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Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Mickholz
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vierte Großmeister des Templerordens, der Kämpfer für die Christenheit, in dessen Burghof du gerade stehst ... entstammte doch tatsächlich einem katharischen Elternhaus! Er war also von Geburt an ein Ketzer!«
    Sie war offensichtlich in ihrem Element. Er hätte es nie durchgehalten, all diese alten Bücher zu lesen. Die Ereignisse lagen schon derartig lange zurück, daß es ihm schleierhaft war, was sie überhaupt mit ihrer augenblicklichen Suche nach der Wahrheit des Glaubens zu tun hatten.
    »Und weißt du, was das Unglaublichste ist?« sie hüpfte vor Begeisterung. »Alle Fäden der Geschichte laufen an diesem Ort ...«, ehrfürchtig wies sie auf die verwitterten Mauern, »... und in deiner Pfarrei zusammen! Der Herr von Blanchefort hat Seite an Seite mit dem Führer der Katharer – Raymon-Roger Trencavel – gegen diese mörderischen Rotten des Papstes gekämpft. Außerdem hat er den Überlebenden Katharern vom Montségur ... hier ... in seiner Burg Unterschlupf geboten, bis der Orden derTempler – dem er vorstand – vom Papst selbst der Ketzerei bezichtigt und zerschlagen wurde.« Mit leuchtenden Augen sah sie ihn erwartungsvoll an. »Ist das nicht phantastisch? Und wir beide ... stehen mittendrin!«
    »Bestätigt das nun unsere Theorie über die Kirche und die mögliche Lüge der Kreuzigung ... oder tut es das nicht?« Der Funke der Begeisterung war noch nicht so recht auf ihn übergesprungen.
    »Findest du es nicht auch seltsam, daß man ausgerechnet dem Orden, der sich für unseren Glauben im Heiligen Land mit den Muselmanen geschlagen hat, vorgeworfen hat, er hätte Christus geleugnet ... und das Kreuz bespuckt? ... Ausgerechnet diesem Orden der Ritter?«
    »Das hört sich ja schon interessanter an!« Pierre schwang sich auf den Rand des Brunnens, so daß sie von nun an zu ihm aufsehen mußte. »Ich dachte ... es wäre nur um ihre Reichtümer gegangen, die sich dieser Philipp unter den Nagel reißen wollte? ... Ja, mir ist schon klar, daß sie eine öffentliche Rechtfertigung für die Vernichtung der Templer brauchten ...«, sein Blick streifte durch den geräumigen Innenhof an dessen Rückseite die Mauern der Burg völlig eingestürzt waren und die Aussicht in die Weite des Tals freigaben, »... aber warum haben sie es denn so kompliziert begründet? Die Tatsache, daß die Templer diesen ketzerischen Katharern im Languedoc Schutz geboten hatten, und der Umstand, daß deren Großmeister selbst aus einer katharischen Familie stammte ... hätte dem Papst für die Rechtfertigung eines Kreuzzugs doch völlig ausgereicht. Da hätten sie nicht extra diese Sache mit der Kreuzigung reinbringen müssen.«
    »Siehst du!« Sie hüpfte wieder. »Genau das habe ich mir auch gedacht, als ich angefangen habe, mich für dieses Gemäuer und seine Geschichte zu interessieren ... Warum sollten diese Templer das Kreuz bespuckt haben?«
    »Es sei denn ...«, Pierre rieb sich am Kinn, während er in die Sonne blinzelte, »... vielleicht war ja an dieser Geschichte mit der Kreuzigung – nach Ansicht der Templer – etwas faul ... und sie hatten es herausgefunden. Vielleicht sogar im Heiligen Land selbst!«
    Marie hielt es nicht mehr am Boden. Sie hüpfte auf den steinernen Brunnenrand und setzte sich neben ihn.
    »Ich hab’ sie gesehen!« Ihre Stimme überschlug sich vor lauter Begeisterung. »Die Abschriften der Verhörprotokolle! Sie sind veröffentlicht worden. Alles, was die armen Templer den Inquisitoren damals unter der Folter gestanden haben, kann man schwarz auf weiß nachlesen.«
    »Das wußte ich nicht«, gab Pierre unumwunden zu.
    »Ich bin ja auch schon ein Weilchen länger mit dieser ungeheuerlichen Geschichte beschäftigt«, beruhigte sie ihn. »Aber das beste kommt erst noch.« Vor Aufregung rutschte sie auf dem Rand des Brunnens hin und her. »Ich habe diese Verhörprotokolle wieder und wieder gelesen ... ich konnte einfach nicht glauben, was da stand! Mittlerweile kenne ich sie fast auswendig!«
    Sie rückte näher an ihn heran.
    »Die Inquisitoren des Papstes haben ... wie gesagt ... alles detailliert aufschreiben lassen, was die Templer unter der Folter von sich gegeben haben«, flüsterte sie. »Ein gewisser Ritter mit dem Namen Jean de Chaumes«, sie hatte alles im Kopf, »der hat gestanden, daß ihm bei seiner Aufnahme in den Templerorden doch tatsächlich gesagt worden sei: ›Du hast den falschen Glauben, denn Christus ist ein falscher Prophet. Glaub nur an Gott im Himmel, denn Christus ist

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