Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Mickholz
Vom Netzwerk:
wütend hinterher. Ihr war der Appetit bei diesem widerlichen Thema nun wohl endgültig vergangen.
    Pierre hingegen aß ruhig weiter und vermied es, seinen Gegenüber zu unterbrechen.
    »Wissen Sie ... ich habe schon Gespenster gesehen! Obwohlich schon Hunderte unter die Erde gebracht habe ... aber er war der erste, von dem ich wirklich geglaubt habe ... er wäre zurückgekommen.« Er schüttelte müde den Kopf. »Das kommt wahrscheinlich nur davon, weil Bruder Severin ihm die Letzte Ölung verweigert hat. So etwas ist hier bislang noch nie vorgekommen.«
    »Waren Sie an diesem bestimmten Tag dabei?« fragte Pierre gespielt teilnahmslos und steckte sich ein frisches Stück Brot in den Mund.
    Jacques sah zu Marie hinüber. »Ja, wir waren damals alle vor dem Pfarrhaus, als Bruder Severin leichenblaß aus der Haustür trat und wortlos verschwand. Von diesem Tag an ... war er nicht mehr derselbe.« Er atmete tief durch. »Wir kennen uns nun schon seit so vielen Jahren, aber seit diesem Tag ...«, er hielt sich seinen schmerzenden Cognacschädel, »... ist mit ihm kein vernünftiges Wort mehr zu reden.« Ihr Gast schob seinen abgegessenen Teller lustlos zur Seite. »Und dann fing es an, daß ich ständig ...«, seine geröteten Augen blickten verzweifelt an die Decke, »... daß ich ständig diesen leibhaftigen Satan in meiner Nähe gesehen habe.« Er nahm einen großen Schluck aus der Tasse und verzog angewidert das Gesicht. »Bäh! Haben Sie nicht doch noch was ... von Ihrer ... Dingsbums ... von Ihrer Medizin? Dieses Zeug hier schmeckt ja fürchterlich nach Kaffee!«
    »Sehen Sie«, raunte ihm Marie zu, »wohin einen der Suff bringen kann?«
    Was soll denn das nun schon wieder heißen?
    »Also ... eines Tages war dieser Gehörnte einfach da. Kurz nachdem der Alte umgefallen ist!« Dem Totengräber fiel das Sprechen sichtlich schwer. Er rang mit seinen Gefühlen. »Er war überall. Ich hatte wahnsinnige Angst und war der festen Meinung, daß das Ende der Welt gekommen wäre.« Erschüttert, aber auch verschämt sah er Pierre an. »Ist das nicht verrückt?«
    »Da machen Sie sich mal keine Sorgen.« Pierre langte über den Tisch und klopfte ihm an die Schulter. »So wie es aussieht, geht’s Ihnen ja schon wieder besser.« Mit Grausen dachte er an die Vision, die ihn in der Hütte von Bruder Severin heimgesucht hatte. Dieses Alraunending hatte ihn doch tatsächlich eigenhändig um den Verstand gebracht, und in dieser Hinsicht konnte er den Schrecken des Totengräbers nachempfinden. Aber das blieb erst einmal sein Geheimnis. Es erklärte möglicherweise aber auch,warum der Totengräber jetzt so völlig normal und unauffällig war. Vielleicht hatte ihm jemand – unbemerkt – ein ähnliches Mittel verabreicht. Aber warum sollte dieser Jemand so etwas tun?
    »Und«, fragte Pierre unvermittelt in die Stille, »... war es nun der alte Abbé in seinem Sarg?«
    Marie knallte ihre Tasse auf den Tisch und erhob sich. »Ich glaube, ich werde heute fasten!« zischte sie die beiden Männer an.
    »Sehr löblich, sehr löblich!« nickte Pierre und tat so, als hätte er ihren zickigen Protest nicht verstanden. Mit glühenden Augen sah sie ihn an, sagte aber keinen Ton und begann statt dessen lärmend mit dem Abwasch.
    »Ja!« Der Totengräber nickte eifrig. »Er ist es! Kein Zweifel!« Die Erleichterung war ihm anzusehen.
    »Wie wär’s, wenn wir uns noch mal auf dem Friedhof umsehen, während unsere liebe Mademoiselle Darmon«, Maries Zähne blitzten, als er sie ansah, »mit ihren flinken Händen ein wenig Ordnung schafft?«
    Jacques erhob sich. »Vielen Dank fürs Frühstück, Marie. Und grüß mir deine Tante!«
    Sie lächelte und nickte wortlos, während sie dem Trockentuch in ihren Händen gerade den Hals umdrehte.
    »Sie haben Glück«, der Totengräber wandte sich direkt an Pierre, »eine solch tüchtige Person an Ihrer Seite zu haben!«
    »Ja, ich bin ... stellenweise schon ganz zufrieden mit ihr!« Gönnerhaft nickte er in ihre Richtung, zog es aber dann vor, schleunigst die Küche zu verlassen und nicht auf eine Antwort zu warten. »Kommen Sie, Jacques!«
    Langsam überquerten sie den Pfarrhof und bogen hinter der Kirche zum Friedhof ab.
    »Sind Sie jetzt beruhigt, mein Freund?« Teilnahmsvoll klopfte er dem Totengräber auf die Schulter, als sie beide in das geöffnete Grab des alten Abbé hinuntersahen.
    »Wir waren wirklich gute Freunde ... bis die Sache mit der Renovierung der Kirche losging.« Jacques nahm sich das

Weitere Kostenlose Bücher