Seelenfaenger - Deine Liebe raubt dir den Verstand
ist für mich der Zeitpunkt gekommen, Schwäche zuzulassen. Ich muss über meinen Schatten springen und meine Wünsche hinten anstellen, um dich zu schützen. Auch wenn mich das vermutlich mehr kosten wird als ein paar Nächte im dunklen Wald verbringen zu müssen. «
Mia hob skeptisch die Augenbrauen.
»Ich glaube kaum, dass ich Schutz nötig habe. Außer vielleicht vor dir und deinem penetranten Bruder.«
Ihre Mundwinkel zuckten beim Sprechen verächtlich.
»Und genau von diesem Schutz spreche ich auch.«
Ein Moment der Verblüffung folgte, ehe Mia etwas darauf erwiderte.
»Hä? Wenn ich das jetzt richtig verstehe, bietest du mir deinen Schutz vor dir selbst an?«
Sie tippte sich an die Stirn.
»Sorry Le Vrai, aber du tickst nicht mehr ganz richtig. Such dir einen Arzt, vielleicht kann der deinen kranken Bruder und dich noch zurechtbiegen, ehe es vollends zu spät ist.«
Kaum war der letzte Satz gesprochen, pflügte sie sich durch das restliche Gestrüpp bis zum Rande des Waldes. Doch noch ehe sie den letzten Schritt aus den Bäumen tun konnte, hielt sie etwas erneut zurück.
Mia schüttelte die Hand, die die ihre umklammerte, ab.
»Sag mal, habe ich mich eben nicht klar genug ausgedrückt? Oder gibt es zwischen uns ein Verständigungsproblem?«
Mias Worte kamen derart hart und kalt aus ihrem Mund, dass sie selbst darüber erschrak, zu welch abweisendem Verhalten und Emotionslosigkeit die Zwillinge sie brachten.
»Mia.« Aleksanders Stimme klang verführerisch, sodass Mia trotz der gegebenen Umstände ein Schauer über den Rücken lief.
»Ich weiß, dass ich deine Aufmerksamkeit nicht verdient habe. Und doch bitte ich dich, mir nur fünf Minuten deiner Zeit zu schenken. Was sind schon fünf Minuten gemessen an einem ganzen Leben.«
Aleksander ging noch einen Schritt auf sie zu.
»Und wenn ich mich danach immer noch zum Teufel scheren soll, wie du es so treffend formuliertest, dann werde ich das auch tun. Das verspreche ich.«
Unsicher hasteten Mias Augen von Aleksanders, durch die Dunkelheit verdecktem Gesicht, zum Wald, zum Lagerplatz und danach wieder zu Aleksander.
»Fünf Minuten«, sagte sie gepresst. »Und keine Sekunde länger.«
»In Ordnung.« Mia konnte am Klang seiner Stimme hören, dass er lächelte. Sie ließ es zu, dass er ihre Hand fasste und sie aus dem Wald heraus führte.
»Wohin gehen wir?«
»Ich würde dir bei dem, was ich dir zu sagen habe, gerne in die Augen sehen.«
Unwillkürlich zögerte Mia und ihre Schritte wurden schleppend.
»Du musst dich nicht fürchten«, sagte Aleksander, als er dies bemerkte.
»Es ist nicht gerade normal mit einem Typen, dem man keinen Millimeter über den Weg traut, nachts durch die Pampa zu ziehen.«
»Dann mach es dir leichter und vertrau mir.«
»Leichter gesagt als getan«, murmelte Mia so leise, dass es nur sie selbst hören konnte. Dennoch siegte ihre Neugier über die Angst und sie folgte dem jungen Mann in die unendliche Schwärze der Nacht.
Aufbruch
M inuten später standen sie am Ufer des Badesees, an dem Mia bereits den Großteil des vergangenen Tages verbracht hatte.
Der Mond hing voll und rund wie eine reife Pampelmuse am Himmel und um ihn herum gesellten sich leuchtende Sternchen, wie Wärter, die über ihn wachten.
Und obwohl ringsherum weder Neonlicht noch Glühbirne noch Kerze brannte, reichte das Licht der Himmelskörper, um wenigstens schemenhaft Aleksanders schönes Gesicht zu betrachten.
»Woher wusstest du, dass es hier heller ist als auf der Waldwiese?«
Aleksander lachte leise.
»Dazu muss man nicht sonderlich klug sein. Das Wasser reflektiert das Licht der Sterne und des Mondes.«
»Ah, klar«, knurrte Mia beschämt.
Na super, jetzt habe ich mich vor ihm nicht nur als ängstlich, sondern, auch noch als total blöde geoutet.
Etwas unwirsch drehte sie den Kopf zur Seite und betrachtete das Wasser. Friedlich und ruhig lag es vor ihnen. Nur ab und an war das Gequake einzelner Frösche auf Brautschau zu vernehmen. Hohe Rohrkolben bildeten am Ufer ein Spalier und erweckten den Eindruck, als würde jeden Moment Poseidon persönlich aus den Tiefen des Sees auftauchen, um ihnen seine Aufwartung zu machen.
Andächtig ruhte ihr Blick auf der Landschaft, die wirkte wie aus einer anderen, märchenhaften Welt.
Erst ein umständliches Räuspern holte sie in die Realität zurück.
»Mia….«, begann Aleksander und strich ihr eine vom Wind zerzauste Locke aus der
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