Seelenband
höchstens ein wenig zu amüsieren. Ansonsten strahlte er eine stoische Ruhe aus. Nun, das würde sich vermutlich ändern, sobald Pa ihn nackt mit seiner Tochter im Bett erwischte, dachte Valerie. "Es ist alles in Ordnung", rief sie erneut. "Ich wollte euch nur mal besuchen."
"Wer ist das?" hörte sie ihre Mutter plötzlich erschrocken ausrufen und gleich danach Nallas Stimme, die ängstlich "Val?" rief.
Das ganze Schreien musste Nalla aufgeweckt haben. Valerie hörte tapsende Schritte und die Kleine lief in das Zimmer und auf das Bett zu, in dem John und Valerie lagen. Valerie schlang ihren Arm beruhigend um das Mädchen und nun folgten schließlich auch Valeries Eltern in das Zimmer.
"Ma, Pa, das sind Nalla und John", sagte sie schnell, während ihre Eltern sie mit riesigen Augen anstarrten. "John ist mein ... Lebensgefährte und Nalla ist seine Tochter." Sie schaute ihre Eltern nervös an.
"Lebensgefährte, soso", brummte ihr Vater.
"Ich schlage vor, ihr zieht euch an und wir treffen uns in einer Viertelstunde in der Küche", sagte ihre Mutter beherrscht. Sie scheuchte ihren Mann hinaus und zog nachdrücklich die Tür hinter ihnen beiden zu.
Valerie sah John fragend an.
"Es wird schon wieder", sagte er beruhigend. "Sie sind eher überrascht als richtig verärgert. Insbesondere Nalla war wohl ein Schock für sie."
"Das kann ich mir vorstellen", murmelte Valerie und erhob sich. Es hatte keinen Zweck, das Unvermeidliche noch länger hinaus zu zögern.
Wie angekündigt saßen ihre Eltern in der Küche, als Valerie mit John und Nalla unten ankamen. John hielt seine Tochter schützend auf dem Arm und erwiderte ungerührt die misstrauischen Blicke von Valeries Eltern.
Schließlich gab ihre Mutter sich einen Ruck. "Ich bin Beatrice und das ist mein Mann Thomas", stellte sie sich vor. "Falls Valerie das Ihnen nicht schon gesagt hat", fügte sie mit einem missbilligenden Blick zu ihrer Tochter hinzu. "Und Sie sind noch mal ...?"
"John. John Thebeliam. Es freut mich sehr, Sie endlich kennen zu lernen", erwiderte John höflich und streckte erst ihr und dann ihrem Mann seine Hand hin. "Und das ist Nalla, meine Tochter", fügte er hinzu.
"Hier, setz dich", sagte Valerie, als von ihren Eltern nichts weiter kam. Sie setzte sich selbst an den Tisch und schob John einen Stuhl hin.
"Das ist ja eine Überraschung!" sagte ihre Mutter bemüht jovial. Dann streckte sie mit einem aufrichtigen Lächeln ihre Hand nach der Valeries aus. "Es ist so schön, dich zu sehen, Schatz."
"Ich freue mich auch", erwiderte Valerie.
"Aber ihr hättet anrufen sollen, dass ihr kommt", warf ihre Mutter ihr sanft vor. "Dann hätten wir uns darauf ein wenig vorbereiten können."
"Ich weiß und es tut mir auch leid", meinte Valerie zerknirscht. "Und ich habe versucht, euch anzurufen", setzte sie hinzu.
"Wann denn?"
"Vorgestern, aber ihr wart nicht da."
"Das war ja auch ein wenig kurzfristig", warf ihr Vater ein.
"Nun ja." Valerie zögerte. "Dieser Ausflug war eher eine spontane Idee. Und außerdem habt ihr mir gar nicht gesagt, dass ihr hattet verreisen wollen."
"Es war eine eher spontane Idee", entgegnete ihr Vater. "Aber genug davon. Jetzt seid ihr da und wir möchten deinen Freund kennen lernen. Wie lange kennt ihr euch schon?"
"Vier Monate", sagte Valerie.
"So lange schon?" Ihr Vater konnte den Sarkasmus nicht ganz aus seiner Stimme fernhalten und Valerie schoss ihm einen wütenden Blick zu. "Und was tun Sie beruflich?" setzte er ungerührt sein Verhör fort.
"Er arbeitet auch im Verlag", sagte Valerie schnell.
"Oh, habt ihr euch da kennen gelernt?" warf ihre Mutter freundlich ein.
"Nein", erwiderte Valerie. "Ganz klassisch in einem Café." Ihr Blick wanderte zu Nalla, die unruhig auf Johns Knien hin und her hüpfte. Offensichtlich langweilte sich die Kleine. Außerdem hatte sie bestimmt Hunger. Und nicht nur sie, stellte Valerie fest, als ihr Magen rumorte. "Können wir das Gespräch vielleicht beim Frühstück fortsetzen?" fragte sie ihre Eltern. "Wir haben seit gestern Abend nichts mehr gegessen."
"Aber sicher doch!" rief ihre Mutter entgeistert aus. "Thomas, kannst du mit John vielleicht frische Brötchen holen, während Valerie und ich den Tisch decken?"
Ihr Vater nickte brummend und Valerie warf John einen nervösen Blick zu. Er lächelte sie beruhigend an. Es war klar, dass ihre Mutter alleine mit ihr sprechen wollte, und er hatte nichts gegen die Gesellschaft ihres Vaters einzuwenden. "Sollen wir?" Er stellte Nalla auf den Boden und nahm ihre
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