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Seelenfeuer

Seelenfeuer

Titel: Seelenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Haller
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auf dass er leichtes Spiel mit uns hat«, zischte Kramer, während sein ekelerfüllter Blick ihr üppiges Dekolleté streifte.
    Klara fühlte sich unter Kramers Augen wie ein Insekt, das er jeden Augenblick unter seinen Sohlen zertreten würde. Sie knickste eilig und wollte sich schon abwenden, um sich endlich der bedrückenden Umgebung des Inquisitors entziehen zu können.
    Seine kalte Hand stieß aus dem Ärmel des Gewandes hervor und schloss sich wie eine eiserne Klammer um Klaras Unterarm. Er machte keine Anstalten, sie vorbeizulassen. »Meine Mahlzeit werde ich hier in der Abgeschiedenheit meiner Kammer einnehmen«, sagte er drohend und sah ihr in die Augen, bis sie ängstlich ihren Blick abwendete. »Und nun wünsche ich nicht mehr gestört zu werden, bis mich zur dritten Stunde ein Fuhrknecht zum Kloster hinunterbringen wird!« Er gab ihr Handgelenk so abrupt frei, dass Klara rückwärts taumelte. »Und jetzt geh! Halt, eines noch.« Seine Stimme war voller Verachtung. »Der Teufel fängt zwar mit einem Netz aus Frauenhaar die Seelen der Männer, aber ihre Brüste sind noch weitaus gefährlicher, sie sind geschaffen, um den Mann ins Verderben zu stürzen. Das Weib ist zutiefst verderbt und eine einzige Sünde. Merk dir das und kleide dich beim nächsten Mal züchtiger, sonst könnte man am Ende denken, du bietest deine Dienste auch in anderen Häusern an.«
    Heilige Maria Muttergottes! Alles, nur das nicht!, dachte Klara und errötete bis in die Haarspitzen, ehe Kramer sie endgültig entließ.

    Der glühende Schmerz, den die Lederpeitsche auf seinem mageren Fleisch hinterließ, zwang ihn auf die Knie. Noch zwei weitere Male ließ Bruder Heinrich die bereits blutgetränkten Knoten am Ende der Lederriemen auf seinen Rücken niedersausen, bevor er endlich Erleichterung verspürte. Allein der Schmerz war imstande, die sündigen Gedanken des Fleisches zum Schweigen zu bringen. Obwohl sich das unbändige Verlangen, das die Weiber in ihm auslösten, nur für kurze Zeit verbannen ließ, genoss Kramer die Leere, welche die Marter hinterlassen hatte.
    Großer Gott!, dachte er keuchend. Kein Wunder, dass der Teufel weitaus öfter die Weibspersonen heimsuchte. Sie waren leichtgläubig und in ihrem Wesen schwach, in ihrer Natur aber boshaft und hinterlistig. Die Frau war ein einziger Fehler der Natur. Sie besaß eine spitze, schlüpfrige Zunge und das feuchte, rosige Fleisch ihres Schoßes trieb die Männer ins Verderben. Der Weiber unstillbares Verlangen war der Tod eines jeden Mannes. In ihrer Begehrlichkeit und Unbeherrschtheit verlangte es die Frau nach immer mehr. Eine gute Frau hatte die Begierde ihres Fleisches besiegt. Aber die meisten Weiber waren schlecht, durch und durch.
    Später, als Kramer seine karge Mahlzeit zu sich nahm, entrollte er endlich den Brief, den Klara gebracht hatte.
    Ehrwürdiger Doktor Heinrich Kramer,
    in meiner Verzweiflung wende ich mich an Euch, dem das Amt des päpstlichen Inquisitors für ganz Oberdeutschland zuteilwurde. Ihr erinnert Euch sicher an mich, wir kennen uns bereits aus Waldshut, wo wir mit vereinten Kräften eine Hebamme der Hexerei überführen konnten.

    Heute benötige ich dringend Euren weisen Rat und Eure Unterstützung in Ravensburg. Wobei es sich diesmal ganz anders verhält, als das in Waldshut der Fall war.
    Luzia Gassner, um die es geht, wurde nicht durch ihre Unwissenheit oder durch ihre Leichtgläubigkeit vom Teufel heimgesucht, sie hat das Böse selbst herbeigerufen. Sie ist kein Opfer, sondern die Täterin. Als Hebamme opfert die Gassnerin die Neugeborenen, wie man es früher mit den Opfertieren getan hat. Sie verspricht die unschuldigen und noch ungetauften Seelen dem Satan. Ihr selbst sagtet, dass die Macht des Weibes nie gewaltiger ist, wie wenn es um die Frucht des Leibes oder die Lenden der Männer geht.
    Die Gassnerin besaß schon als Kind auffallend rotes Haar, und ihre ungezügelte Fragelust zeugte schon damals von den Versuchungen durch das Böse.
    Mittlerweile befindet sich die halbe Stadt im Bann dieses rothaarigen Weibes. Selbst Personen von Rang wie der Bürgermeister und einige Räte zählen dazu. Nicht zu reden vom Stadtmedicus, ihm hat die Gassnerin völlig den Verstand vernebelt und ihn zur Unzucht gezwungen.
    Zu guter Letzt sehe ich die Hebamme Luzia Gassner auch als die Verantwortliche für das schwere Unwetter, das im Weidemond über Ravensburg und das gesamte Schussental niedergegangen ist und alles zermalmte, auf dass der Boden selbst

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