Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Mickholz
Vom Netzwerk:
Rückweg zu zeigen.«
    Pierre nickte. »Ja, das Neue Testament leugnet die Existenz des Teufels gar nicht. Genausowenig wie ihr Zusammentreffen, als Jesus vierzig Tage in der Wüste gefastet hatte.«
    »Da führte ihn der Teufel auf einen hohen Berg hinauf«, monoton betete Severin die entsprechende Stelle in der Schrift herunter, »und zeigte ihm in einem einzigen Augenblick alle Reiche der Erde. Und er sagte zu ihm: ›All die Macht und Herrlichkeit dieser Reiche will ich dir geben, denn sie sind mir überlassen und ich gebe sie, wem ich will ...‹«
    Stille.
    »Ich habe diese Stelle noch nie so verstanden«, schnaufte Pierre. »Der Teufel ... ist also tatsächlich ... der Herrscher über die Welt!« Er schüttelte seinen Kopf. »Es ist unfaßbar ... die Menschheit ... wir sind in der Hölle gefangen. Schwarz auf weiß! Man muß es nur richtig verstehen!«
    Severin lächelte. »Ist es Zufall, daß schon bei Matthäus zu lesen ist: ›Die Pharisäer und Schriftgelehrten haben die Schlüssel der Erkenntnis empfangen, sie aber versteckt. Sie sind selbst nichteingetreten, haben aber auch die nicht eintreten lassen, die hineingehen wollten. Ihr aber werdet klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben.‹?«
    »Ich weiß schon, warum die Menschen diese entscheidende Stelle der Schrift nicht sonderlich ernst nehmen. Sie glauben: der Teufel lügt Jesus etwas vor! Er ist der Teufel, er muß lügen!«
    Severin nickte. »Und ... wenn er nicht lügt? Würdest du deine Seele darauf verwetten ... ?«
    »Dann ist er wirklich der Herrscher über die Erde«, flüsterte Pierre, »... und über uns.«
    »Und nur diese eine kleine Frage ... Lügt der Teufel an dieser Stelle, oder nicht? ... steht zwischen uns und der Hölle. Es ist die bedeutsamste Stelle ... der gesamten Schrift. Ein kleines ›Ja‹ oder ›Nein‹ ... es entscheidet darüber, ob Gott ... oder ob der Teufel über uns wacht!«
    »Kannten die Katharer die Antwort?« Pierre sah sich abermals zu Marie um, die immer noch sprachlos neben ihnen am Tisch saß.
    »Als Zeichen der Trauer darüber, daß ihre Seele in der Erdenhölle gefangen war, trugen sie lange, schwarze Gewänder ... Aber, sie wußten auch, daß dieser Zustand der Gefangenschaft nicht ewig dauerte. Alle Menschenseelen würden eines Tages wieder zu Engeln werden ... und mit Gott und den anderen – die treu bei Gott gebliebenen waren – vereinigt werden.«
    »Ja«, antwortete Pierre, »ich habe schon im apokryphen Evangelium des Bartholomäus davon gelesen, daß Luzifer der erste unter den Engeln war, und Michael, der Anführer der oberen Heerscharen, der zweite.«
    »Es steht aber auch dort geschrieben«, fuhr Severin fort, »daß der Herr weitere sechstausend Engel schuf, darunter auch Engel der Rache, die direkt neben seinem Thron standen. Und nach ihnen wurde die ganze Fülle der anderen Engel geschaffen: 100 Myriaden für den ersten Himmel und ebenso viele für die anderen. Außerhalb, so steht es dort, zieht sich die erste Sphäre, das Firmament, hin, und dort weilen die Engelmächte, die auf die Menschen einwirken.«
    »Meinst du, Bruder, sie sind uns wohlgesonnen?«
    »Oh ja! Da sei ganz beruhigt!« Severin lächelte weise. »Die Dunkelheit, in der sich die Menschheit befindet, ist zwar schwärzer,als es sich je ein Sünder vorstellen kann ... aber wir sind nicht allein! Nach katharischer Lehre hat Gott den Seinen ... auch wenn sie ihn verraten haben und mit Luzifer an das andere Ende des Himmels geflohen sind ... Wächter zur Seite gestellt. Zu jeder Seele, die vom Teufel in einen irdischen Körper eingeschlossen worden ist, hat er einen Geist geschickt. Dieser soll im Auftrag des Allmächtigen, der unvorstellbar weit von uns entfernt ist, – an seiner statt – die Seele des gefallenen Engels lenken und führen. Er hat seine Geschöpfe ... hier in der Unendlichkeit der Finsternis noch nicht vergessen.«
    Marie seufzte und meldete sich zum erstenmal wieder zu Wort. »Sitzen wir Menschen nun in der Hölle, oder nicht? Ich kann es mir ehrlich gesagt ... immer noch nicht vorstellen. Also ... wenn ich mich so umsehe ... es könnte natürlich einiges im Leben leichter sein und dann diese Krankheiten ... ja, ja, das ist ja schon schlimm ... und es gibt auch bestimmt viel Schlechtes auf der Welt ... aber mir fällt es schwer zu glauben ... ich säße in der Hölle. So schlecht geht’s mir nun auch wieder nicht!«
    »Warte mal ab, was noch kommt.« Severin schmunzelte. »Die Hölle ist nicht

Weitere Kostenlose Bücher