Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenflüstern (German Edition)

Seelenflüstern (German Edition)

Titel: Seelenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Lindsey
Vom Netzwerk:
infrage.« Ich knüllte meine Serviette zusammen und warf sie in den Müll. »Das mach ich nicht.«
    »Augenblick.« Mit einem Schritt war Alden bei mir. »Bitte hör mir zu.« Er berührte meinen Ellbogen und sofortlief wieder das rätselhafte Entspannungsprogramm in mir ab.
    Ich riss den Arm weg. »Lass das. Was immer du da tust … hör auf damit.«
    Er hob die Hände und wich zurück. »Okay. Ich versuche nur, dir zu helfen, Lilian. Es steht ziemlich viel auf dem Spiel. Die Stimmen und ein paar Wunden und Kratzer von einem Aggrot sind erst der Anfang.« Alden fuhr sich durchs Haar. »Dass du genervt und durcheinander bist, verstehe ich. Die Sache ist für uns beide ziemlich kompliziert, weil du dich nicht an deine vergangenen Leben erinnerst. Aber wenn du dir von mir helfen lässt, kriegen wir das hin. Bitte.«
    Ich lehnte mich an den Türrahmen. Alden meinte es ernst. Er hatte irgendetwas an sich, das ihn anders machte – anders als jeden, den ich sonst kannte. Und so ungern ich es zugab, er faszinierte mich.
    »Okay«, sagte ich. »Erzähl weiter. Aber gefallen tut mir das alles überhaupt nicht.«
    Er folgte mir ins Wohnzimmer. Dort spazierte er von einer Ecke in die andere und sah sich Fotos und Erinnerungsstücke an. Dass er sich ungebeten so genau umschaute, gab mir das Gefühl, fast nackt dazustehen. So verlegen machte Zak mich nie. Alden nahm ein gerahmtes Foto aus dem Bücherregal. Das Bild zeigte mich als Drittklässlerin. Ugh . Weshalb hatte er sich ausgerechnet dieses aussuchen müssen? Am Tag, bevor der Schulfotograf gekommen war, hatte ich mir selbst die Haare geschnitten. Mein Pony stand in die Höhe, als hätte ich in eine Steckdose gegriffen.
    »Süß«, sagte er.
    Ich verdrehte die Augen.
    Alden sog die Luft ein. »Das Haus riecht wie du.«
    Ich stemmte die Hände in die Hüften. »Wie soll ich das nun wieder verstehen?«
    »Du hast einen ganz unverwechselbaren Geruch. Und wir sind schon so lange zusammen, dass ich dich überall daran erkennen würde.«
    Das ging eindeutig zu weit. Würde er mich als Nächstes vielleicht auch noch beschnüffeln? »Okay. Ich glaube, wir brechen hier ab.«
    »Nein. Moment. Bleib cool. Das war ein Kompliment. Du riechst gut. Und das mit dem Geruch habe ich mir nicht ausgedacht. Das gehört mit zum Wächter-Seelenflüsterer-Programm. Sorry.« Er ließ sich aufs Sofa fallen. »Komm setz dich zu mir.« Alden klopfte auf das Polster neben sich.
    Ich ließ mich in sicherem Abstand auf dem Stuhl auf der anderen Seite des Couchtischs nieder.
    »Das ist nicht gut. Es auf dem Stuhl zu machen, wird ziemlich schwierig. Auf dem Sofa geht es viel besser.«
    Ich stand auf. »Das reicht. Wir sind fertig.«
    »Uuups. Okay. Du bleibst auf dem Stuhl, ich bleibe hier. Ich spreche nicht von Sex. Es geht darum, dich zu beschützen und am Leben zu halten.« Er beugte sich vor. Sein Ton war leise und eindringlich. »Du sollst doch bloß deinen Körper mit meiner Seele teilen. Mehr nicht.« Seine seltsamen Augen hatten etwas Hypnotisches. »Bitte, lass mich es dir zeigen. Dann verstehst du auch alles andere.« Er stand auf und streckte mir die Hand hin. »Es ist leichter, wenn du mich dabei berührst. Ohne Kontakt kann es … unangenehm sein.«
    Ich legte die Hand in seine. »Bringen wir’s hinter uns, Geisterboy.«
    »Okay. Ich nehme das als Zustimmung.« Er atmete tief ein, schloss die Augen und runzelte konzentriert die Stirn.Sein Haar war zwar blond, doch seine langen Wimpern schimmerten nahezu schwarz. Warum hatten Jungs immer die tollsten Wimpern? Er öffnete die Augen und sah mir direkt ins Gesicht.
    »Raus«, flüsterte er.
    Aldens Blick wurde glasig; mein Magen krampfte sich zusammen. Fast gleichzeitig hatte ich das Gefühl, als würde jemand meine Eingeweide zerreißen. Ich schrie. Die Angst war so schlimm wie der Schmerz, und der Schmerz war wirklich heftig. Er fühlte sich an, als würde siedend heißes Wasser in mich gegossen, das sich von der Brust bis zu den Zehen und in die Fingerspitzen ausbreitete. Ohne es zu wollen, schrie ich immer weiter, hörte aber plötzlich meine eigene Stimme nicht mehr.
    Hör auf, Lilian. Bleib locker. Den schwierigsten Teil haben wir geschafft, versicherte Alden mir. Hör mir zu. Ich bin drin. Gleich tut es nicht mehr weh. Hör auf!
    Er schien in meinem Kopf zu sprechen. Aber das war gar nicht möglich, weil er ja direkt vor mir stand. Doch was Alden gesagt hatte, stimmte genau. Die Schmerzen hörten auf.
    Siehst du? Jetzt ist alles okay.

Weitere Kostenlose Bücher