Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenband

Seelenband

Titel: Seelenband Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Zeißler
Vom Netzwerk:
lächelte und blickte wieder zu John herüber, der ausgelassen mit Nalla tobte. So glücklich und unbeschwert hatte sie die beiden noch nie erlebt. Dennoch versetzte der Anblick ihr einen Stich. Wie lange würde dieses Glück wohl noch andauern? Hier, fernab der Stadt, war es einfach zu vergessen, weshalb sie hierher gekommen waren. Doch das durften sie nicht. Sie durften sich nicht der trügerischen Sicherheit hingeben, dass die Gefahr vorüber wäre.
John warf Valerie einen besorgten Blick zu und Valerie runzelte unwillig die Stirn. Sie wollte ihm die Freude nicht verderben, doch einem Empathen konnte sie ihre Sorgen wohl kaum verheimlichen. Er kam zu Valerie herüber und nahm sie sanft in den Arm. "Mach dir keine Sorgen", flüsterte er ihr so leise zu, dass ihre Eltern es nicht hören konnten. "Wir werden das schon schaffen." Dann nahm er ihre Hand und zog sie hoch. "Komm."
Valerie ließ sich bereitwillig mitziehen und verbrachte die nächsten Stunden damit, mit Nalla und ihm Fangen, Verstecken und was ihnen sonst noch so einfiel zu spielen. Dabei verdrängte sie entschlossen alle Gedanken an die Zukunft. Diese Augenblicke waren viel zu kostbar, insbesondere falls sie gezählt sein sollten, um sie mit schwermütigen Grübeleien zu vergiften.

Nach dem Essen brachten Valerie und John Nalla für ihren Mittagsschlaf ins Bett und Valerie fragte ihre Eltern, ob es ihnen etwas ausmachen würde, ein Auge auf die Kleine zu haben. Da dies kein Problem für die beiden war, schlug sie John vor, einen kleinen Spaziergang zu machen.
Sie führte ihn durch einen kleinen Wald und an Feldern und Wiesen vorbei. Viel gab es dort nicht zu sehen, aber sie freute sich, die Orte ihrer Kindheit wieder zu besuchen, die späte Sonne auf ihrem Gesicht zu spüren und mit John verliebt Hand in Hand zu schlendern. Ab und zu blieben sie stehen und küssten sich ausgiebig, dann gingen sie weiter. Valerie kicherte glücklich, sie fühlte sich, als wäre sie wieder ein Teenager.
Dennoch konnte sie ihre Sorgen nicht ganz vergessen. Sie konnte sie zwar für den Moment beiseite schieben, sie ignorieren, aber sie wusste, dass John und sie irgendwann darüber sprechen mussten. Er schien zu spüren, was Valerie beschäftigte, doch wollte er sich im Augenblick anscheinend nicht damit befassen, denn jedes Mal, wenn Valerie Luft holte, um es anzusprechen, wechselte er geschickt das Thema.
"Ich danke dir, dass du uns hierher gebracht hast", sagte John bei einer dieser Gelegenheiten. "Es tut Nalla so gut, endlich wieder im Freien sein können. Sie hatte unseren Garten sehr geliebt und sie ist wirklich glücklich hier."
"Das freut mich", erwiderte Valerie und drückte seine Hand.
John blieb stehen und strich ihr zärtlich über das Gesicht. "Du bist wahrlich unsere Lebensretterin, unser Engel, wie ihr sagen würdet." Er küsste sie. "Ich liebe dich so sehr,
    Pei Thara
."
"Was bedeutet das eigentlich?" fragte Valerie plötzlich.
"Was denn?"
"
    Pei Thara
. Es klingt sehr schön, besonders, wenn du es aussprichst, aber was bedeutet das?"
John dachte einen Augenblick lang nach. "In eurer Sprache gibt es keinen passenden Ausdruck dafür. Ich nehme an, du könntest es als eine Mischung aus ‚Liebe meines Lebens' und ‚Grund meines Daseins' übersetzen."
"Oh", sagte Valerie plötzlich etwas verlegen. "Eure Sprache ist sehr poetisch."
John lachte über ihre Verlegenheit. "Es hat nichts mit Poesie zu tun, sondern mit der Art, wie wir denken und fühlen", erwiderte er.
"Bei uns gibt es nur das Wort Liebe", sinnierte Valerie, "mit dem ich meinen Gefühlen für dich Ausdruck verleihen kann. Obwohl, wenn ich darüber nachdenke", sie lächelte, "würde mir noch Schicksal oder Bestimmung einfallen."
John drückte sie fest an sich. "Das ist doch schon ein guter Anfang, oder?"
Valerie nickte. Es war ein Anfang. "Aber was kommt danach?" fragte sie plötzlich, bevor er sie wieder ablenken konnte.
"Was meinst du?" fragte er zurück, obwohl er es genau wusste.
"Wie wird unsere Zukunft aussehen? Sind wir hier sicher?" fragte sie.
John lächelte sie beruhigend an. "Mach dir darüber keine Sorgen", sagte er.
Valerie schwieg. Sie spürte, dass er nicht darüber sprechen wollte, und das beruhigte sie nicht gerade.
"Vertraue mir", bat John sie leise. "Ich weiß, was ich tue."
Sie nickte. Was blieb ihr auch anderes übrig. Und vielleicht machte sie sich wirklich unnötig Sorgen. Sie war sicher, dass John alles tun würde, um Nalla und sie vor Schmerz und Schaden zu beschützen.
"Oh,

Weitere Kostenlose Bücher