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Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Mickholz
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Umgebung zu sprechen. Seltsam, nicht?«
    »Vielleicht hat er diese Ausländer geholt, um die Verständigung mit den Einheimischen zu erschweren? Aber was hatte das mit dem Stollensystem zu tun?«
    Marie zuckte mit den Achseln und blieb stehen. Sie blickte zur Burg hinauf.
    »Puh, nimmt der Weg denn überhaupt kein Ende?« Sie klopfte sich den Staub von der Hose.
    Die Sonne brannte auf sie hernieder, und die Luft flimmerte in der Mittagshitze.
    »Angeblich sollten diese Ausländer im Auftrag des Ordens nach Gold suchen. Aber warum dann diese Geheimniskrämerei?« Sie machte eine Pause. »Also ich glaube«, sie sah ihn an und hob dabei eiligst ihren belehrenden Zeigefinger, um einer dummen Bemerkung seinerseits zuvorzukommen, »... und mit dieser Vermutung stehe ich nicht alleine ... sie sollten ein unterirdisches Versteck anlegen.«
    »Wieder mal für einen Schatz?«
    »Du bist ja schlimmer als dieser Saulus aus der Bibel!«
    »Aha? Ich wußte gar nicht, daß du dich auch mit solchen Sachen auskennst?«
    Ein großer, steinerner Torbogen tauchte auf, und der Weg dorthin war jetzt mit felsigen Quadern gepflastert.
    »Diese Bekehrung vom Saulus zum Paulus ist gar keine so üble Geschichte«, lachte sie. »Ach, wußtest du eigentlich schon«, fügte sie wie beiläufig hinzu, »daß man 1860, nur einen Steinwurf von hier, fünfzig Kilo Gold gefunden hat? Einen riesigen Klumpen halb geschmolzener, arabischer Münzen?« Sie hattendas alte Tor erreicht. »Und dort in dem Wäldchen«, sie deutete in Richtung ihrer Pfarrei, die sie von hier oben wieder sehen konnten, »lag eine Kiste mit zwanzig Kilo Gold!«
    Pierre lachte. »Du gibst wohl nie auf, was?«
    Sie blieben stehen und sahen die uneinnehmbaren Mauern hinauf.
    »Schade, schade!« sagte Marie betont gleichgültig, während sie immer noch mit ihrem Kopf im Nacken in die Höhe starrte. »Dann haben sie den armen Ignace Paris wohl nur so ... aus Versehen ... aufgehängt.«
    »Was?!« Pierre fuhr zusammen.
    »Ich hab’ dir ja gesagt, daß das Gold die Menschen hier schon lange begleitet. Ob du es nun glaubst, oder nicht!«
    »Na gut!« Pierre gab sich geschlagen. »Nun erzähl mir endlich von diesem ...«
    »Ignace Paris hieß er.« Sie ließ ihn absichtlich zappeln. »Er war Schäfer und hatte seinen Stall drüben in Rennes-les-Bains.«
    Sie betraten den schmalen Gang, der zwischen der massigen Außenwand der Burg und der äußeren Schutzmauer entlangführte.
    »Eines Tages kam also unser armer Ignace aufgeregt nach Rennes hereingerannt, seine Hände und seine Taschen voll mit Goldmünzen.«
    Hier zwischen den bedrohlich aufragenden Steinmassen war es angenehm kühl.
    »Als die Leute wissen wollten, wo er dieses Zeug her hatte, sagte er, er hätte es aus einer Höhle am Grunde einer Schlucht ... ganz in der Nähe.«
    Einige Schwalben sausten im Tiefflug und mit gellenden Lauten über ihre Köpfe hinweg, ehe sie genauso plötzlich, wie sie gekommen waren, wieder verschwanden.
    »Eines seiner Schafe hätte sich in dieser Höhle versteckt, und als er es wieder herausholen wollte, hätte er dort Truhen voller Gold entdeckt und dazwischen menschliche Skelette. Und weil er den Leuten nicht sagen wollte, wo diese Höhle war, tja ... da haben sie ihn wegen Diebstahls einfach aufgehängt.«
    »Was!« rief Pierre. »Das ist ja ungeheuerlich! In meiner Pfarrei werden Leute aufgehängt?«
    »Ich habe dir ja gesagt ...«, Marie merkte, daß sie ihn neugierig gemacht hatte, »... dieses Gold ist mehr als ein Hirngespinst!«
    »Ungeheuerlich!« tobte Pierre noch immer. »Aufgehängt! Wieso erfahre ich das erst jetzt? Wenn wir zurück sind, werde ich die Verantwortlichen dafür sofort zur Rechenschaft ziehen!« Er konnte sich kaum wieder beruhigen. »Dieser arme Schäfer!« Wütend sah er sie an. »Wann ist das passiert?«
    Marie druckste herum.
    »Nun?« bohrte Pierre zornig nach.
    »Äh ... ja so ziemlich im Jahre ... 1645!« säuselte sie leise.
    »Was! 1645? Ich hör’ wohl schlecht?« Er erstarrte und ließ sich dann schnaufend auf den großen Stein sinken, der genau hinter ihm lag. »1645?« wiederholte er und seufzte. »Sag mal!« Er sah Marie immer noch ungläubig an. »Willst du mich eigentlich ins vorzeitige Grab bringen?«
    »Ich konnte ja nicht ahnen ...«, sie suchte krampfhaft nach einer Entschuldigung, »daß dir diese Geschichte so nahegehen würde!«
    Die vermoosten und vom unerbittlichen Zahn der Zeit angefressenen Wände standen hier so dicht beisammen, daß man sie

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