Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Mickholz
Vom Netzwerk:
Hilfe kein Entkommen mehr. Peinlich oder nicht, das spielte jetzt absolut keine Rolle mehr. Er erstarrte zur Salzsäule.
    Es steigt! Es kroch langsam an seinen Beinen hoch, hinauf bis zur Hüfte, und quoll dann an ihm vorbei in die Grube hinein. Er wand sich vor Ekel hin und her und versuchte immer wieder mit aller Kraft seine Beine aus diesem Schraubstock zu befreien. Dieschwarze Brühe, mochte es Wasser oder sonst etwas sein – er war viel zu panisch, um sich darüber Gedanken zu machen – quoll unaufhaltsam aus dem unterirdischen Loch in die Grube. Jetzt war es zu viel für ihn!
    »Hilfe! Hilfe!«
    Seine Stimme krächzte. Viel zu leise! Wer soll dich denn hier hören? Mittlerweile knackte es auch an anderen Stellen der Grube. In einer bislang staubtrockenen Ecke des Grabes floß jetzt ein kleines Rinnsal dieser Brühe.
    »Hilfe!«
    Unter ständigem Knacken bildeten sich überall um ihn herum diese kleinen Bächlein.
    »Hilfe!«
    Er schrie so laut wie er konnte und rüttelte gewaltsam an seinen Beinen. Aber die saßen bombenfest.
    »Hilfe!«
    Die Brühe hatte mittlerweile – unter dem ständigen Geknacke des Holzes – den gesamten Boden der Grube bedeckt. Es gab keine einzige trockene Stelle mehr. Er mußte irgend etwas ausgelöst haben, so daß dieses schwarze Wasser jetzt mit unaufhaltsamer Kraft nach oben strömen konnte. Wenn die schwarze Suppe so weiterstieg, dann war er bald in ernsten Schwierigkeiten. Und das war wirklich nur noch eine Frage der Zeit.
    »Heh! Hört mich jemand?« Pierre nahm all seine Kraft zusammen. »Hilfe!«
    Unter markerschütterndem Knarren und Knacken bildete sich durch den Druck des Wassers quer durch den Holzdeckel ein riesiger Riß. Mit unerhörtem Druck quoll die schwarze Brühe, die mehr und mehr zu stinken begann, aus dem Boden und füllte langsam die Grube.
    Panisch wand er sich hin und her. »Hilfe! Hilfe!« Seine Stimme überschlug sich.
    »Ja! Ja!« schrie er. Die Beine ließen sich wieder bewegen. »Los! Kommt schon!« Der Holzdeckel war unter dem Schwall des hochdrückenden schwarzen Wassers in zwei Teile gebrochen und hatte endlich seine Beine aus der Schraubzwinge freigegeben.
    »Hilfe! Hilfe!«
    Er versuchte sich nochmals an der Wand des Grabes hochzuziehen, fand aber immer noch keinen Halt. Die Flut unter ihmschoß mit immer größerem Druck in die Grube, so als habe er unabsichtlich etwas geöffnet, das – jetzt befreit – mit aller Kraft auf diese Welt drückte. Der Gestank war einfach unerträglich ... Uah! Das war wohl das Frühstück! ... Er konnte gar nicht mehr aufhören zu würgen, obwohl sein Magen mittlerweile schon leer sein mußte. Der faulige Geruch machte ihn fast besinnungslos. Aber er riß sich zusammen und versuchte abermals sich mit letzter Kraft aus dem Grab zu ziehen. Seine Hände krallten sich in den staubigen Sand, der wie feines Pulver zwischen seinen Fingern hindurchrieselte.
    Er schrie so laut er konnte.
    Die stinkende Brühe reichte ihm mittlerweile bis zum Bauch. Wieder und wieder reckte er sich und krallte sich in die sandigen Wände. Plötzlich vernahm er ein gurgelnden Geräusch und irgend etwas ergoß sich in die stinkende Grube. Es stieg auf und trieb plötzlich auf der Wasseroberfläche um seinen Bauch herum. Er war wie elektrisiert und stand stocksteif da. Er konnte sich nicht mehr bewegen. Mit weit aufgerissenen Augen blickte er um sich. Eine Flut von Knochen und Schädeln war in der schwarzen Brühe zur Oberfläche aufgestiegen und tänzelte nun um seinen Brustkorb. Er war vor Ekel wie gelähmt und vermochte nicht einmal mehr mit einer Hand die treibenden Schädel wegzuschieben.
    Er konnte nicht mehr schreien. Und fühlen konnte er auch nichts mehr. Roch er die Brühe überhaupt noch? Er sah den kleinen weißen Sahneberg auf seinem Kaffee treiben. Er frühstückte doch noch, oder? Der kleine Sahneberg begann langsam zu rotieren ...
    »Wuff!«
    Das Sahnehäubchen auf seinem Kaffee drehte sich plötzlich langsamer ... oder saß er gar nicht mehr beim Frühstück ...
    »Mein Gott, Herr Pfarrer!«
    War das eine menschliche Stimme oder nur das Klicken und Klacken der Schädel, die durch die Bewegung des Wassers aneinanderstießen und eine makabere Melodie spielten? Der kleine weiße Sahneberg trieb ruhig auf der schwarzen Brühe. Das Inferno war vorübergezogen.
    »Abbé du Lac! Hören Sie mich?«
    »Wuff!«
    »Ich bin’s! Marie!«
    Marie? Er konnte seinen Blick einfach nicht von der schwarzen Brühe abwenden. Sie stieg immer noch,

Weitere Kostenlose Bücher