Seelenflüstern (German Edition)
Zyklus.«
Seine Antwort überraschte mich. »Und du? Hattest du schon mal andere Freundinnen?«
Noch immer drehte er mir den Rücken zu. »Nein.«
Dass es für ihn nie andere Mädchen gegeben hatte, konnte ich nicht glauben. »Nein?«
Er drehte sich um und sah mich eindringlich an. »Ich bin dein Wächter. Sobald du erscheinst, bin ich nur noch für dich da. Dabei darf ich mich nicht ablenken lassen. Ich muss immer gut auf dich aufpassen, sonst ist dein Leben in Gefahr. Meine Aufgabe ist es, die Seelenhülle zu schützen. Nur dafür lebe ich.«
Das sagte er mit solchem Nachdruck, dass mein Herz anfing, wie wild zu hämmern. Das Blut rauschte mir in den Ohren. »Nervt dich das denn gar nicht?«
»Überhaupt nicht.« Lächelnd setzte er sich wieder zu mir aufs Sofa.
Ich traute mich, zurückzulächeln und ein wenig näher zu ihm zu rücken. »Und was machen wir jetzt?«
Sein Blick streifte meine Lippen; dann schaute er mir wieder in die Augen. Er streckte die Hand nach mir aus, und eine Sekunde lang glaubte ich, er würde mich an sichziehen. Aber er strich mir nur das Haar hinter die Schulter. »Ich bringe dir bei, wie du den Gestrandeten helfen kannst.«
»Lieber nicht. Mir kommt das alles ziemlich gaga vor.«
»Dafür gibt es keinen Grund. Es ist ganz natürlich.«
»Natürlich?« Ich stand auf und fing an, hin und her zu gehen. »Was soll denn daran natürlich sein? Du bewachst mich wie ein persönlicher Bodyguard, und damit kein wild gewordener Geist meine Seele aus meinem Körper schmeißt, hast du keinen eigenen Willen und musst dich ganz nach meinen Stimmungen richten. So war es doch, oder? Und das nennst du natürlich?«
Alden hatte die Arme über die Sofalehne gelegt, saß ganz entspannt da und wirkte dabei ziemlich selbstsicher und gelassen. »Ich habe jede Menge eigenen Willen. Dass ich dein Wächter bin, habe ich mir nämlich ausgesucht und auch, dass du die Führung hast. Ich überlasse dir die Entscheidung, wie wir in jedem einzelnen Leben vorgehen. Und zwar, weil ich es so will.«
Ich starrte ihn mit offenem Mund an. »Wie kann ein Typ, der es mit den fiesesten Monstergeistern aufnimmt, bloß so ein Waschlappen sein?«
»Ich bin kein Waschlappen.« Er beugte sich vor. »Und das zeige ich dir gern. Lass mich noch mal rein, dann verstehst du mich besser.«
»Das tut aber weh.«
Er stand auf und nahm meine Hände. »Viele Dinge tun weh. An die Schmerzen beim Eindringen einer anderen Seele gewöhnst du dich schnell. Manchmal ist Schmerz sogar gut, denn er zeigt dir, dass du lebst. Und eins ist richtig cool: Ich kann dir beim Seeleneinen meine Erinnerungen zeigen.«
Vielleicht bekam ich meine Erinnerungen ebenfalls zurück,wenn ich seine sah. »Warum weiß ich eigentlich nichts mehr von früher, Alden?«
Er ließ meine Hände los und vergrub seine in den Taschen. »Keine Ahnung.« Er starrte zu Boden. »Du warst ewig lange weg. Vielleicht leidet dein Gedächtnis, wenn zwischen den Lebenszyklen zu viel Zeit vergeht.« Er sah mich an. »Bitte, Lilian. Lass mich noch mal in dich.«
Unsicher kaute ich an meiner Unterlippe. »Kannst du mir Bilder aus früheren Leben zeigen? Kannst du mir … mich zeigen?«
»Aber sicher.«
N E U N
I ch konnte selbst kaum glauben, dass ich Alden erlaubt hatte, seine Seele noch einmal in meinen Körper zu schicken. Aber ich war furchtbar neugierig und wollte mir die Chance, mich in einem früheren Leben zu sehen, auf keinen Fall entgehen lassen. Nervös winkte ich ihn neben mich.
Er setzte sich ganz nahe zu mir, berührte mich aber nicht. »Wenn du locker bleibst und mir vertraust, tut es fast nicht weh.«
»Ich wette, das sagst du allen Mädchen.« Der Scherz war ein lahmer Versuch, meine Angst zu verbergen. Alden wurde rot und sah zur Seite.
»Uuups. Bist du etwa verlegen?«
Seine Wangen färbten sich noch dunkler, und ich musste lachen. »Tatsächlich! Du bist rot geworden!«
Nur ganz kurz sah er mich an, dann starrte er wieder auf die Armlehne des Sofas.
»Ich bin bloß überrascht, sonst nichts. Du hörst Doppeldeutigkeiten, du machst Anspielungen und Witze. Du kannst sogar richtig albern sein. Das ist neu.«
Neu? Noch immer konnte ich mich nicht an den Gedanken gewöhnen, dass er mich bereits aus früheren Leben kannte.
»Heißt das, ich war bisher immer eine langweilige Trantüte?«
»Nein. O nein. Langweilig nie. Bloß sehr ernsthaft. Dein Job war dir sehr wichtig, und du hast dich exakt an die Regeln gehalten. Du warst die beste
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