Seelenbrand (German Edition)
tippen!«
Sie lachten.
Pierre fuhr sich durch seine dunklen Haare. »Dieses schwarze Ding drückt mir momentan die Luft ab. Morgen zur Taufe werde ich mich aber – den Leuten zuliebe – noch mal verkleiden.«
Der Weg führte in langen Kehren von Rennes ins Tal. Die zahllosen bunten Blumen am Wegesrand leuchteten und standen für sie Spalier.
»Wenn ich schon aussehe wie ein Bauer, dann kannst du mir als rohem Landmann mal ein bißchen Nachhilfe über diese Templer geben!« Er deutete auf die felsige Formation auf der anderen Seite des Tals mit der uneinnehmbar, auf steilen Wänden thronenden Templerfestung. »Gibt es in deren Geschichte etwas, das uns bei der Lösung unseres Rätsels weiterbringen könnte? Außer diesem üblichen Kinderkram weiß ich nichts Spezielles über sie.«
»Nicht so bescheiden, Abbé. Du bist immerhin dafür auserkoren, gegen die Sünde zu kämpfen und den Schlichen des Bösen nachzuspüren, um es zu vernichten, wo es auftaucht.« Sie lachte ungeniert.
Pierre riß, während sie weitergingen, einen Grashalm vom Rand des Weges ab und steckte ihn sich in seinen Mundwinkel. »Das, was du da beschreibst, das hört sich eher nach einem Vampirjäger an, als nach einem Pfarrer.« Kauend setzte er seinen Weg fort. »Aber im Prinzip hast du wahrscheinlich recht.«
»Um dich nicht zu Tode zu langweilen«, sie blieb kurz stehen und pflückte sich eine leuchtendrote Mohnblume aus dem hohen Gras, »mache ich’s kurz.« Sie zupfte die Blätter der Blume ab und steckte sich die Blüte in ein Knopfloch an ihrer Bluse. »Wenn man – wie ich – schon viele Jahre in Rennes lebt, hört man eine Unmenge von Geschichten und Legenden. Aber leider haben die meisten ihren Ursprung bei uns in der Schenke. Komm, wir nehmen die Abkürzung hier!« Sie verließ den Hauptweg auf einem schmalen Ziegenpfad. »Ich kenne übrigens den Wirt ganz gut.«
»So?« Er bog hinter ihr auf den Trampelpfad ein. »Ich denke,so eine Wirtschaft ist nichts für Frauen. Denk doch nur an deinen untadeligen Ruf!«
»Erstens kennt der mich schon seit ich als Kind in den Ferien nach Rennes komme ... und zweitens ... sind wir quasi Nachbarn.« Sie blieb stehen und sah sich nach ihm um. »Und drittens hat er den größten Cognacvorrat weit und breit!« Gleichgültig zuckte sie mit den Schultern und ging weiter. »Aber ich kann auch meinen Mund halten und dir etwas über die ›Arme Ritterschaft Christi vom Salomonischen Tempel‹ erzählen.«
»Aber bitte nur das Nötigste!« fiel er ihr ins Wort, während sie sich vorsichtig und querfeldein eine steile Viehweide hinuntermühten. »Und dann möchte ich gern noch etwas über deinen Freund, den Wirt, und seinen Cognac hören!«
»Also, diese Ritterschaft, diese Templer, hatten es sich zur Aufgabe gemacht, für die Sicherheit der Straßen und Wege zu sorgen und die Pilger vor Raub und Mord zu bewahren. An den großen Pilgerstraßen haben sie feste Unterkünfte errichtet. Dort konnten die Leute dann essen und sicher die Nacht verbringen. Und was das Geld anging, da war es sogar möglich, sein Gold in irgendeiner Ordensniederlassung abzugeben, und dafür bekam man dann im Gegenzug so eine Art Quittung. Wenn die Pilger oder Händler endlich in Spanien oder in Jerusalem ankamen, legten die das Dokument einfach in der dortigen Niederlassung vor und bekamen ihr Gold wieder ausgezahlt. Praktisch, was?«
Sie blieben stehen und sahen in das grüne Tal hinunter, das langsam näher kam.
»Da unten verläuft übrigens, wie es der Zufall will, die alte Pilgerstraße nach Santiago de Compostella. Die Sitten im 12. Jahrhundert waren rauh, und die Leute nicht besonders zimperlich, wenn es irgendwo etwas zu holen gab.«
Pierre nickte und ließ sich den warmen Wind um die Nase wehen, der den grünen Hang hinaufstrich. »Und der eine oder andere unvorsichtige Pilger hatte bestimmt ein hübsches Sümmchen in der Tasche, wenn ich mich nicht irre.«
»Das gleiche galt übrigens auch für die Pilgerfahrten nach Jerusalem. Die Templer haben unter anderem dafür gesorgt, daß sich die Leute damals auf ihrer Reise sicher fühlen konnten. Sie wurden sogar mit ordenseigenen Schiffen übers Mittelmeer ins Heilige Land gefahren.«
»Ja, ja«, erwiderte Pierre, »die Ritter in ihren weißen Umhängen mit dem roten, achtspitzigen Kreuz, dem Tatzenkreuz. Soweit kenn’ ich die Geschichte auch ... aber dann wird’s bei mir dunkel.«
»Es sind die Details, die interessant werden. Obwohl dieser Orden eigentlich
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