Seelenbrand (German Edition)
war diese Frucht übrigens das Symbol der Ursünde und ein Bild für ... die fleischliche Vereinigung von Mann und Frau!«
»Ich muß schon sagen ...«, Pierre nickte anerkennend, wenn auch ohne Euphorie, »... diese Katharer haben sich eine ganze Menge zusammengereimt ... aber wie Sie jetzt aus dieser lächerlichen Sache mit der Ursünde wieder herauskommen wollen, ist mir schleierhaft!«
»Ganz einfach! In die von Adam und Eva gezeugten neuen Körper schloß Luzifer nach und nach alle die Engel ein, die mit ihm die himmlischen Regionen verlassen hatten.«
»Und Jesus?«
»Ja ... jetzt kommen wir endlich zu deinem Jesus.« Severin lächelte. »Hab ein wenig Geduld ... und höre dir alles ohne innere Ablehnung an. Benutze deinen Verstand ... und deine Intuitionauf der Suche nach der Antwort, ob das, was ich dir hier erzähle ... nicht die Lösung für alle deine menschlichen Fragen hier auf der Erde bietet ... weil es die Wahrheit ist!«
Pierre schwieg.
»Dann kam der Tod in die Welt!« flüsterte Severin. »Kain erschlug seinen Bruder Abel, und nach langer Zeit hatte der Herr der sieben Himmel Mitleid mit seinen Engeln, die auf der Erde in Menschenleiber eingeschlossen waren. Er beschloß, ihnen den Weg zurück in den Himmel zu zeigen, und deshalb ließ er sein vollkommenstes Geschöpf, den obersten Engel, Christus, auf die Erde hinabsteigen.« Der Kräuterbruder überlegte einen Augenblick. »Schon bei Johannes steht geschrieben: ›Ich bin das Licht, das in die Welt gekommen ist, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibt. Was ich gesagt habe, habe ich nicht aus mir selbst, sondern der Vater, der mich gesandt hat, hat mir aufgetragen, was ich sagen und reden soll. Und ich weiß, daß sein Auftrag ewiges Leben ist.‹«
Er sah, daß Pierre noch unschlüssig war. Deshalb griff er seinen Arm. »Du hast doch die kleine Bernardette in der Kirche getauft!«
»Ja, und?«
»Hast du dich als Priester – oder als Mensch mit einem klaren Verstand – noch nie gefragt, wenn du einen solch kleinen Menschen in den Armen hältst ... wo da der tiefere Sinn der Erbsünde liegen könnte? Warum wir Priester diese Beschwörungs- oder Zauberformeln sprechen sollen, wie: Widersagt ihr dem Bösen? Widersagt ihr dem Urheber des Bösen, dem Satan?«
Pierre schwieg.
»Wäre das nicht ein unbeabsichtigter Hinweis darauf, ein Eingeständnis, daß wir uns – und damit auch unsere Kinder – tatsächlich in den Klauen des Teufels befinden ... in der Hölle? Als Folge von Luzifers Auszug aus dem Himmel oder Adam und Evas fleischlicher Vereinigung? Ein kläglicher Versuch ... vielleicht ein kleines und verborgenes Zeichen der Kirche ... daß wir die Nachricht Gottes, die uns Jesus überbracht hat, verstanden haben ... und daß wir bereit sind ... uns wieder auf den rechten Weg zu begeben ... zurück auf den Weg ... in die sieben Himmel?«
»Sie sind wahnsinnig!« flüsterte Pierre.
»Jeder, der die Wahrheit verfolgt, muß wahnsinnig sein, denner hat alle einfachen Geister dieser Welt gegen sich! Niemand hätte den Mut, öffentlich gegen die Kirche anzutreten. Wie sinnlos wäre auch das Unterfangen eines Einzelnen, eine riesige Felsenfestung zum Einsturz bringen zu wollen, etwas, das über mehr als zweitausend Jahre lang in die Höhe gewachsen ist ... Und das einzige Werkzeug, das er besäße ... wäre eine Schreibfeder!«
»Wenn Jesus von der Gottesmutter Maria geboren ist, wäre er dann nicht auch ein Geschöpf Luzifers?« Pierres Gedanken waren schon weitergeeilt.
»Ja, das stimmt. Aber er war eben kein Mensch. Er war nur den Menschen ähnlich ... nur ein Schatten ... ein Nebel.« Severin überlegte. »Deshalb konnte er auch über das Wasser gehen. Und wenn man die Heilige Schrift ... mit einem freien Geist und mit Verstand ... liest, so wie ich es dir zu vermitteln versuche, entdeckst du im Neuen Testament eine Menge, das meine unglaublichen Worte bestätigt. So findest du zum Beispiel bei Matthäus folgende Stelle: › Jesus führte sie auf einen hohen Berg. Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden blendend weiß wie das Licht ... Eine leuchtende Wolke warf ihren Schatten auf sie, und aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören.‹«
Severin überlegte. »So hat Jesus ... Maria nie als seine Mutter bezeichnet. › Weib, was hab’ ich mit dir zu schaffen?‹ hat er
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