Seelenbrand (German Edition)
»Natürlich! Captain James Cook ... und seine Forschungsreisen in die Südsee! Als Junge war das wirklich abenteuerlicher Stoff. Auf diesen Segelschiffen über die weiten Meere ... fremde Inseln ...«, sein Blick verklärte sich.
» Ich habe Darwin gelesen!« Sie hob ihre zierliche Nase. »Charles Darwin!«
»Aha?«
»Ja!« Sie freute sich über sein Erstaunen. »Frauen können auch noch etwas anderes lesen ... als Kochbücher!« Ihr Unterton war unüberhörbar.
Pierre applaudierte höflich.
Nach einer leichten Verbeugung öffnete sie schließlich die Figur und zog den Zettel heraus. Sie schnaufte, als sie das Papier überflog. »Also, es ist einiges verschmiert ... die Feuchtigkeit hier unten ... aber dieser ... Tane ...«, sie hob die Figur mit dem Baströckchen leicht in die Höhe, »... war wohl ihr oberster Gott ... der Herrscher über die himmlischen Meere ... der alle Sterne geordnet hat ... und der für alle Zeiten über die Winde und die Sonne herrschen sollte.« Sie streckte ihm das Stück Papier hin. »Lies du weiter! Mit dieser Kritzelei bin ich überfordert!«
»Hier ist ja auch alles verschmiert! ... Also ...« Er trat näher an die Fackel heran. »›... er erhob sich gegen den Herrn der Meere und wollte ihm das Seine streitig machen ... und sein wie er ... Es gab einen fürchterlichen Kampf auf den Meeren im Himmel ... und die Abtrünnigen wurden auf die Erde geworfen ... und seitdem ringt alles, das da lebt auf Erden – zur Strafe für die Rebellion – mit den anderen Verdammten ... auf Leben und Tod.‹« Er blickte hoch. »Genau das, was wir vermutet haben!«
»Da fällt mir ein ...«, sie tippte sich gegen ihre Stirn, »... in der griechischen Mythologie gibt es doch auch solche Schilderungen ... über die Kämpfe unter den Göttern im Himmel. Natürlich!« Sie hüpfte aufgeregt hin und her. »Also«, sie murmelte irgend etwas vor sich hin, »wie war das noch ... es ist alles schon so lange her.«
»Ich kann dir dabei nicht helfen!« Er hob die Hände. »Zu meiner Schande muß ich gestehen, daß es mich nie interessiert hat, wer von den alten Göttern ... mit wem ... da hab’ ich mir lieber meine Automobilzeitschriften gegriffen!«
»Ruhe! Jetzt hab’ ich’s wieder!«
Er spitzte seine Ohren.
»Zuerst herrschte, so sagt die griechische Mythologie, das Chaos. Und dann erschienen Gäa und Uranus ... die sechs weibliche und sechs männliche Titanen zeugten. Das mußten schreckliche Kinder gewesen sein ... mit ungeheuren Kräften ... Kronos, der jüngste der Söhne, stürzte schließlich seinen Vater Uranus und setzte sich an seine Stelle. ... Da er die Kraft seiner anderen Geschwister fürchtete ... ließ er nun die übrigen Titanen gefangennehmen und verbrennen ... bis auf seine Schwester Rhea, mit der er sechs Kinder hatte ... Ach, fast hätte ich es vergessen!« Sie unterbrach. »Weil er seinen Vater gestürzt hatte, wurde dieser Kronos nun von seiner eigenen Mutter mit einem Fluch belegt, nämlich, daß er – so wie er es selbst getan hatte – irgendwann von seinem eigenen Sohn gestürzt werden sollte.«
Puuh! Spätestens jetzt hätte ich die Automobilzeitschriften aus dem Schrank geholt ...
»Und jetzt wird’s spannend!«
Sie ist jedenfalls begeistert von dieser – eher wirren – Geschichte.
»Und einer seiner Kinder, nämlich der jüngste Sohn ... der hieß Zeus. Es erhob sich nun ein unendlicher Kampf zwischen den Göttern und einer Heerschar monströser Wesen ... ehe es schließlich zum entscheidenden Kampf zwischen Zeus und Typhon, einem schlangenartigen Gott kam.«
Ach! Da ist er ja wieder! Der Kampf gegen die Schlange! Genau wie in der Apokalypse des Johannes! Zugegeben ... jetzt hätte er seine Automobilzeitschrift wieder zur Seite gelegt und ihr andächtig gelauscht.
»Zeus besiegte schließlich diese Schlange und war von nun an oberster Gott. Seine Macht mußte er jedoch mit seinen drei Brüdern teilen. Er selbst erhielt den Himmel, Hades die Unterwelt und Poseidon das Meer.«
Pierre schnaufte und faßte sich an den Kopf. »Es wird ja immer komplizierter!«
»Aber es beschreibt genau diese Schlacht am Himmel zwischen Göttern, Engeln und ... was auch immer! Einzelne Details passen vielleicht nicht, das stimmt ... aber feststeht: es gab eine Schlacht am Himmel! Und darauf wollen uns doch wohl die ganzen Statuen hier unten hinweisen, oder?«
Er schwieg und dachte nach. »Du hast recht. Wir sollten uns wirklich nicht an Details stoßen. Die Geschichte über
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