Seelenfaenger - Deine Liebe raubt dir den Verstand
was du da von dir gibst.«
»Oh doch, ich meine es genauso, wie ich es sage!«
Aleksander schmunzelte und zog eine Augenbraue in die Höhe, was ihn sehr spöttisch wirken ließ.
Der offensichtliche Hohn in seinen Worten verlangte Mias Selbstbeherrschung so einiges ab. Und gleichzeitig empfand sie Mitleid mit ihrem Vater, den sie mit genau der gleichen Geste, wie sie nun Aleksander an den Tag legte, oft regelrecht in Rage gebracht hatte.
»Jetzt sagt doch du auch mal was!«, fauchte sie in Richtung Felix, der sie mit seiner Passivität und Teilnahmslosigkeit mindestens ebenso nervte wie Aleksander.
Felix stand umständlich auf.
»Ich … ich glaube ich gehe wohl besser. Dieses Spiel hier ist mir echt zu blöd!«
Er zog den Kopf ein und schlich wie ein geprügelter Hund davon.
»Danke! Das hast du super hingekriegt. Eins zu null für dich Le Vrai! Scheinbar gibt es dir einen Kick, wenn andere vor dir kuschen!«
Mia konnte nicht verhindern, dass ihr Tränen in die Augen stiegen. Und das verärgerte sie noch mehr. Sie wollte sich vor niemandem, und schon gar nicht vor den Zwillingen die Blöße geben, Schwäche einzugestehen. Verzweifelt versuchte sie die salzigen Tropfen wegzublinzeln, was jedoch genau das Gegenteil zur Folge hatte. Einzelne Tränen lösten sich und hinterließen feuchte Spuren auf ihren rosigen Wangen. Trotzig versuchte Mia sie fortzuwischen, doch es quollen immer mehr aus dem dichten Wimpernkranz und zeichneten verschlungene nasse Muster auf ihr Gesicht.
Mia resignierte. Die Brüder waren ihr eindeutig überlegen. Und als genau diese Tatsache ihr Bewusstsein erreichte, schlug sie die Hände vors Gesicht und stürzte Hals über Kopf davon. Sie rannte vom Lagerplatz direkt in den angrenzenden Wald und warf sich dort unter einen mächtigen Tannenbaum. Zusammengerollt wie eine Schnecke lag sie dort und weinte hemmungslos. Sie ließ sich von der Flut unterschiedlicher Gefühle, die auf sie einstürzte, mitreißen. Und sie verlor sich in einem Strudel aus Wut, Hass, Verachtung, Selbstmitleid und Sehnsucht. Sie weinte, bis keine Tränen mehr übrig waren und die Schluchzer nur noch stoßweise kamen.
Nächtliche Begegnung
I rgendwann musste sie wohl eingeschlafen sein, denn als sie die Augen wieder öffnete, herrschte stockdunkle Nacht. Mia strich sich das verzottelte Haar aus dem völlig verquollenen Gesicht und setzte sich auf.
»Aua«, entfuhr es ihr und sie tastete nach ihrer Wirbelsäule. Der harte Waldboden erwies sich als ausgezeichnetes Folterwerkzeug für wenig durchtrainierte Rücken.
»Hast du Schmerzen?«
Wie von der Tarantel gestochen, und ohne Rücksicht auf ihr schmerzendes Rückgrat, fuhr Mia in die Höhe und blickte sich angstvoll um.
Eine dunkle Gestalt, die fast völlig mit der Dunkelheit verschmolz, saß neben ihr. Ihre menschlichen Augen waren viel zu schwach und die Nacht zu schwarz, um zu erkennen, um wen es sich handelte. Doch die tiefe raue Stimme hätte Mia unter Tausenden wiedererkannt, so vertraut wie sie ihr mittlerweile war.
Furchtsam tastete sie sich Schritt für Schritt rückwärts, bis sie an den Stamm der Tanne stieß. Sie umklammerte ihn, so als könnte ihr dieser Schutz bieten.
»Wwwwas willst du von mir?« Mias Stimme war nicht mehr als ein Krächzen.
»Mich entschuldigen«, kam es tonlos zurück.
»Entschuldigen? Und dafür schleichst du mir im Dunklen in den Wald hinterher? Wie lange sitzt du überhaupt schon hier?«
»Eine Weile.«
»Ein sehr dehnbarer Begriff.«
Die schwarze Gestalt blieb stumm.
»Okay, ich nehme deine Entschuldigung sowieso nicht an. Also mach dir nicht die Mühe. Und jetzt scher dich zum Teufel!«
Ein kurzes Aufblitzen schneeweißer Zähne war zu sehen, als sich das Mondlicht in ihnen verfing.
»Gefährliche Metaphern, die du da benutzt. Wähle deine Worte in Zukunft mit Bedacht, bevor du sie sprichst!«
Mia stieß geräuschvoll die Luft aus.
»Glaub mir, sie waren mehr als bedacht. Aber wenn das für dein sensibles Seelchen eine Nummer zu hart war, dann drücke ich mich eben so aus: Mach dich vom Acker!«
»Wir sind in einem Wald, wenn dir das entgangen ist.«
Mia schüttelte ergeben den Kopf. Egal was sie tat oder sagte, sie kam einfach nicht gegen ihn an. Nach dem Motto »Der Klügere gibt nach«, und der Tatsache, dass sie allmählich zu frieren begann, stieß sie sich vom Baum ab und wandte sich zum Gehen.
»Dann bleib doch hier, bis du schwarz bist«, murmelte sie und
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