Seelenband

Das sah Logan so ähnlich, er brachte die Dinge immer direkt auf den Tisch. "Wir sind nur Freunde", erklärte sie ihm.
Dachte ich's mir doch, schien sein Blick ihr zu sagen.
"Und was ist mit dir?" ging Valerie nun in die Offensive.
"Frisch getrennt", sagte er mit einer reumütigen Miene.
"Oh, das tut mir leid", kommentierte sie mitfühlend.
"Schon gut", seine gute Laune gewann wieder die Oberhand und er grinste spitzbübisch. "Vielleicht sollten wir ja unsere Bekanntschaft wieder ein wenig auffrischen?" Er ließ seine Augenbrauen zweimal hintereinander schnell in die Höhe schießen.
Valerie lachte und gab ihm einen freundschaftlichen Schubs. "Das halte ich für keine so gute Idee!"
"Habe ich etwas verpasst?" erkundigte sich John höflich, der gerade mit den Getränken aufgetaucht war.
"Ich habe Val bloß gerade angefleht, mir wieder eine Chance zu geben."
"Spinner!" sagte Valerie gutgelaunt und griff nach dem Glas, das John ihr reichte. Sie nahm einen Zug aus dem Strohhalm und schmeckte eine angenehme fruchtige Mischung auf ihrer Zunge. "Lecker, was ist das?"
"Das habe ich vorhin zusammenstellen lassen, ich hatte so ein Gefühl, dass es dir gefallen würde."
Valerie sah ihn bewundernd an und Logan räusperte sich. "Kannst du dich noch an den Spaß erinnern, den wir gemeinsam hatten?"
"Natürlich kann ich das", erwiderte sie. "Wir haben auch ziemlich viel Unfug angestellt."
"Das kann ich mir bei Valerie kaum vorstellen", sagte John interessiert.
"Oh doch, im Studium hatte sie eine recht wilde Phase."
"Logan." Valerie zog seinen Namen mahnend in die Länge, doch er ignorierte das.
"Ich finde, dein Freund hat das Recht, es zu erfahren." Er wandte sich John zu, der ihm mit der gleichen Konzentration zuhörte, mit der er manchmal auch Valerie ansah.
"Im zweiten Semester recherchierte Valerie für einen Artikel über Tierversuche an der Uni", begann Logan.
"Oh nein", stöhnte Valerie und schlug sich lachend die Hände vors Gesicht.
Logan fuhr ungerührt fort. "Dabei entdeckte sie, dass die Psychologie-Studenten einige Mäuse hielten, an denen sie das Lernverhalten und verschiedene Reaktionsmuster erforschten. Ihr taten die armen Tierchen anscheinend leid."
"Sie waren aber auch süß!" verteidigte Valerie sich.
"Wie auch immer, auf jeden Fall forderte sie die Freilassung der Tiere. Das war der Haupttenor ihres Artikels."
"Der vom Chefredakteur daraufhin gnadenlos zerrissen wurde und nie erschien", warf Valerie ein.
"Aber damit wollte sie sich nicht zufrieden geben. Sie besorgte sich irgendwie die Laborschlüssel, schlich nachts herein und befreite die Mäuse. Und dann ..." Logan konnte vor Lachen kaum weitersprechen. "Dann hat sie ein Labyrinth auf die Käfige gestellt und kleine Plastikfiguren rein gestellt, denen sie ..." Er lachte. "... denen sie ..."
"... vorne die Gesichter der besagten Studenten aufgeklebt hatte." erklärte Valerie ebenfalls lachend. "Übrigens hat keiner von ihnen den Ausgang gefunden", ergänzte sie.
Logan konnte sich vor Lachen kaum noch einkriegen und auch sie stimmte herzhaft mit ein. Doch sie hielt plötzlich inne, als sie noch ein weiteres leises Lachen hörte, das direkt neben ihr erklang. Verwundert starrte sie John an, den sie definitiv zum ersten Mal lachen hörte. Es war kein so überschwänglicher Laut wie bei Logan, doch es freute sie zutiefst. Es war schön, dass John sein Lachen allmählich wiederfand.
Er verstummte unter ihrem fassungslosen Blick und sah sie fragend an. Sie schüttelte nur ihren Kopf und lächelte ihn plötzlich zaghaft an. Es war einfach so schön, sein Lachen zu hören.
In diesem Augenblick erklang Tanzmusik und Logan sah Valerie fragend an.
Sie zuckte unsicher mit den Schultern und blickte zu John.
"Geh ruhig", sagte er.
"Aber ich möchte dich nicht allein lassen."
"Schon gut. Es ist dein Abend."
"Danke", sagte sie leise.
Logan hatte sich bereits erhoben und hielt ihr erwartungsvoll seine Hand hin. Mit einem letzten Blick auf John ergriff Valerie sie und eilte mit Logan zur Tanzfläche.
Immer wenn sie beim Tanzen zu John herüber blickte, sah sie ihn mit faszinierter Konzentration die tanzenden Paaren und natürlich Logan und sie selbst beobachten.
Sie fühlte sich ein wenig schuldig seinetwegen und entzog Logan mit einem entschuldigenden Kopfnicken in Johns Richtung nach zwei Tänzen ihre Hand. "Ich mache mal eine kleine Pause", sagte sie.
"Ok", kam es wenig begeistert von Logan. Dann hellte sich seine Miene jedoch wieder auf, als er eine schlanke hübsche Frau