Seelenfaenger - Deine Liebe raubt dir den Verstand
besser.«
»Komm, hier draußen ist es sowieso zu gefährlich.«
Aleksander fasste sie mit unbeweglicher Miene am Arm und schleifte sie zur Diskothek.
Bunte Lichtblitze und dröhnende Technorhythmen hießen sie im Musicpalace willkommen. Es herrschte eine drückende Enge. Zu viele Menschen für das Gebäude. Es roch nach Schweiß und Alkohol. Eine üble Mischung für jemanden, der noch an den Folgen eines eventuellen Mordanschlags zu knabbern hatte.
Doch Aleksander schien sich auszukennen. Zielsicher lotste er sie durch die dunklen Gänge, vorbei an den Musikboxen, der Tanzfläche, dem DJ-Pult bis zu dem kleinen Bistro. Er sicherte zwei Plätze in einer abgelegenen Ecke und forderte sie auf, sich zu setzen.
»Sorry, lauschiger ging es nicht«, sagte er grinsend und nahm ihr gegenüber Platz.
Eine Bedienung kam und fragte nach ihren Wünschen.
Aleksander orderte zwei Colas und lehnte sich anschließend, allem Anschein nach völlig ausgeglichen, in seinem Stuhl zurück.
»Rede!«, befahl Mia, die Aleksanders offensichtliche Lässigkeit bis aufs Blut reizte.
Aleksander beugte sich über den Tisch und legte seine Arme auf die Platte.
»Wie gesagt«, begann er. »Ich bin der Sohn des Teufels. Genauer gesagt, Nathan und ich. Wir wurden auf die Erde geschickt, um als Beweis unserer Treue und Loyalität unserem Vater gegenüber zehn Seelen zu sammeln und sie ihm zu überbringen.«
»Soweit waren wir schon«, entgegnete Mia emotionslos.
Aleksander stieß die Luft aus und fuhr sich durchs Haar. Eine Geste, die Mia mittlerweile sehr vertraut war, da er sie jedes Mal machte, wenn er scheinbar überlegte.
Und offenbar musste er in ihrer Gegenwart sehr oft überlegen.
»Was genau willst du erfahren?«
»Wie gelangt ihr an die Seelen?« Mia verlieh ihrer Stimme bewusst etwas Spöttisches.
Aleksander schnaubte.
»Das ist relativ einfach. Immer, wenn uns ein Mädchen ihre Liebe gesteht, wird sie automatisch ihrer Seele und damit auch ihres Verstandes beraubt.«
Mia verzog verächtlich die Lippen.
»Du willst damit ausdrücken, wenn ich jetzt zu dir sage, Aleksander Le Vrai ich lie…«
»Lass es einfach, okay«, fuhr ihr Aleksander barsch über den Mund.
Mia hob besänftigend die Hände.
»Kein Grund, gleich auszuflippen. Und bilde dir ja nicht ein, dass ich das ernst gemeint hätte.«
»Natürlich nicht«, murmelte Aleksander und senkte den Kopf.
»Und willst du mir nicht auch mitteilen, aus welchem Grund euer Vater das von euch verlangt? Ich meine, mit seiner Vaterliebe kann es dann ja nicht weit her sein. Obwohl …«
Mia schlug sich theatralisch die Hand vor den Mund.
»Wie dumm von mir, ich vergaß ganz, dass der Teufel gar keine Liebe empfinden kann. Was bin ich nur für ein einfältiges, naives Mädchen.«
Aleksander stieß mit einem Ruck den Stuhl zurück und sprang auf.
»Weißt du, verarschen kann ich mich selbst. Das muss ich mir nicht geben.«
Mia lachte ironisch.
»Sorry Aleksander, aber du kannst doch nicht ernsthaft geglaubt haben, dass ich dir den Blödsinn, den du hier verzapfst, abnehme?«
Aleksander schnappte sich seinen Stuhl und stellte ihn direkt neben Mias.
»Glaubst du an Gott?«
Mia zuckte die Schultern.
»Habe ich mir ehrlich gesagt noch keine Gedanken darüber gemacht.«
Aleksander seufzte.
»In Ordnung, versuchen wir es so. Diese ganzen Geschichten über Geister, Engel, ruhelose Seelen … der Inhalt der Bibel, glaubst du nicht, dass die auch irgendwo ihren Ursprung haben?«
Mia nickte zögernd, sie wusste nicht so recht, worauf er hinaus wollte.
»Siehst du, in jeder Erfindung, jedem Buch, jedem Schriftstück liegt auch ein Quäntchen Wahrheit verborgen, mal mehr und mal weniger, ansonsten würden sie nicht existieren, würden nicht erhalten bleiben. Wäre der Teufel nur die Erfindung eines Einzelnen, würde niemand an ihn glauben. Man würde denjenigen, der ihn sich ausgedacht hat, als verrückt abtun, so wie du mich.«
Aleksander warf ihr einen eindeutigen Blick zu, den Mia jedoch ignorierte.
Er fuhr fort.
»Und dennoch glaubt der Großteil der Menschheit an ihn. Fürchtet ihn, verachtet ihn, hat Angst um seine Seele und die ewige Verdammnis in der Hölle.«
Mia merkte, wie ihr zunehmend mulmig zumute wurde. Aleksander schien derart überzeugt von dem zu sein, was er da von sich gab. Sie war froh um den Umstand, ihm in die Disco gefolgt zu sein und sich diese Schauergeschichten nicht auf dem dunklen Parkplatz
Weitere Kostenlose Bücher