeben.«
    Â»Wenn meine Schwester nicht gewesen wäre … Praktisch hat Dessi dich großgezogen!«
    Â»Alle meine Freundinnen haben mich beneidet, manche waren sogar verliebt in dich. Ich war natürlich auch schrecklich eifersüchtig, weil du immer für alle da warst, aber nie nur für mich!«
    Jana schluckte die Tränen herunter, die Zehen ihres nackten Fußes bewegten sich nervös. Dann wandte sie ihr Gesicht ab und ihre Augen bohrten sich in die Wand. Sie kehrte ihm nicht den Rücken zu; sie hörte einfach auf, ihn zu bemerken. War es nicht genug, dass sie ihm verziehen hatte? Ihn nun auch noch zu trösten für seine späte Reue, seine plötzliche Verlorenheit auf sich zu nehmen – nein, so weit wollte sie nun auch wieder nicht gehen, dazu hatte sie nicht die Kraft und nicht die Geduld.
    Â»Und … echt, Papa, ich hau nicht deinetwegen ab, und schon gar nicht wegen der lieben Dida und ihrem lustigen kleinen Jona-Kindchen«, sagte Jana leise, »weißt du, dieses abgefuckte Bulgarien ist einfach nicht mein Land. Ich könnte den ganzen Tag nur kotzen, wenn ich sehe, wie die Bosse ihren Reibach machen, wie jeder sich von ihnen kaufen lässt und glücklich ist, wenn er ihnen für ein paar Leva den Arsch abwischen darf, und sich dann mit der Kohle von denen vor uns anderen dicke macht und einen auf großen King markiert. Ziemlich uncool, findest du nicht?«
    Â»Muss ich mich jetzt auch dafür noch schlecht fühlen, dass du meinetwegen in Bulgarien zur Welt gekommen bist?«
    Â»Nee, nicht dafür, aber dafür, dass du einer von denen bist, die sich im Zweifelsfall immer für den Erfolg entschieden haben, und alle mussten sich immer schön ins Wartezimmer setzen, bis Mr. Smiley mit seinem Erfolg fertig war.«
    Zwei Tage später fuhr Jana ab und ließ die anderen mit dem bitteren Gefühl zurück, dass es für lange sein würde. Sie nahm von ihren Klamotten nicht mehr mit als das, was in die zwei alten Koffer ging, die sie sich ausgesucht hatte. Ihren ganzen Firlefanz, angefangen bei den Schmucksteinketten und Armbändern, ihr Schminkzeug, kurz, die Hälfte ihrer Eitelkeit, ließ sie zurück; aber eine Teflonpfanne packte sie ein, ein Foto ihrer Mutter, ein Glas Bohnenkraut aus dem Garten in Simeonowo, und Prousts Auf der Suche nach der verlorenen Zeit . Zum Flughafen begleiteten sie nur Jordan und Dida. Dessislava blieb zu Hause, auf das Baby aufpassen, und ihr Großvater, der uralte Assen, bekam vor Aufregung Herzattacken und musste liegen.
    Am Flughafen saß eine Gruppe junger Iren auf Rucksäcken, einer von ihnen schrammelte im Foyer des renovierten alten Terminals auf seiner Gitarre. Der neue Terminal sollte eigentlich schon eröffnet sein, aber wegen schlampiger Bauausführung war die Decke eingestürzt.
    Â»Ich hasse es, abzureisen«, sagte Jana.
    Â»Wir hassen es auch, dass du abreist«, versuchte Jordan zu scherzen.
    Â»Und vor allem hasse ich es, wenn ich begleitet werde. Da winkt das Taschentuch so uncool.« Wie ihre Augen so tränenfeucht glänzten, sahen sie

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