Seelenflüstern (German Edition)
sein dichtes seidiges Haar, und bevor ich wusste, was ich tat, küsste ich ihn auf den wunderschönen Mund. Und zwar nicht gerade sanft oder zurückhaltend.
Alden fing plötzlich an zu lachen. Verlegen und erschrocken zuckte ich zurück.
»Wolltest du nicht, dass wir Freunde sind?«, sagte er. Seine Augen blitzten. »Dann war das wohl freundschaftlich gemeint.«
F Ü N F Z E H N
H irnverbrannt, dachte ich, während Alden sich noch schieflachte. Wie konnte man sich nur so wenig im Griff haben? Diese Kussattacke war alles andere als freundschaftlich gewesen. »Es tut mir leid, Alden. Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist«, murmelte ich. Plötzlich musste ich an Zak denken und fühlte mich gleich noch viel elender.
»Kein Problem, Lilian. Unter Freunden kann so was schon mal passieren.«
Veräppelte er mich jetzt auch noch? Am liebsten wäre ich unters Sofa gekrochen. Aber das konnte ich nicht tun. Also ging ich zur Tür und ließ Spook herein. Sie sprang auf Aldens Schoß und leckte ihm das Gesicht ab.
»Siehst du, Lilian? Spook und ich sind auch nur Freunde, und sie küsst mich öfter so.«
Falls er glaubte, dass mir meine Aktion deshalb weniger peinlich war, lag er komplett falsch. Spook bellte und wedelte mit dem Stummelschwanz. Er war so kurz, dass sie mit ihrem gesamten Hinterteil wackeln musste, um zu zeigen, wie freundschaftlich sie es meinte. Diese schnuckelige Junge-Hund-Kombination war einfach unwiderstehlich. Trotz aller Verlegenheit musste ich lächeln.
Alden tätschelte Spook, setzte sie auf den Boden, standauf und streckte sich. »Du hast das wirklich gut gemacht, Lilian. Wie fühlst du dich jetzt?«
Abgesehen davon, dass ich mich fast zu Tode schämte, weil ich über ihn hergefallen war? »Gut. Es war nicht so schlimm, wie ich dachte.«
»Musst du gleich nach Hause, oder hast du Lust, noch mit mir essen zu gehen?«
Er wollte trotz allem mit mir weggehen? »Ehm. Das wäre super. Ich bin am Verhungern.«
»Prima.« Er musterte mich von oben bis unten. »Oh. Moment. Planänderung. Vielleicht rufe ich doch lieber den China-Service an.«
Ich betrachtete das Schlabberhemd und die zu lange Jogginghose. »Soll das heißen, meine nassen Schulsachen oder diese alten Sportklamotten sind kein Mode-Must-Have?« Wie ein Model auf dem Catwalk stakste ich durchs Wohnzimmer und stolperte bei der Drehung fast über die Hosenbeine.
Alden applaudierte. »Gekauft. Ich nehme die ganze Kollektion. Du siehst toll aus. Ehrlich. Aber ich glaube, für die Restaurants in der Gegend bist du absolut overdressed. Nudeln oder lieber gebratenen Reis?«
»Reis.«
»Frühlingsrolle?«
»Gerne.«
»Spezielle Wünsche?«
Ich setzte mich wieder hin. »Nein. Bestell einfach, was du magst.« Alden starrte mich an. »Was ist?«, fragte ich.
»Nichts. Es ist nur ziemlich einfach, mit dir auszukommen.«
»Weshalb? Weil ich fast alles esse?«
»Nein. Du bist so … anders.«
Rose wieder. »Tut mir leid.«
»Aber warum denn, Lilian?« Er setzte sich neben mich.
Darauf fiel mir keine intelligente Antwort ein. Alden sah mich so lange an, dass mir ganz heiß wurde. Dann schüttelte er den Kopf und rief das Chinarestaurant an. Ich war froh, dass er nicht weiterbohrte. Wie sollte ich ihm auch erklären, dass ich eifersüchtig war. Auf mich selbst.
Alden konnte mit Stäbchen essen wie ein waschechter Chinese. Ich gab den Versuch ziemlich schnell auf und nahm eine Gabel. Gemeinsam putzten wir alles weg, was er bestellt hatte. Sogar die vier Glückskekse.
»Was machen wir denn jetzt mit Suzannes Bild?«, fragte ich.
Alden warf die Verpackung der Glückskekse in den leeren Essensbehälter in meiner Hand. »Wir bringen es ihrer Mutter, und ihrer Schwester sagen wir, wo das lilafarbene Stofftier ist.«
»Mr. Jinx. Aber wie finden wir die Mutter?« Ich warf die leeren Chinakartons in den Küchenmülleimer.
»Wir wissen, wie das Krankenhaus heißt und wo die Vorschule ist. Hat Suzanne dir auch ihren Nachnamen verraten?«
Ich setzte mich wieder zu Alden aufs Sofa. »Ja. Sie heißt Lawrence. Suzanne Lawrence. Gestorben ist sie an Krebs. Ihre kleine Schwester ist drei; Suzanne war fast fünf. Ihre Mom würde Suzie heißen, sagte sie. Wahrscheinlich also auch Suzanne. Und dann gibt es noch Fluffy, einen Hund. Und der Stoffkater trägt den Namen einer Katze, die gestorben ist, als Suzanne noch ganz klein war.«
»Wow. Du hast wirklich einiges aus ihr herausbekommen. Und wo ist Mr. Jinx jetzt?«
»In einer
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