Seelenbrand (German Edition)
Schiff aus Cäserea aus. An Bord befanden sich – nach unseren Dokumenten – neben Paulus und Petrus ... auch Jesus Christus und sein Arzt Lukas!«
»Alles Lüge!« Marie sprang auf und fuchtelte wieder wild mit den Händen herum.
»Wenn du dich nicht gleich wieder hinsetzt und ruhig bist«, Pierre zischte wie hundert Schlangen, »dann werde ich dich vor den Augen unseres Gastgebers übers Knie legen!«
»Das würdest du nicht wagen!« Trotzig sah sie zu ihm hinüber.
Er erhob sich langsam.
»Du bist also allen Ernstes bereit, dir diesen kranken Unsinn weiter anzuhören?« fauchte sie noch mal wild, bevor sie sich schnell auf ihre Kiste verzog.
Von Rittenberg betrachtete die Szene mit offensichtlichem Amüsement. »Das Zölibat hat eben doch auch seine Vorteile«, sagte er vieldeutig, während sich Pierre wieder auf seinem Stuhl niederließ.
»Bitte fahren Sie fort!« Er nickte von Rittenberg zu. »Sie haben unsere ungeteilte Aufmerksamkeit.«
Marie hatte ihnen schmollend den Rücken zugedreht, ihre Arme bockig vor der Brust verschränkt.
»Das Schiff segelte also über Kreta nach Malta, wo es in der Nacht des ... 31. Dezembers in der Morgendämmerung landete.«
»War Jesus Christus an Bord?« Pierre bekam eine Gänsehaut.
Von Rittenberg nickte. »Ja, ohne Zweifel! Wir verfügen über entsprechende Unterlagen.«
Marie machte irgendein Geräusch. Beide sahen hinüber, aber sie drehte ihnen immer noch ihren Rücken zu.
»Im März des Jahres 61. n. Chr. verließen sie Malta und erreichten Rom am Ostersonntag ... genau 28 Jahre nach der Kreuzigung. In der Via Appia, in der Nähe der Katakomben, fanden sie schließlich eine Bleibe ... in so einer Art Glaubenszentrum.«
»Ha! Lüge!« Marie gab fortwährend irgendwelche Kommentare ab, aber ohne sich zu ihnen umzusehen. Die Männer sahen sich an und beschlossen – das Hochziehen einer Augenbraue reichte ihnen zur gegenseitigen Verständigung aus – diese Unterbrechungen zu ignorieren.
»Meine Dienststelle hält es für sehr wahrscheinlich, daß er im Jahre 64 n. Chr. ... mit siebzig Jahren ... in Rom ... an Altersschwäche gestorben ist. Jesus Christus war die ganze Zeit über bei seinen Aposteln ... so wie er es ihnen versprochen hatte. Aus dem Hintergrund zog er die Fäden. Er hatte Stellvertreter, die für ihn in der Öffentlichkeit auftraten, so daß er im Hintergrund bleiben konnte.« Von Rittenberg blätterte um. »Sehen Sie sich mal die Apostelgeschichte im Neuen Testament unter diesen neuen Gesichtspunkten genauer an! Außerdem ...«, er rückte seine kleine Brille zurecht, »... in einem Evangelium des Philipp existiert die folgende, vielsagende Stelle: › Jene, die sagen, daß der Herr zuerst starb und dann auferstand, irren, denn er stand zuerst auf ... und starb dann!‹«
Pierre nickte. »Es deutet also alles in dieselbe Richtung!«
»Sie müssen nur bereit sein, Ihre Augen zu öffnen!« Er wandte seinen großen Schädel Marie zu. »Da hilft es auch nichts, wenn man seine Augen vor dem Offensichtlichen verschließt ... nur weil nicht sein kann, was nicht sein darf!«
»Sie haben angedeutet, daß Ihre Dienststelle über Informationenverfügt ... daß Jesus Christus ... verheiratet war?« Es fiel ihm wirklich schwer, diese Worte über seine Lippen zu bringen.
»Ja, da gibt es keinen Zweifel.« Der fahle Zwerg in seinem schwarzen Anzug legte seinen kleinen und viel zu dicken Zeigefinger auf eine Zeile seiner Notizen. »Die Verlobung ... und die ... erste Eheschließung mit Maria Magdalena fand im September des Jahres 30 statt. Also 3 Jahre vor der Kreuzigung. Es war nur eine vorläufige Hochzeit. Die Vorschrift erlaubte damals eine dreijährige Probezeit für die Ehe!« Er wandte seinen Kopf zu Marie hinüber. »Vielleicht sollte man diese gute alte Sitte auch in heutiger Zeit lieber wieder stärker beherzigen.« Er schüttelte den Kopf. »Mir sind die Frauen immer ein Rätsel geblieben.«
»Wollen Sie mich nun beleidigen, oder wollen Sie uns Ihre Märchen erzählen?« fauchte Marie über ihre Schulter, ohne sie anzusehen.
Erstmals runzelte von Rittenberg seine Stirn. »Da! Sehen Sie, was ich meine?«
Pierre sagte nichts. Er holte tief Luft. Sie begriff einfach nicht, welche einzigartige Gelegenheit sie sich hier entgehen ließ. Auch wenn diese unglaublichen Details außerhalb der Krypta ohne Bedeutung waren ... weil von Rittenberg ihnen die Beweise für seine Angaben schuldig blieb ... so gehörten sie doch im Augenblick zu dieser
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