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Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Mickholz
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rannen ihr jetzt erst recht die Tränenübers Gesicht. Es dauerte eine Zeit, bis sie sich wieder beruhigte.
    »Nein ... es liegt nicht an Ihnen.« Pierre sah sie an und klopfte ihr beruhigend auf den Arm. Er biß sich auf seine Unterlippe, aber er konnte es ihr nicht sagen, er wollte sie nicht tiefer in diese Sache hineinziehen.
    Marie wurde ernst und tupfte sich mit ihrem hübschen Spitzentaschentuch die Tränen aus dem Gesicht. Langsam stellte sie ihre Tasse beiseite und sah ihn an. »Haben Sie es gefunden?« fragte sie schließlich und atmete tief durch. »Gehen Sie deshalb?«
    Pierre fiel fast die Tasse aus der Hand. Zitternd stellte er das feine Porzellan auf den Boden vor seinem Bett und sah sie durchdringend an. Nein! Sie kann es nicht wissen! » Was meinen Sie?« fragte er vorsichtig zurück.
    »Kommen Sie Abbé ... wir wissen beide, worüber wir reden.« Ihre Tränen waren verschwunden. »Es kann die Kirche zerstören ... ich weiß davon«, flüsterte sie.
    Pierre hielt es nicht mehr auf seinem Bett. Er sprang auf und griff sich sein Hemd, das an einem Haken an der Wand hing.
    »Ich habe dieses Buch Die Totenstadt unten auf dem Küchentisch liegen sehen«, sagte sie leise und erhob sich von ihrem Stuhl. Die zierliche Person baute sich – so gut sie konnte – direkt vor ihm auf und sah ihm durchdringend in die Augen. »Haben Sie den Beweis gefunden?«
    Pierre schwieg und erwiderte ihren Blick. Hab’ ich mich denn so in ihr täuschen können ... weiß sie schon die ganze Zeit Bescheid?
    Sie nickte und ging langsam zum Fenster hinüber, als er nicht antwortete. »Deshalb wollen Sie also weg!«
    Langes Schweigen ...
    »Ich habe immer geahnt«, fuhr sie nach einer Weile fort, »daß es eine große Sache ist ... die hier schwelt.«
    Pierre war sich immer noch nicht sicher, ob er sie mißverstanden hatte, oder ob sie tatsächlich von dem Geheimnis seiner Pfarrei wußte. Langsam, ohne ein Wort zu sagen, knöpfte er sich sein Hemd zu. Wenn er jetzt eine voreilige Bemerkung machte und sich hinterher herausstellte, daß sie über zwei völlig verschiedene Dinge redeten, dann hätte er diese hübsche junge Frau doch noch mit hineingezogen.
    »Wissen Sie, Abbé«, Marie stand immer noch am Fenster und sah zu ihm herüber, »ich wohne schon seit über zwanzig Jahren hier in Rennes.« Sie seufzte. »Zuerst war ich nur in den Ferien hier, bei Tante Pauline, die restliche Zeit war ich im Internat ... aber das wissen Sie ja schon.«
    Pierre nickte, als sie direkt vor ihm stand.
    »Seit dem Tag, an dem ich mit dem Studium der Archäologie fertig bin, und das ist schon einige Jahre her, lebe ich in meinem Atelier.«
    Sie stand in ihrer blühenden Schönheit so dicht vor ihm, daß er sie fast berührt hätte.
    »Sie glauben nicht ... welch seltsame Dinge ich im Laufe der Jahre hier gesehen habe. Wir sind ein kleines Dorf«, sie sah ihm direkt in die Augen, »in dem sich die Dinge schnell herumsprechen.«
    »Sie kannten den alten Abbé Saunière also ganz gut?« fragte Pierre schließlich, denn sie hatte ihn neugierig gemacht.
    »Ja, ich habe nie einen anderen Pfarrer in unserer Kirche erlebt. Er war immer sehr nett zu mir. Genau wie seine Haushälterin Marie. Abbé Saunière hat Tante Pauline und mich oft auf eine Limonade in seinen großen Garten eingeladen. Er hatte auch nichts dagegen, wenn ich dort allein am Springbrunnen gespielt habe. Böse wurde er nur, wenn sich jemand außerhalb der Messen an der Kirche oder an seinem Bücherturm herumtrieb. Für mich machte er da keine Ausnahme.«
    Pierre nickte. Eigentlich schade, daß ich morgen abreisen muß. Diese Frau vor mir wird von Minute zu Minute atemberaubender.
    »Er hat damals viele Besucher empfangen. Manchmal mußten wir plötzlich gehen, wenn ein Fremder unangemeldet zu ihm kam. Meistens zogen sie sich dann für eine längere Zeit in seinen Turm zurück. Und wenn er dann mal wieder für Wochen verreist war, kam Marie, seine Haushälterin, zu uns in die Pension herüber, um sich mit Tante Pauline in der Küche die Zeit zu vertreiben. Da wurde natürlich immer viel geredet ...«
    Unbeabsichtigt berührten sich ihre Arme, aber keinem von beiden war es unangenehm.
    »Unsere Marie hat oft damit geprahlt, daß in ihrem Pfarrhaus ständig wichtige Leute aus Rom ein- und ausgingen. Immer, wennsie mit Tante Pauline über ihre Kochkünste wetteiferte, konnte sie sich nicht verkneifen zu erwähnen, daß ihr Braten sogar den Kardinälen aus dem Vatikan schmecken würde, die sie

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