Seelenband
Nalla ist aufgewacht", sagte John plötzlich fröhlich.
"Dann sollten wir wohl lieber umkehren."
"Ja, das sollten wir, obwohl deine Eltern ihre Sache ganz gut zu machen scheinen."
Als sie das Haus betraten, sahen sie Valeries Eltern und Nalla neugierig vor einer großen, leicht verstaubten Kiste sitzen und da nach und nach Sachen herausholen. Valeries Blick fiel auf ein Plastikpferd, das ihre Mutter gerade in der Hand hielt.
"Mr. Ed!" rief Valerie überrascht aus, als sie das Spielzeug betrachtete.
"Ja", sagte ihre Mutter. "Ich habe deine Lieblingssachen auf dem Dachboden aufbewahrt und jetzt dachte ich, wäre es eine gute Gelegenheit, sie wieder hervorzuholen. Du hast doch nichts dagegen?"
"Natürlich nicht!" rief Valerie und setzte sich enthusiastisch neben Nalla, die mit großen Augen die fremdartigen Spielsachen betrachtete. Es war offensichtlich, dass sie neugierig war, aber mit vielen Dingen rein gar nichts anfangen konnte.
"Morgen früh können wir vielleicht zu Perkins' Bauernhof fahren", schlug Valerie plötzlich vor. "Als Stadtkind hat Nalla bisher noch kaum Tiere gesehen", erklärte sie rasch.
"Das ist eine ausgezeichnete Idee", stimmte ihr Vater zu und John lächelte sie dankbar an.
"Deine Eltern sind sehr nett", sagte John, als sie abends eng aneinander gekuschelt endlich im Bett lagen. "Wie sie sich um Nalla kümmern."
"Ja, ich weiß." Sie grinste. "Sie warten halt schon ein paar Jahre auf ein Enkelkind. Und nun, da sie beruhigt sind, dass du mich nicht nur ausnutzen willst, genießen sie ganz einfach die Situation."
"Und woher wissen sie, dass ich ehrbare Absichten habe?" fragte John neugierig.
"Lass sie das bloß nicht hören!" lachte Valerie.
"Wieso?"
"Wenn du mit ‚ehrbaren Absichten' die Ehe meinst, werden ihre Sorgen wohl eher zurückkommen, wenn wir nach knapp vier Monaten schon davon sprechen."
"Und was ist es dann, das sie beruhigt hat?"
"Oh, Kleinigkeiten." Valerie ließ ihre Finger über seinen Arm bis zu seiner Schultern gleiten. "Wie du mich ansiehst, wie du mit mir sprichst." Ihre Hand wanderte über die Schulter zu seiner Brust und weiter nach unten. "Als würdest du mich eben lieben", beendete sie ihren Satz.
"Als würde ich?" grollte John scherzhaft und küsste ihren Hals. "Ich zeige dir gleich, wie sehr ich dich liebe. Und da ist definitiv kein Platz für den Konjunktiv!"
Valerie lachte kehlig. "Ich bin schon ganz gespannt."
John lachte nicht mehr. Er begann damit, ihren Körper mit seinen Händen und seinen Mund zu erforschen, als wollte er sich jede Einzelheit ganz genau einprägen.
Die feierliche Entschlossenheit und die Intensität, mit der er sie in dieser Nacht liebte, ließ eine ganz kleine Alarmglocke irgendwo tief in Valeries Hinterkopf klingeln, doch seine Leidenschaft riss sie mit, raubte ihr den Atem und machte alles andere nebensächlich. Johns Liebe war wie eine Naturgewalt, die sie von der Erde losriss und in ungeahnte Höhen der Glückseligkeit brachte.
Am nächsten Morgen frühstückten sie wieder alle gemeinsam. Danach fuhren Valerie und John mit Nalla wie beschlossen zum Bauernhof. Voller Erstaunen betrachtete das Mädchen die großen Kühe und Pferde und fütterte kichernd die Hühner, die fröhlich um sie herum gackerten. Danach fuhren sie zum Haus zurück, wo Nalla Valerie und John wieder voll in Beschlag nahm.
Kurz vor dem Mittagessen kamen Valeries Eltern plötzlich auf die drei zu, die gerade wieder Ball spielten. Valeries Vater fing den Ball geschickt auf und warf ihn zu Nalla, um sie zu beschäftigen, während Valeries Mutter ihre Tochter ein Stück beiseite zog. Sie hielt ihr einen großen abgedeckten Korb hin.
"Was ist da drin?" fragte Valerie überrascht.
"Ein Picknick." Die Mutter hob das Tuch, das auf dem Korb lag, ein wenig an und Valerie konnte darunter mehrere verschlossene Schüsseln entdecken, dazu eine Thermoskanne und Geschirr. "Ich denke, du und John, ihr könntet ein wenig Zeit für euch gebrauchen. So ein Kind hält einen ganz schön auf Trab und ihr kennt euch immerhin erst vier Monate."
"Und was ist mit Nalla?" fragte Valerie unsicher.
"Dein Vater und ich passen auf sie auf. Sie scheint ein ganz liebes Kind zu sein."
"Ja, das ist sie." Valerie lächelte. "Danke."
"Kein Problem, Liebes." Sie zögerte. "Dafür sind Großeltern schließlich da, oder?" fügte sie schulterzuckend hinzu.
"Großeltern?" fragte Valerie erfreut nach. Sie hatte gemerkt, dass ihre Eltern die Kleine mochten, aber dass sie sich schon als Großeltern sahen, damit hatte
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