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Seelenfeuer

Seelenfeuer

Titel: Seelenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Haller
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sie zu ihrem Wagen begleitete.
    »Was führt Euch noch so kurz, bevor die Tore schließen, in unsere Stadt?«
    »Vor Euch steht die neue Hebamme«, klärte Matthias den Hauptmann auf.
    »Meine Mutter ist erst vor kurzem gestorben, und ich trete ihre Nachfolge an«, ergänzte Luzia und ließ ihr Tuch wieder auf die Schultern gleiten.
    »Ja, ich weiß, ich kannte Eure Mutter. Es tut mir sehr leid, dass sie schon so früh verstorben ist. Jungfer Gassner, darf ich Euch mein aufrichtiges Beileid aussprechen«, sagte Feldmann und drückte Luzias Hand.
    »Ich danke Euch für Euer Mitgefühl und für die Rettung vor Eurem unverschämten Kollegen.«
    »Um ihn solltet Ihr einen großen Bogen machen. Aber jetzt erst einmal herzlich willkommen in Ravensburg.«
    Luzia trat einen Schritt vor. »Hauptmann, würdet Ihr Euch auch dieser armen Leute annehmen. Euer ungehobelter Kollege
hat ihnen den Zugang zur Stadt verwehrt und nebenbei ihre Ernte mit seiner Hellebarde verwüstet.«
    Der Hauptmann sah sie lange an. »Es ist mir eine Ehre, Euch einen Wunsch zu erfüllen«, sagte er dann.
    Als sie das Tor passierten, entdeckte Luzia ihren Kater. Nepomuk schien auf sie gewartet zu haben. Sie streckte die Hand nach ihm aus. »Du hast gleich gewusst, dass der Kerl ein Scheusal ist!«
    Als neben ihr geräuschvoll ausgespuckt wurde, erschrak sie. Sie wandte den Kopf und sah Berthold, der sich in eine Nische drückte. Hasserfüllt starrte er sie an und rieb sich in einer zutiefst anstößigen Geste an seiner Hellebarde.
    Ich habe mir einen mächtigen Feind in Ravensburg gemacht, dachte Luzia sorgenvoll.

5
    S obald Luzia am nächsten Morgen, nach der etwas gequälten Verabschiedung von Matthias und nach der Morgensuppe mit ihrem redseligen Onkel, etwas Zeit erübrigen konnte, betrat sie den Innenhof der Apotheke. Niemand würde ein solches Kleinod inmitten der Stadt vermuten, aber Luzia konnte sich auch nach den vielen Jahren, in denen sie nicht mehr hier gewesen war, noch gut an den Garten erinnern. Die alte Linde stand noch genau in der Mitte. Noch größer als vor einigen Jahren beherrschte sie den Garten. In den Ecken gediehen Wachholder, eine Eibe und ein verwilderter Holunder. Auf Perchtas heilige Pflanzen muss ich also auch hier nicht verzichten, dachte Luzia erleichtert.
    Die Kiste von Pater Wendelin hatte Matthias am Vorabend auf den kleinen Tisch unter der Linde gestellt. Luzia wollte keine Zeit verlieren, die Pflanzen mussten schleunigst in die morgenfeuchte Erde. Sie kniete sich vor das mit einer niedrigen Buchshecke umgebene Beet in der südlichen Ecke des Gartens. Kurz entschlossen riss sie die verblühten Ringelblumen gemeinsam mit dem sie umgebenden Unkraut heraus. Zwischen die letzten Seiten des Pflanzenbuches hatte Pater
Wendelin die gekürzte Abschrift des Hortulus geschoben, die sie nun entfaltete, obwohl sie das Lehrgedicht auswendig kannte und genau wusste, wo sie die einzelnen Pflanzen einsetzen musste.
    Sie begann mit dem Salbei, den Walahfrid Strabo als Erstes nannte, gefolgt von Muskatellersalbei, Liebstock und Frauenminze. Durch die Fahrt waren ein paar Blättchen umgeknickt. Luzia entfernte sie ganz vorsichtig. Dann legte sie einen Setzling nach dem anderen in die Erde. Voller Wehmut ließ Luzia ihre Gedanken schweifen. Der würzige Duft der Kräuter mischte sich mit dem tiefen Aroma des feuchten Erdreichs. Sie sah Pater Wendelin vor sich, wie er in seinem schwarzen Habit vor ihr stand und sie unermüdlich die lateinischen Bezeichnungen der einzelnen Pflanzen abfragte. Seine warmen Augen glänzten vor Lehrerstolz. Als ihr Mund trocken wurde und ihr Herz zu schmerzen begann, vermischte sich die Erde mit ihren Tränen. Sie vermisste ihren weisen Lehrer, den väterlichen Freund und geistigen Mentor sehr. Stets hatten die wunderbaren Gespräche ihren Geist genährt und ihrer Seele Flügel verliehen. Schnell wischte sie die Tränen fort. Basilius sollte nicht sehen, wie sie weinte.
    Luzia setzte Andorn, Schlafmohn und Katzenminze. Von dem verführerischen Duft angelockt, sprang Nepomuk durch die offene Tür in den Innenhof. Er streifte genießerisch um die kleine Pflanze herum, ehe er sich wieder aus dem Staub machte.
    Als alle Pflänzchen eingesetzt waren, hob sie die leere Holzkiste vom Tisch herunter. Sie war schwer, und doch hatte Matthias sie ohne jede Mühe getragen. Matthias, der die Sonne in ihrem Herzen gewesen war … Durch die Umarmung
zum Abschied hatte Luzia seine Trauer gespürt, wie ein Leichentuch hatte

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