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Seelenband

Seelenband

Titel: Seelenband Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Zeißler
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mehr eine Feststellung als eine Frage, dennoch blickte er sie fragend an.
Valerie zuckte mit den Schultern. "Ich denke schon."
"Wieso? Wieso wollen Sie einen Abend mit Leuten verbringen, die Sie anscheinend nicht so akzeptieren würden, wie Sie sind?"
Er meinte,
    völlig allein
. Eine Versagerin, die nicht einmal ein anständiges Date mitbringen konnte. "Ich sagte doch, es war eine blöde Idee, vergessen Sie es", wiederholte sie gereizt.
"Es liegt Ihnen wirklich viel daran", sagte er nachdenklich. "Selbstverständlich würde ich Sie gern begleiten."
Valerie sah ihn verwundert an. "Dort wird es Musik geben, laute, fröhliche Menschen, Paare, die ausgelassen feiern. Warum würden Sie das tun wollen?"
"Ich würde es für Sie tun, Valerie", sagte er schlicht. "Für mich haben Sie bereits weitaus mehr getan."
"Oh." Valerie spürte, wie ihr ganzer Zorn verpuffte.
"Wann ist die Party?"
"Am Samstag", antwortete sie und in dem Augenblick, als sie das sagte, dämmerte es ihr. Samstags konnte er nicht.
Sein Gesicht zog sich bedauernd zusammen. "Um wie viel Uhr?" fragte er dennoch.
"Abends, um acht." Sie sah ihn hoffnungsvoll an.
Er schien in Gedanken etwas durchzuspielen. "Das könnte ich einrichten", sagte er schließlich.
"Was haben Sie denn am Samstag vor?" fragte Valerie ohne jede Umschweife. Sie brannte förmlich vor Neugier.
"Ich habe eine Verabredung", sagte er knapp. An seinem Tonfall konnte Valerie hören, dass er nichts weiter dazu sagen würde. "Wir sind übrigens da", sagte John und wies auf den Seiteneingang des Gebäudes. "Ich hole noch schnell die Post. Wir sehen uns dann morgen, Valerie."
"Ja, bis dann", erwiderte sie und stieg die Treppe zu ihrem Büro hinauf. Immerhin hatte sie einen kleinen Sieg errungen. Er würde mit ihr zu dem Treffen gehen.
Dennoch nagte die Neugier an ihr, was er jeden Samstag tat. Wer war diese mysteriöse Person, mit der er sich andauernd traf?
Plötzlich traf Valerie einen Entschluss und lächelte verschlagen. Vielleicht gab es ja doch einen Weg, dies herauszufinden.

Am Samstagmorgen war Valerie versucht, ihren aberwitzigen Plan zu vergessen, als ihr Wecker um halb fünf Uhr morgens klingelte. Doch sie war neugierig und, wie sie John kannte, konnte sie sich nicht vorstellen, dass er lange im Bett bleiben würde. Sie musste unbedingt an seiner Wohnung sein, bevor er sie verließ.
Sie sprang aus dem Bett und versuchte, mit einer kalten Dusche und starkem Kaffee die Müdigkeit aus ihrem Körper zu vertreiben. Dann schnappte sie sich ihren Autoschlüssel und holte ihren kleinen roten Toyota Yaris aus der Tiefgarage unter dem Haus. Das Auto war gewiss nicht unauffällig, aber John hatte es noch nie gesehen und würde es wohl nicht mit ihr in Verbindung bringen. Außerdem hatte er keinen Grund, nach Verfolgern Ausschau zu halten.
Mit einer Kanne Kaffee und einem Brötchen ausgestattet, bezog Valerie schließlich um halb sechs ihren Beobachtungsposten vor Johns Wohnung. In der schäbigen Umgebung wirkte ihr neuer kleiner Flitzer sehr fehl am Platz und Valerie tröstete sich mit dem Gedanken, dass sie nicht lange würde warten müssen. Obwohl die Straßen noch recht leer waren, verriegelte sie sicherheitshalber die Türen und fühlte sich äußerst unwohl in ihrer Haut.
Zumindest hatte sie mit ihrer Vermutung, was John anging, recht gehabt. Etwa eine Viertelstunde nach ihrer Ankunft öffnete er die Tür. Er war wie für eine längere Wanderung gekleidet: feste Schuhe, eine grobe Jeans und eine Jacke, die schon wohl mit mehreren Ästen in Kontakt gekommen war. Über seiner Schulter baumelte ein kleiner Rucksack.
John blieb auf der Türschwelle stehen und sah sich aufmerksam um. Valerie ließ sich tief nach unten gleiten, so dass sie von dem Armaturenbrett und dem Lenkrad verdeckt wurde, und sah verwundert zu, wie John ein kleines Gerät aus seiner Tasche holte und einen prüfenden Blick darauf warf. Scheinbar beruhigte ihn das, was er dort sah, ein wenig, denn er entspannte sich und packte das Gerät wieder in seine Tasche. Dann erst trat er aus der Tür und schloss sie hinter sich ab. Dafür, dass er eigentlich keine Verfolgung erwarten sollte, war sein Verhalten äußerst mysteriös. Sie würde nur zu gern erfahren, was er nun vorhatte.
Doch anstatt weiter zu gehen, blieb John wieder stehen und drehte leicht den Kopf, als würde er lauschen. Valerie strengte sich an, um ebenfalls irgendetwas zu hören. Doch da war nichts. John schüttelte den Kopf und blickte sich verwirrt um. Valerie

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