Seelenfaenger - Deine Liebe raubt dir den Verstand
fantastischen Welt, in der alles so einfach und leicht war. Sie stellte sich einen Jungen vor, der sie begehrte und liebte und bei dem sie sich einfach fallenlassen konnte. Erst als ihr bewusst wurde, welches Gesicht sie diesem Jungen in ihren Fantastereien gegeben hatte, schleuderte sie zornig ihr Kopfkissen vom Bett und zwang sich gegen drei Uhr morgens endlich zum Schlafen.
Es war noch dämmriger Morgen, als Mia sich wohlig im Bett rekelte und mit einem langgezogenen Gähnen das pinkfarbene Gewuschel auf ihrem Kopf nach hinten strich. Sie fühlte sich ausgesprochen fit und voller Vorfreude auf den bevorstehenden Tag. Mit einem Satz sprang sie aus dem Bett und trippelte auf bloßen Füßen in den angrenzenden Duschraum. Nach einer stimulierenden Dusche fiel ihre Wahl in Sachen alltagstaugliches Outfit auf kurze Jeanspants, schwarzes Shirt und die mittlerweile lieb gewonnenen Chucks.
Ein kurzer Blick auf den Rest der Mädchen verriet ihr, dass scheinbar kein weiteres zu der Sorte Frühaufsteher gehörte. Doch das störte Mia nicht sonderlich. Im Gegenteil. Sie liebte die Ruhe und Einsamkeit in den frühen Stunden des neuen Tages. Vorsichtig zog sie die alte Holztür auf und schlüpfte durch den Spalt nach draußen. Diesiger Nebel lag über der Landschaft und hüllte alles in ein Netz aus weißer Seide. Mia atmete die erquickende Morgenluft tief in ihre Lungen und genoss die feuchte Luft auf ihrer Haut. In Momenten wie diesen, in denen man glaubt, einem gehöre die ganze Welt und alles ist möglich, wenn man nur bereit ist, dafür zu kämpfen, meinte Mia, ihr Herz würde überschäumen vor Freude, Glück und Tatendrang.
Die Nase in den Wind haltend, und selig schnuppernd am Duft des heraufziehenden Morgens, ging Mia über den Platz. Es dauerte nicht lange, bis sie ein kleines Glitzern wahrnahm. Neugierig trat sie näher und sah einen kleinen See, eingebettet in den angrenzenden Wald und eine herrliche Sommerwiese. Wie eine runde Spiegelscheibe lag er dort. Glatt und glänzend.
In einem Anflug von Übermut und purer Lebensfreude sprintete Mia los und riss sich noch im Laufen das T-Shirt über den Kopf. Jeans und Schuhe flogen hinterher. Kreischend stürzte sie sich in das kühle Nass und tauchte unter. Stille. Einsamkeit. Das Gefühl mit sich Eins zu werden. Doch dann …
Mia tauchte prustend auf und japste nach Luft. Bibbernd schlang sie sich die Arme um den Körper. Der See war um diese Tageszeit wirklich saukalt!
Zähneklappernd watete sie aus dem Wasser. Selbst ihre Lippen hatten sich mittlerweile an die Farbe des Sees angepasst. Blau!
Mia betrat das Ufer und zog sich in Windeseile ihre Klamotten an. Als sie gerade die Gürtelschnalle einrasten ließ, hörte sie plötzlich jemanden hinter sich treten. Abrupt schnellte ihr Kopf in die Höhe und mit einem Satz fuhr sie herum.
»Was willst du hier?«, funkelte sie den Neuankömmling böse an.
»Was ich hier will?« Ein dunkles Lachen erklang.
Doch Mia ließ sich nicht beirren und hielt dem Blick ihres Gegenübers mühelos stand.
»Machst du jetzt einen auf Spanner oder was? Aber glaube mir Aleks…« Der Rest des Satzes blieb ihr im Halse stecken, denn ihr Blick fiel auf den Mund des Le Vrai Zwillings und dort fehlte zweifelsohne das markante Muttermal, welches Aleksanders Gesicht zierte.
»Nathan«, murmelte sie kaum hörbar und im gleichen Moment, als die Sonne aufging, flog ihre Selbstsicherheit und Überheblichkeit mit dieser gen Himmel.
Fast ängstlich kaute sie auf ihrer Unterlippe und hörte erst damit auf, als sie plötzlich Blut schmeckte. Erschrocken wischte sie sich mit dem Arm über den Mund und schluckte. Der Geschmack von Eisen verursachte ihr leichte Übelkeit und sie wünschte sich nichts mehr, als aus dieser äußerst verfänglichen Situation befreit zu werden. Doch allem Anschein nach würde ihr Nathan diesen Gefallen nicht so schnell tun. Er streifte mit den Augen den schmalen roten Streifen auf ihrem Arm, der Indiz von Mias Selbstverletzung war. Um seine Mundwinkel zuckte ein verächtliches Lächeln.
»Keine Sorge, kleine Mia. Ich habe nicht die Absicht, als Spanner in Erscheinung zu treten. Glaub mir es, gab hier nichts zu betrachten, was ich nicht schon zu Genüge gesehen habe. Eher sogar weniger!«
Nathans Blick fiel auf ihre Brüste.
Röte schoss Mia ins Gesicht und sie verschränkte schamhaft ihre Hände vor dem Oberkörper.
»Leck mich, Le Vrai!«, stieß sie hervor, rannte an Nathan vorbei und
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