Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Mickholz
Vom Netzwerk:
die Leute reden von dunklen Gestalten, die dort umgehen sollen! Schwarze Magie und Teufelsanbetung ... sagt man!«
    Wahrscheinlich hatte das Ganze nur mit diesem seltsamen Versammlungsraum im Turm der Ruine zu tun. Das Licht, das durch die Fenster nach Rennes hinüberscheinen konnte, reichte aus, um aus dem unbewohnten Steinhaufen – in der Phantasie der Leute – einen von Gespenstern heimgesuchten Ort entstehenzu lassen. So waren sie eben ... die einfachen Seelen vom Land! Aber er beschloß, diese Erwägungen zunächst für sich zu behalten und Severin nicht zu unterbrechen.
    »Marie hat Ihnen bestimmt die Geschichte der Blancheforts erzählt und davon, daß während des Kreuzzugs anno 1215 gegen die Katharer einige der verfolgten Brüder in ihrem Stammsitz Schutz gefunden haben.« Er sah versunken in den Pfarrhof hinaus und fügte zynisch hinzu: »Es waren die letzten, die unserem barmherzigen Papst seinerzeit entkommen konnten ... während die Scheiterhaufen am Fuße des Montségur, ihrer letzten Bastion, schon brannten.«
    Er schwieg einen Augenblick. »Als ihre Festung auf dem Montségur ... damals ... belagert war, flohen vier von ihnen bei Nacht und Nebel über die hintere Mauer.« Vertieft nickte er vor sich hin. »Und damit haben sie das Todesurteil all derer unterschrieben, die noch in der eingeschlossenen Festung zurückgeblieben waren. Und das seltsame dabei war ...«, er drehte sich langsam zu Marie und Pierre um, »... daß man damals allen Eingeschlossenen ihr Leben und freien Abzug versprochen hatte ... wenn sie nur von ihrer Ketzerei abließen und ihren Irrglauben bereuten. Und genau in der Nacht ... bevor sie als freie Menschen die Festung hätten verlassen können – und es waren immerhin an die vierhundert Männer, Frauen und Kinder da oben –, also nur wenige Stunden vor ihrer Rettung ... da waren diese vier Katharer mit dem Einverständnis der in der Burg Zurückgebliebenen geflohen, um etwas in Sicherheit zu bringen ... was den päpstlichen Truppen unter keinen Umständen in die Hände fallen durfte.« Er atmete tief durch und kam zum Tisch herüber. »Jeder in der Festung wußte, daß bei der Flucht auch nur eines Mitbruders, alle anderen von den Kreuzrittern zur Strafe verbrannt würden. So lauteten die Bedingungen für die Übergabe des Montségur.« Mit Tränen in den Augen setzte er sich zu ihnen an den Tisch. »Sie haben alle verbrannt«, sagte er leise. »Sie haben sich für ihren Glauben geopfert. Dafür, daß diese vier Männer das in Sicherheit bringen konnten, was ihnen wichtiger war ... als ihr eigenes Leben. Ein Geheimnis, das so bedeutsam gewesen sein mußte ...«, seine Stimme versagte. »Und mit diesem Geheimnis – oder diesem Schatz – retteten sie sich nach ihrer waghalsigen Flucht in die Burg der Blancheforts, die, wieviele Adelige der Gegend damals, selbst Anhänger der katharischen Lehre waren. So war Bertrand de Blanchefort, der dort drüben in der Ruine aufgewachsen ist, als vierter Großmeister des Templerordens, bekanntermaßen Sohn aus einem katharischen Elternhaus.«
    »Welches Geheimnis wollten sie denn aus der Festung in Sicherheit bringen?« fragte Pierre, der immer noch darauf wartete, was diese ganze Geschichte denn nun mit dem Geheimnis zu tun hatte, auf das sie hier gestoßen waren.
    »Die letzte der Familie, die es kannte, liegt bei Ihnen auf dem Friedhof, die Marquise Marie d’Hautpoul de Blanchefort. Vor ihrem Tod hat sie ihr ganzes Wissen an Abbé Antoine Bigou, ihren Beichtvater, weitergegeben, und der war ... der Vorgänger vom alten Saunière hier im Pfarrhaus.«
    »Glauben Sie, unser alter Abbé hat herausgefunden, welches Geheimnis die Katharer vor dem Papst in Sicherheit bringen wollten?« fragte Pierre vorsichtig, um den Redestrom des Kräuterbruders nicht zu unterbrechen.
    »Ich weiß es nicht.« Severin betrachtete seine zitternden Hände.
    »Hat es vielleicht mit der Kreuzigung unseres Herrn zu tun?«
    Der Bruder sah ihn mit seinen geröteten Augen an. »Junger Freund, glauben Sie etwa, ich nähme dieses Arsenpulver für meine Nerven, wenn es nur das wäre?«
    Langes Schweigen und absolute Stille erfüllte das Pfarrhaus.
    »Wenn es einen Beweis dafür gibt ...«, fuhr Bruder Severin schließlich fort, »... und gebe Gott ... daß es nicht so ist ... dann wird die ganze Welt im Wahnsinn versinken ... und die Seelen werden brennen ...«
    »Einen Beweis wofür?« fragte Pierre leise.
    »Dafür, daß die Katharer recht hatten, und daß die

Weitere Kostenlose Bücher