Seelenfaenger - Deine Liebe raubt dir den Verstand
wahnsinnig!
Nicht nur, dass er für alles eine Ausrede parat hatte, er verfügte sogar über das außergewöhnliche Talent, sie mundtot zu machen.
Verlegen huschten ihre Augen über den erdigen Boden, so als halte sie nach etwas Ausschau, das ihr eine Erklärung für das seltsame Verhalten Aleksanders geben könnte.
Doch letztendlich kam sie um eine Antwort nicht herum.
»Ich meine damit, dass du mich nicht erst vollquatschen sollst, um mich danach wie Luft zu behandeln«, stammelte sie.
Aleksander legte ihr den Finger unters Kinn und hob es sachte an, sodass sie nun gezwungen war, ihm in seine kalten, blauen Augen zu blicken.
»Meinst du nicht, dass das nur eine andere Umschreibung ist für das was ich zuvor gesagt habe?«
Aleksander blickte ihr tief in die Augen und hielt sie mit seinem eisigen Blick gefangen.
»Aber wenn du der Ansicht bist, ich habe dir nicht genug Beachtung geschenkt, dann …«, murmelte er und legte seine Lippen auf die ihren.
Überrascht keuchte Mia auf. Doch noch ehe sie auf seinen Kuss reagieren konnte, hatte Aleksander ihn schon wieder beendet.
Mit klopfenden Herzen blieb sie stehen und starrte ihn an, unfähig zu reden, geschweige denn sich zu bewegen.
Aleksanders Lippen verzogen sich zu einem arroganten Lächeln.
»Ich hoffe, ich habe dir nun genug Beachtung geschenkt. Das war es doch, was du wolltest, oder?«, sagte er selbstzufrieden, und ging ohne sich noch einmal nach ihr umzudrehen.
Vor lauter Zorn über ihn, über sich und über dieses gesamte Kaff biss sich Mia so fest auf die Lippen, bis sie Blut schmeckte.
»Das nächste Mal schlage ich dir dein selbstgefälliges Grinsen aus dem Gesicht, Le Vrai! Darauf kannst du Gift nehmen!«, brüllte sie ihm hinterher.
Doch Aleksander hörte sie scheinbar nicht mehr.
Mit weitausholenden Schritten und einer unbändigen Wut im Magen stampfte Mia zurück zu ihrem Fahrrad und raste nach Hause. Sollte Thea doch am Marktplatz versauern!
Zuhause angekommen schlich sie, so leise es ihr möglich war, auf ihr Zimmer. Einem Gespräch mit ihrer Mutter wollte sie dringlich aus dem Weg gehen. Nichts konnte sie jetzt schlechter gebrauchen, als nervige Dialoge zum Thema »Und wie ist die neue Schule so?«, »Sind deine Mitschüler nett?« Mia kam vom Nur-daran-denken schon die Galle hoch.
Mia ließ sich mit den schmutzigen Stiefeln aufs Bett fallen und angelte nach ihrem Tagebuch.
Sie vermied es, einen Blick auf die letzten Einträge zu werfen. Die Erinnerungen an Berlin und ihre alte Clique sollten nicht erneut präsent werden, denn sie fürchtete, dadurch endgültig die Fassung zu verlieren und in Tränen auszubrechen.
Aber den Gefallen tue ich euch nicht, verdammte Le Vrai Brut!
Mia notierte fein säuberlich das Datum am oberen Rand einer leeren Seite. Nachdenklich kaute sie auf dem Ende des Kugelschreibers herum, bis ihr ein bitterer Geschmack in den Mund stieg.
»Bäh«, schrie sie angewidert und wischte Spucke und Tinte an ihr ohnehin schwarzes Shirt.
Entnervt schrieb sie vier Namen untereinander an den linken Rand des Blattes und gab daneben den entsprechenden Kommentar dazu ab.
Thea, Klassensprecherin – ganz nett, spießig, (ehrlich?), vielleicht zu brav
Herr Daschner, Klassenlehrer – verklemmter Spießer
Nathan Le Vrai – selbsternannter Oberchecker, arroganter Idiot
Aleksander Le Vrai –
Mia begann erneut am Kuli zu knabbern. Was sollte sie über Aleksander schreiben? Dass er in einen Moment nett war, jedoch im nächsten zum Ekelpaket mutierte? Dass er sie zuerst gewürgt und anschließend geküsst hatte?
Erzürnt packte sie den Kuli und malte mit solchem Druck wilde Kreise über die Seite, sodass diese schließlich einriss, was sie noch mehr in Rage geraten ließ. Mia klappte das Tagebuch zu und pfefferte es durch ihr Zimmer.
Sie zog die Beine an und rollte sich wie ein Embryo auf ihrem Bett zusammen. Eine Stellung, die ihr schon in den verfahrendsten Situationen Sicherheit vermittelt hatte.
Gelangweilt angelte sie sich ihr Handy und checkte den Posteingang.
Drei neue SMS! Alle zusammen von Max. Mia klickte sich durch die Liste bis zur ersten Nachricht.
Hi Mia! Alles klar bei dir? Hier am Konzert geht megamäßig die Post ab. Echt Scheiße, dass du nicht da bist.
Ja echt Oberscheiße! Wem sagst du das! , dachte Mia.
Seufzend öffnete sie die zweite SMS.
Mensch Mia, gestern war unser Tag! Als wir die Konzerthalle verlassen haben, standen da die Faschos
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