Seelenband
Science Fiction stehst."
"Science Fiction?" wiederholte John erstaunt.
"Na, die zwei Monde", Valerie deutete nach oben. "Das ist nicht die Erde."
"Magst du denn solche Geschichten?" fragte John plötzlich sehr interessiert.
"Du meinst, über fremde Welten, Außerirdische und so? Oh ja, die habe ich als Kind regelrecht verschlungen: Isaak Asimov, Harry Harrison, Robert E. Heinlein. Die alten Klassiker sind doch die besten. Und natürlich ist auch Star Trek oder Star Wars nicht spurlos an mir vorüber gegangen."
"Star Wars?" wiederholte John verständnislos.
"Du brauchst dringend einen Fernseher", kommentierte Valerie trocken.
John lachte. "Vielleicht kannst du mir ja bei Gelegenheit zeigen, was du meinst."
"Wann hast du eigentlich Geburtstag?" fragte Valerie plötzlich.
"Wieso?"
"So etwas müssen Freunde voneinander wissen."
Er runzelte die Stirn. "In meinem Ausweis steht der fünfte Januar."
"Und stimmt das nicht?" fragte Valerie.
"Wir hatten einen etwas anderen Kalender gehabt. Und als ich die Papiere bestellte, war es mir ehrlich gesagt egal, was dort drin steht."
"Und wann ist er wirklich?"
Johns Gesicht verzerrte sich für einen Augenblick. "Zwei Wochen vor meinem Bindungstag", murmelte er.
"Das tut mir leid", sagte Valerie betroffen und legte die Hand auf seinen Arm.
Er straffte die Schultern. "Schon gut, du konntest es ja nicht wissen."
"Auf jeden Fall ist es noch nicht zu spät."
"Zu spät wofür?"
"Dir noch etwas zu schenken."
"Das musst du nicht."
"Ich würde aber gern."
"Und wann ist dein Geburtstag?"
"Am zwölften Oktober."
"Das ist ja auch schon bald."
"Erst in einem Monat", widersprach Valerie.
"Magst du etwa keine Geburtstage?"
"Doch, aber es wäre mein neunundzwanzigster. Der letzte vor der großen drei null."
John lachte. "Für eine so alte Frau hast du dich aber noch erstaunlich gut gehalten", spottete er.
"Das ist nicht witzig!" schmollte Valerie und schlug spielerisch nach ihm.
"Doch, das ist es", widersprach John und zog sie kurz an sich.
"Kann ich jetzt das letzte Zimmer sehen?"
"Aber sicher doch. Und dann werden wir essen."
Der letzte Raum war viel kleiner als die beiden anderen, doch war er ebenso liebevoll hergerichtet wie Johns Schlafzimmer. Auch dort war auf Wänden und Decke strahlend blauer Himmel zu sehen, im Gegensatz zum Schlafzimmer herrschte da jedoch helllichter Tag. Die Sonne strahlte warm auf einen großen Baum, der in eine Ecke gemalt war, und das grüne Gras, das den unteren Rand der Wände säumte, hinab. Bis auf einen feinen, farblich passenden Gaze-Vorhang am Fenster war der Raum völlig leer.
"Dieser Raum ist traumhaft!" schwärmte Valerie und drehte sich einmal um sich herum. "Wofür willst du ihn nutzen?"
Das Lächeln, mit dem John sie betrachtet hatte, verschwand von seinem Gesicht. "Wir werden sehen", sagte er knapp. "Wir sollten jetzt lieber essen." Er verschwand in Richtung Küche.
Valerie folgte ihm. "Kann ich dir helfen?"
"Wenn du es möchtest." Er drehte sich um und schenkte ihr wieder dieses kleine besondere Lächeln, das Valerie erleichtert erwiderte. Was auch immer sie getan haben mochte, um ihn zu betrüben, es hatte nicht lange angehalten.
"Hier, kannst du bitte den Salat nehmen?" Er reichte ihr eine Schüssel, die sie gehorsam ins Wohnzimmer trug. Dann holte sie aus ihrer Tasche einen Korkenzieher und zwei Weingläser hervor - bei John konnte man nie wissen, wie gut er ausgestattet war - und machte sich daran, die Flasche zu öffnen. Gerade als sie den Wein in die Gläser gegossen hatte, erschien John mit den dampfenden Tellern in den Händen und Valeries Magen knurrte erwartungsvoll. John lächelte und stellte einen der Teller vor ihr ab. Dann setzte er sich ihr gegenüber hin. Valerie warf einen neugierigen Blick auf den dritten Stuhl. Er sagte, er würde niemanden mehr erwarten und auch niemanden außer ihr kennen. Und doch hatte er drei Stühle in der ansonsten noch völlig leeren Wohnung. Wieso?
Johns warme Hand, die plötzlich auf der ihren lag, holte sie in das Hier und Jetzt zurück. "Valerie?" fragte er sanft und sie riss sich zusammen. Ohne ihre Hand unter der seinen hervorzuziehen, nahm sie ihr Weinglas in die andere. "Auf die neue Wohnung, auf dass sie dir ein schönes Zuhause wird."
"Und auf unsere Freundschaft", sagte John und ließ sein Glas leicht gegen das ihre klirren. Ohne den Blick voneinander abzuwenden, nahmen sie jeweils einen Schluck.
John beobachtete Valerie, wie sie auf dem Stuhl hin- und herrutschte, und wünschte sich, er könnte
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