Seelenfaenger - Deine Liebe raubt dir den Verstand
schon selbst. Die, die du hier siehst, haben sich ihr Schicksal selbst zuzuschreiben. Es sind Räuber, Diebe, Verbrecher, Korrupte, Lügner und Betrüger, Vergewaltiger, Kinderschänder und Mörder.
Mit ihnen brauchst du kein Mitleid zu haben!«
»Es sind immerhin Menschen«, flüsterte Mia. »Menschen mit Gefühlen.«
»Das hätten sie sich früher überlegen müssen. Jetzt ist es zu spät. Das ist die Bestrafung für ihre Taten, die sie im irdischen Leben verbrochen haben.«
Mia wandte den Kopf ab. Sie wollte nicht weiter zusehen, wie sich die Lebewesen, die einst Menschen gewesenen waren, gegenseitig verstümmelten und verletzten. Niemals würde sie diese Bilder wieder aus dem Kopf bekommen.
Und im Stillen tat sie bereits jetzt Buße, für all die kleinen Notlügen, Frechheiten und Ungezogenheiten in ihrem Leben.
Lieber Gott, es tut mir alles so leid. Bitte hilf mir. Sollte ich jemals dieser Hölle entkommen … ich werde alles tun, um mich zu ändern – wenn es dafür nicht bereits zu spät ist.
Doch eine Sache ließ Mia einfach keine Ruhe.
»Iiin welchen Kreis kommen Thea und die anderen Mädchen, die unschuldig ihrer Seelen beraubt wurden?«
Nathan grinste.
»Keine Sorge, Püppchen. Sie kommen in einen der vorderen Höllenkreise. Denn auch Leichtgläubigkeit und Wolllust ist eine Sünde. Sie sind uns alle hinterhergelaufen, wie eine Herde junger Schafe. Und sie wollten uns alles glauben, egal ob gelogen oder wahr. Sie haben offenherzig ihre Reize zur Schau gestellt, um ihren Willen durchzusetzen und ihr Ziel zu erreichen. Und das Ziel waren wir. Aleksander und ich. Um es deutlicher zu sagen, sie waren schlichtweg geil auf uns.«
»Sie wussten nicht, wer ihr seid und was ihr vorhabt.«
Nathan warf affektiert sein langes Haar in den Nacken und verdrehte dabei die Augen.
»Du kennst doch auch das Sprichwort Unwissenheit schützt nicht vor Strafe . In diesem Fall passt es wie die Faust aufs Auge.«
Plötzlich wurde Mias Aufmerksamkeit von etwas anderem in Beschlag genommen.
Ein feuriger Himmel erhob sich hinter der nächsten Felswand. Rot und glühend, wie flüssige Lava und wahrscheinlich nicht minder heiß, denn Mia merkte eine Hitze auf ihrer Haut, die ihre Härchen zu versengen drohte.
Der kalte Angstschweiß von vorhin verdunstete und ließ in Sekundenbruchteilen ihre Kleidung trocknen.
Ungeschickt kletterte sie hinter Nathan die messerspitzen Felsbrocken nach oben. Beidseitig von ihnen klaffte eine riesige Spalte, die sie bei der kleinsten Unachtsamkeit zu verschlingen drohte.
Als Mias Entführer als Erster die Spitze des Felsberges erklommen hatte, stellte er sich dort breitbeinig auf den höchsten Punkt, breitete die Arme aus und rief: »Wir sind da, kleine Mia! Dort ist der Eingang zum neunten Kreis der Hölle!«
Mia kraxelte die letzten paar Meter nach oben. Dort angekommen erstarrte sie vor Ungläubigkeit über das, was ihre Augen erblickten.
Ein tosender, brausender, etwa fünfzig Meter breiter Feuerfluss schoss durch die kahle, dunkle Felslandschaft und riss alles und jeden mit sich, der ihm zu nahe kam.
Das Wasser des Stromes war von einer rubinroten Farbe, die seltsam in sich leuchtete.
Wie ein Gemisch aus Blut und Benzin, das Feuer gefangen hat , durchzuckte es Mias Gehirn.
Auf der Oberfläche der roten Substanz züngelten Flammen in den unterschiedlichsten Rot-und Gelbtönen. Doch die Feuerzungen glichen weder in ihrer Farbe noch in ihrer Form den irdischen Feuern.
Jede einzelne Flamme war gebogen und spitz zulaufend wie die Hörner eines Bullen.
… oder die des Teufels.
»Hast du jemals etwas Schöneres gesehen?« Nathan drehte sich zu ihr um. In seinen Augen spiegelte sich das Rot der Flammen und ließ sie aussehen, als tanzte in ihrem Inneren selbst ein kleines Feuer.
Seine Haare wehten um sein Gesicht und das Weiß seiner Zähne wirkte fast unwirklich in der düsteren Kulisse.
Wie er so dastand am Gipfel des Felsenberges mit einem Meer aus Flammen im Hintergrund, war er das schönste und zugleich erschreckendste Wesen, das Mia jemals zu Gesicht bekommen hatte.
Nathan griff nach ihrer Hand.
»Mach dich bereit«, sagte er und nahm sie mit sich.
Teuflischer Höllenfürst
M ia versuchte verzweifelt, ihre Hand aus Nathans zu lösen. Doch dieser schien ihre verzweifelten Befreiungsversuche gar nicht wahrzunehmen.
Stoisch setzte er den Abstieg fort und warf keinen Blick hinter sich, um zu sehen, ob sie bei seinem Tempo
Weitere Kostenlose Bücher