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Seelenfeuer

Seelenfeuer

Titel: Seelenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Haller
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Seufzen auf einem der anderen Stühle nieder. Mit den Fingern beider Hände strich er erst über sein müdes Gesicht, ehe er sich den grauen Haarkranz rieb.
    »Ihr wirkt erschöpft.«
    »Ja, die letzten Tage waren sehr anstrengend. Heinrich Kramer war für einige Tage unser Gast«, klärte ihn der Abt auf.
    »Eurer Miene entnehme ich, dass es kein angenehmer Besuch war.«
    »Bei Gott, da habt Ihr recht!«, sagte von Nordstetten und schob seine Hände in die weiten Ärmel. Er zögerte für einen Augenblick, bevor er weitersprach. »Ihr seid ein Mann der Kirche und ein Freund, deshalb will ich mich Euch anvertrauen. Ich möchte Eure Meinung über Heinrich Kramer hören, deshalb habe ich Euch um diese Unterredung gebeten.«
    Pater Wendelin nickte. »Mit mir könnt Ihr offen sprechen!«
    »Nun, ich weiß nicht, was über den Dominikaner bekannt ist«, begann der Abt zögernd.
    »Man erzählt sich allerhand über ihn, doch bislang ist er mir nicht begegnet«, erwiderte Wendelin.
    Der Abt hob in einer hilflosen Geste die Hände. »Als Fanatiker des wahren Glaubens ist er davon beseelt, jede noch so geringe Abweichung zu verurteilen. Kramer bezeichnet jene bereits als Ketzer, die sich dem Hexenglauben verschließen und behaupten, es gäbe ihn nicht. Glaubt mir, dieser Mann hat in den zwei Tagen seiner Anwesenheit in unserem friedlichen Kloster Angst und Schrecken verbreitet. Und jede Erzählung
über ihn ist im Höchstfall nur halb so furchtbar wie der sogenannte Institoris selbst.«
    »Was ist über seinen Werdegang bekannt?«, fragte der Pater.
    »Seine Karriere begann schon früh im Dominikanerkonvent seiner Heimatstadt Schlettstadt, wo er auch das Grundstudium des Ordens absolvierte. Dann folgte ein Studium der Philosophie. Vor der Verbrennung des Waldenserbischofs Reiser zu Straßburg übte er sein Priesteramt als dessen Beichtvater aus. Später beteiligte er sich an der Verfolgung der Hussiten sowie an einigen Ritualmordprozessen gegen die Juden. Ehe er in Waldshut eine Hebamme als Hexe verbrannte.«
    Bei diesen Worten zuckte Pater Wendelin zusammen.
    »Dazwischen saß er einmal wegen Beleidigung Kaiser Friedrichs III. im Kerker. Die Haft wurde allerdings durch Führsprecher in Rom und Schlettstadt wieder aufgehoben. Im Frühjahr 1478 wurde er vom Papst selbst zum Inquisitor der ganzen oberdeutschen Region ernannt und durch den Ordensgeneral der Dominikaner in Rom zum Doktor der Theologie promoviert.« Nachdenklich legte Abt von Nordstetten die Fingerspitzen aneinander und presste die Zeigefinger an die Lippen, bis sie fast blutleer waren. Dann sagte er mit finsterer Miene: »Dieser Mann verfolgt sein Ziel mit unnachgiebiger Härte. Er ist äußerst gefährlich und, wie ich fürchte, durch nichts aufzuhalten.«
    »Dieser ganze Wahnsinn, was die Zauberweiber angeht, ist doch Unsinn. Nichts als Torheit!«, gab Wendelin aufgebracht zurück.
    »Eure Annahme beruht auf dem Canon episcopi «, erwiderte der Abt.
    Wendelin nickte. Auch er kannte die kirchenrechtliche
Verfügung, die jede Art der Zauberei sowie die Geschichten der Frauen, die behaupten, nachts im Schutz der heidnischen Göttin Diana weite Strecken im Flug zurückzulegen, als bloße Einbildung bezeichnete.
    »Doch ich habe nun erfahren«, fuhr von Nordstetten fort, »dass Heinrich Kramer täglich die von ihm selbst verfasste und durch Papst Innozenz bestätigte Hexenbulle Summis desiderantes affectibus zurückerwartet. Die päpstliche Urkunde gibt ihm das Recht, die im Verdacht der Hexerei stehenden Frauen ausfindig zu machen und sie zu bestrafen. Er bezeichnet die Verbindung mit dem Teufel als ein reales Geschehen. Schon jetzt pflastert er Kirchentüren und die Portale der Rathäuser mit den Abschriften seiner Ernennung zum päpstlichen Inquisitor!« Von Nordstetten war nicht entgangen, dass seinem Glaubensbruder die Farbe aus dem Gesicht gewichen war. »Wenn ich Euch raten darf, solltet Ihr uns bald wieder verlassen, denn auf seinem Rückweg aus Konstanz wird Kramer ganz sicher nochmals vor den Reliquien des heiligen Markus eine Zwiesprache mit Gott halten wollen. Solltet Ihr Institoris begegnen, würde ich vorschlagen, dass Jungfer Luzia ihr Haar sorgfältig bedeckt. Es ist besser, wenn man sich seiner Aufmerksamkeit entzieht, um sich nicht dem Zorn der Inquisition auszusetzen«, sagte Abt von Nordstetten abschließend und erhob sich.

18
    M it allergrößter Sorgfalt schob Klara jedes noch so kleine Härchen unter ihre Haube und strich die Schürze glatt,

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