Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Mickholz
Vom Netzwerk:
Haar gleicht ... zu welchem Schluß kann man da kommen? Ist denn das alles nur eine Ausgeburt ... unseres Wahnsinns? Wie kommt es dann aber, daß diese zerstörerischen Zweifel schon vor fünfhundert Jahren auf Leinwand verewigt worden sind?« Severin betrachtete seine zitternden Hände. »Sie glauben nicht, wie viele schlaflose Nächte ich damit verbracht habe, die Zweifel in mir – an Gott und der Kirche – zu bekämpfen.« Er schluckte. »Aber es war vergeblich!Die Sucht ... diesem Geheimnis nachzugehen, in das mich der Alte vor seinem Tod eingeweiht hat ... sie hat alles in mir zerstört ... genauso wie bei ihm!«
    »Meinen Sie Abbé Saunière?« fragte Pierre, während Marie immer noch fasziniert an dem Papierfetzen herumfummelte.
    »Ja! Er ist daraufhin der sündhaftesten Form der Ketzerei verfallen ... und hat uns alle zu Kreaturen des Satans gemacht! Er hat der Heiligen Mutter Kirche den Rücken zugedreht und seinen Geist der Lehre dieser ... Katharer verschrieben!«
    Marie legte plötzlich den Zettel weg. »Warum hast du mir das nicht gesagt, Severin?«
    Er sah sie nachsichtig an. »Ich kenne dich nun schon so lange, damals warst du noch so groß ...«, er legte seine Hand an die Hüfte, »... aber es war eine Sache zwischen mir und dem Alten. Es durfte nicht nach außen dringen. Hast du gesehen, was mit dem Totengräber geschehen ist? Ihm gegenüber hatte der alte Abbé – quasi aus Freundschaft – einmal angedeutet, daß er Beweise dafür in Händen hielte, daß es überhaupt keinen Gott gäbe ... und mit dem Tode alles vorbei sei.«
    »Wollte er sich deshalb in seinem eigenen Grab umbringen?« fragte sie schockiert.
    Severin nickte. »Er konnte den Gedanken nicht ertragen, daß es nichts geben sollte ... wenn er nach der Mühsal des diesseitigen Lebens eines Tages starb. Ja ... warum soll man sich auch im Diesseits plagen, wenn einen im Jenseits ... weder eine Belohnung noch eine Bestrafung erwartet?« Seufzend kam er zu ihnen zum Tisch zurück und setzte sich. »Und da wollte der Arme die Sache schnell ... und endgültig hinter sich bringen.«
    »Hat er deswegen gerufen: ›Gott ist tot! Er hat ihn umgebracht!‹?«
    Der Kräuterbruder nahm sich ein Stück Brot.
    »Als mir mein Bischof – vor meinem Dienstantritt hier – die Sache über den Totengräber berichtet hatte, den zwei Gendarmen aus seinem Grab zerren mußten, da konnte ich mir noch keinen Reim darauf machen ... aber jetzt wird mir so manches klar. Auch sein Haß auf alles, was eine Soutane trägt.«
    Nickend steckte sich der Bruder ein Stück Brot in den Mund. »Er hat ihm seinen Seelenfrieden genommen. Und ein einfacher Mensch ...«, versunken kaute er vor sich hin, »... muß vor Angstwahnsinnig werden ... bei dem Gedanken, daß nur das Nichts ... das ewige Dunkel, auf ihn wartet ... Die Seele eines jeden Sterblichen würde vor Angst in Flammen aufgehen ... und wenn sich diese Angst ausbreitet ... hätten wir in kürzester Zeit einen regelrechten Flächenbrand ... einen unlöschbaren ... Brand der Seelen.«
    »Aber irgendwie hat er sich doch wieder gefangen?« Pierre nahm sich ein Stück trockenes Brot.
    »Ja!« bedächtig ging Severins Kiefer auf und ab. »Vielleicht ist es Ihre Anwesenheit ... oder die Tatsache, daß er den Alten im Grab hat liegen sehen.« Er zuckte mit den Achseln. »Ich weiß es nicht.«
    »Und was hat das nun wieder mit den Katharern zu tun?« fragte Marie vorsichtig in die Runde.
    »Der Alte muß ebenfalls von Ängsten gepeinigt worden sein«, Severin sah kauend zu ihr herüber. »Ich weiß zwar nicht, was er noch gefunden hat, das ihm die letztendliche Bestätigung für seine Befürchtungen gab, aber ich glaube ... er hat nach einem geistigen Halt gesucht ... nach Erklärungen für seine Existenz hier auf Erden. Denn ... woher kommen wir ... wenn es keinen Gott gibt?«
    »Und deshalb hat er sich mit den Lehren der Katharer beschäftigt?« fragte Pierre ungläubig.
    »Urteilen Sie nicht voreilig, lieber junger Kollege!« sagte der Kräuterbruder in väterlichem Ton. »Wie ich weiß, waren Sie schon an der Ruine der Blancheforts?«
    »Ja, wegen der Alraune ...«
    Severin schien sich nicht mehr daran zu erinnern, was es mit diesem Pflänzchen auf sich hatte. »Ich war schon seit Jahren nicht mehr dort!« Nervös legte er sein Stück Brot zur Seite. »Wenn ich es nicht besser wüßte, würde ich sagen ... daß es dort nicht mit rechten Dingen zugeht. Ich hab’ Lichter in der Nacht gesehen, die sich bewegten, und

Weitere Kostenlose Bücher