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Seelenfeuer

Seelenfeuer

Titel: Seelenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Haller
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gehabt. Doch in Luzias Erinnerung zählten die Stunden im Kerker zu den bittersten, die sie bisher in Ravensburg erlebt hatte. Was dachte sich ihr Onkel dabei, sie jetzt mit Vorwürfen zu überschütten? Eine hilflose Wut stieg in ihr auf und brachte ihr rotes Haar zum Knistern.
    »Aber …«, begann sie voller Ungeduld und stemmte die Hände in die Hüften.
    »Es gibt kein Aber«, schnitt er ihr das Wort ab. »Und jetzt schweig! Ich bin noch nicht fertig!«
    Luzia hatte ihren Onkel noch nie so zornig gesehen. Seine Augen traten fast aus den Höhlen, was durch die Augengläser, durch die er sie jetzt ansah, noch verstärkt wurde. Dazu pulsierte die dicke, blaue Ader entlang seines Halses bedrohlich.
    »Du hast nicht nur den möglichen Tod der Vögelin hingenommen, nein«, Basilius hob wie auf einer Bühne die Arme und fuchtelte mit ihnen herum, während er ihren Tonfall nachahmte: »Du warst nicht bereit, ihr Leiden zu verlängern.«
    Luzia erstarrte, als sie ihre eigenen Worte hörte, doch im nächsten Augenblick kehrte das Gefühl, nichts Unrechtes getan zu haben, zurück. Zornig reckte sie ihr Kinn vor und funkelte ihren Onkel an.
    »Ich hatte keine andere Wahl …«
    »Du bist jetzt still und hörst dir an, was ich zu sagen habe!«, fiel ihr der alte Mann abermals ins Wort. »Im Anschluss hast du noch genug Zeit, etwas zu deiner Verteidigung vorzubringen.«
    »Einer Verteidigung bedarf es gewiss nicht, denn meine Entscheidung war die einzig richtige!«, schrie Luzia aufgebracht, bevor sie wütend ihre Unterlippe vorschob und sich notgedrungen anhörte, was ihr Onkel zu sagen hatte.
    »Ist dir eigentlich klar, dass du mit deinem Handeln nicht nur den Rat der Stadt gegen dich aufgebracht hast, sondern auch dem Henker zwei Pfund schuldest?«
    Die Worte des Onkels trafen sie wie Hammerschläge. Aber sie hatte doch nur einem unschuldigen Kind helfen wollen, sagte sich Luzia. Dagegen konnte Basilius doch wohl nichts vorbringen! Plötzlich wurde ihr bewusst, was ihr Onkel eben zu ihr gesagt hatte. Er hatte die Worte wiederholt, die sie im Kerker zu Berta Vögelin gesagt hatte. Also hatte sie jemand verraten. Aber wer? Michel konnte es nicht gewesen sein, denn bevor sie an jenem Tag den Kerker verlassen hatten, waren sie sich einig gewesen, was sie sagen wollten: Für Berta hatten sie nichts mehr tun können, sie war bereits tot gewesen. Es war ihnen lediglich gelungen, den kleinen Vinzenz zu retten, den Luzia gleich im Anschluss in die Obhut der Franziskanerinnen gegeben hatte.
    Während alle Erinnerungen an diese schwarze Nacht zurückkamen,
überfiel sie die plötzliche Angst, einen verhängnisvollen Fehler gemacht zu haben. Und statt ihr beizustehen, machte Basilius ihr auch noch Vorwürfe.
    »Was hättest du denn an meiner Stelle getan, als Michel vor der Tür stand und von der bevorstehenden Geburt einer Gefangenen berichtete?«, fauchte sie aufgebracht und stapfte zum anderen Ende der Apotheke. Von dort aus schrie sie ihn weiter an. »Ein solch barbarisches Verhalten hätte ich nie hinter dir vermutet. Sonst ist dir die Nächstenliebe doch immer heilig! Ich hasse, wie du mit zweierlei Maß misst!«
    »Luzia! Jetzt gehst du aber …«
    Luzia schnitt ihm das Wort ab. »Wärst du in der Gewissheit schlafen gegangen, dass sich ein Mensch zu Tode quält, während du ihm hättest helfen können?« Sie wollte sich abwenden.
    »Du bleibst jetzt hier, ich bin noch nicht fertig!« Mit diesen Worten griff Basilius nach Luzias Arm, um ihre Flucht zu verhindern.
    Mit seiner Berührung erfasste eine Welle der Sorge ihr Herz und trieb ihr die Tränen in die Augen. Basilius hatte furchtbare Angst um sie. Sein ungehaltenes Gehabe entsprang einzig seiner Furcht, und im Grunde wusste er, dass er an ihrer Stelle nicht anders gehandelt hätte.
    »Glaub mir, ich kann sehr gut verstehen, dass du Michels Ruf gefolgt bist. Schließlich ließ dir dein Herz keine andere Wahl, aber damit hast du dich in große Gefahr gebracht. Manchmal haben die Wände Ohren. In diesem Fall waren es die von Schwarzenberger, und ihn gegen dich zu wissen, bereitet mir mehr Sorge als alle Vorwürfe seitens des Rats oder der Klage des Henkers«, sagte Basilius und streichelte
über Luzias Haar. »Den entgangenen Lohn habe ich Meister Ungelehrt bereits heute Morgen ersetzt, und was den Rat angeht, hast du in Burkhard Ettenhofer einen mächtigen Fürsprecher. Nicht jeder kann sich der Gunst des Bürgermeisters gewiss sein. Aber Schwarzenbergers Klage kannst du

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