Seelenfaenger - Deine Liebe raubt dir den Verstand
Bruder zu widmen.
Der kroch einstweilen am Boden, packte Aleksander am Fuß und brachte ihn somit zu Fall.
Wie eine gefährliche Boa schlängelte Nathan auf ihn zu, während sein Zwilling hinter sich tastete und plötzlich etwas Hartes unter seinen Händen spürte.
Er packte zu, holte aus und hieb seinem Gegner den armdicken Ast mit voller Wucht auf den Schädel. Schlaff ging dieser zu Boden. Blut sickerte aus Nathans Schläfe, tropfte auf die Erde und bildete dort zähe Klumpen.
Mia saß nach wie vor wie versteinert und beobachtete mit leerem Blick das Geschehen. Sie wirkte, als wäre nur ihr Körper da, während ihr Geist sich in anderen Sphären bewegte.
Aleksander sprang über seinen Bruder, packte Mia am Arm und zog sie mit sich, was diese willenlos über sich ergehen ließ. Im Vorbeilaufen packte der Le Vrai Zwilling noch ihren Rucksack und warf ihn über die Schulter.
Hinter dem gruseligen Häuschen, in dem sich die okkulte Sitzung ereignet hatte, parkten die schweren Motorräder der Zwillinge. Sie glichen sich wie ein Ei dem anderen, genau wie die Brüder selbst.
Mühelos hob Aleksander Mia auf den Sozius und schwang sich danach selbst auf den Sitz. Mit lautem Röhren erwachte der Motor zum Leben. Als Aleksander scharf die Kupplung kommen ließ und dabei Vollgas gab, wäre Mia um ein Haar vom Motorrad gefallen. Reflexartig schlang sie die Arme um Aleksanders Oberkörper. Mit in die Höhe steigendem Vorderreifen fuhr er an.
Sekunden später brausten sie durch die Nacht, wobei Mia keine Ahnung hatte, wohin die Fahrt ging. Doch in diesem Moment schien ihr alles Einerlei.
Noch vor wenigen Minuten war sie der Ansicht gewesen, dass ihr Leben in dieser Nacht ein Ende fand und nun …
Eigentlich konnte es schlimmer nicht werden. Denn schließlich gab es nichts Schlimmeres, als zu sterben.
Oder?
Mia wusste nicht, wie lange sie schon durch die Straßen gerast waren, als Aleksander plötzlich das Motorrad drosselte und anhielt.
Mia sah sich um. Sie wusste, wo sie waren. Sie befanden sich auf dem Parkplatz einer Szenedisco, etwas außerhalb von Schwarzendorf.
»Sag mal, bist du jetzt vollkommen übergeschnappt, Aleksander? Du glaubst doch wohl nicht, dass ich jetzt, nachdem du deinen Bruder ermordet hast, mit dir im Musicpalace abtanze.«
Aleksander stieg mit einer beneidenswerten Gelassenheit von seinem Motorrad, stützte sich links und rechts vom Sozius ab und lehnte sich nach vorne. Bis unmittelbar vor Mias Gesicht.
»Nun mal langsam, kleiner Stern. Erstens bin ich nicht hier, um mit dir das Tanzbein zu schwingen.« Aleksander verzog den Mund zu einem Grinsen.
»Außer du bestehst darauf. Aber zugegebenermaßen, ich bin ein grottenschlechter Tänzer. Und zweitens, meinen Bruder habe ich sicher nicht ermordet.«
Mias Mundwinkel zuckten verächtlich.
»Dafür, dass du ihn nicht ermordet hast, sah er aber ganz schön tot aus.«
»Dafür, dass du eigentlich geschockt und am Boden zerstört sein müsstest, kannst du immer noch ganz schön frech sein, kleiner Stern.«
Mias Magen verkrampfte sich, ein untrügliches Anzeichen für aufsteigende Wut.
»Sag mal, was soll der Mist, Aleksander. Bist du genauso kaltblütig wie dein Bruder? Du tötest und machst dann auch noch Witze darüber?«
Aleksander stieß sich vom Motorrad ab und ging, die Hand ans Kinn gestützt, einige Schritte in Richtung Straße. Schließlich machte er kehrt und kam zu ihr zurück.
Seine Mundwinkel verzogen sich verächtlich nach unten und in dieser Sekunde sah er mindestens genauso gefährlich arrogant aus, wie sein Bruder.
»Wir Le Vrais mussten schon Härteres überstehen. So ein kleiner Kampf bringt keinen von uns um. Vertrau mir einfach, Mia. Nathan ist nicht tot. Er steht nach wie vor in der Blüte seines Lebens.«
Mia schüttelte den Kopf, sprachlos über so viel Dreistigkeit. Vertrauen? Sie sollte ihm, Aleksander Le Vrai vertrauen? Der Kerl musste tatsächlich an erheblicher Selbstüberschätzung und Größenwahn leiden. Ein klassischer Fall für den Psychiater. Schizophrenie vom Feinsten.
Aleksander bückte sich. Er hob die Hand, welche einige Sekunden über ihrem Haar schwebte, so als wolle er es berühren. Doch dann ließ er die Hand wieder sinken.
»Bitte Mia, glaub mir«, sagte er eindringlich.
Mia stieß einen hysterischen Lacher aus.
»Glauben? Dir? Aleksander bitte mache dich nicht lächerlich.« Sie tat, als würde sie an der Schwelle zu einem Lachkrampf stehen.
Doch dann
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