Seelenflüstern (German Edition)
dran.«
Mit einem Sprung war ich an der Tür. »Mom ist sicher stinksauer!«
Alden schlüpfte in seine Schuhe. »Nicht so sauer, wie wenn sie dich vor einer Stunde in Handschellen gesehen hätte.«
Mom hielt uns gleich an der Tür eine Strafpredigt, beschloss dann aber, mir keinen Hausarrest zu verpassen,weil Alden alle Schuld für unsere Verspätung auf sich nahm.
Ein paar Minuten später änderte sie ihre Meinung allerdings beinahe wieder, weil ich einen hysterischen Kicheranfall bekam, als sie mir sagte, sie hätte vor lauter Sorge um mich fast bei der Polizei angerufen.
Kaum war Alden weg, hielt Zak vor unserem Haus.
Mein Magen verknotete sich. Ich hatte völlig vergessen, ihn anzurufen. Die Cops hatten mir zwar mein Handy zurückgegeben, aber eingeschaltet hatte ich es nicht. Mit einem ziemlich mulmigen Gefühl rannte ich zu Zak hinaus.
»Es tut mir so leid, Zak«, war das Erste, was ich sagte. Er sprang aus dem Wagen.
»Das kannst du dir sparen, Lilian!« Er stürmte auf mich zu.
Instinktiv wich ich zurück.
»Du hast mich angelogen«, schrie er.
Ich vergrößerte den Abstand zwischen uns vorsichtshalber noch ein bisschen. »Zak, ich …«
Ein paar Meter entfernt blieb er stehen. Das war gut, denn ich wollte außer Reichweite bleiben. »Ich habe ihn gesehen. Er hat dich hergefahren. Und du hast behauptet, du würdest Hausaufgaben machen. Was hast du denn dabei gelernt? Etwas über die Funktionsweise des menschlichen Körpers?«
Nervös versuchte ich den Abstand zur Haustür einzuschätzen und ging ein paar Schritte Richtung Veranda. »Du machst mir Angst, Zak.«
Plötzlich war er bei mir, packte mich an den Schultern und kam mit seinem Gesicht ganz dicht an meines heran. Sein Atem roch nach Alkohol. »Glaubst du, ich würde dir wehtun? Das könnte ich nie, Lilian. Aber du hast mir wehgetan.«
Ich blieb ganz ruhig stehen. Es war nicht meine Absicht, ihn provozieren. »Das wollte ich nicht.«
Er packte nicht mehr ganz so fest zu. »Du hast nicht angerufen, obwohl du mir geschrieben hast, du würdest es tun. Als ich dich später angerufen habe, bist du nicht rangegangen, und auf meine SMS hast du auch nicht geantwortet.«
»Mein Handy war aus.«
Er schubste mich weg. »Das ist eine ziemlich müde Ausrede.«
Ich stolperte, fing mich aber wieder, rannte die Verandastufen zur Haustür hinauf und legte die Hand auf den Türknauf. »So läuft das nicht, Zak.« Meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
»Da hast du völlig recht. Aber jetzt ist er weg. Sag mir, dass er weg ist.« Er polterte die Verandastufen hinauf.
Ich hob die Hand. »Stopp!« Wie festgewachsen blieb er auf der oberen Stufe stehen. »Wir können so nicht reden, und so geht das nicht mit uns. Wir …«
Er stapfte die Treppe wieder hinunter. »Nein!«, schrie er. »Du machst nicht mit mir Schluss. Das lasse ich nicht zu.«
Mom öffnete die Tür und kam heraus. »Was ist denn hier los?«
»Alles okay, Mom. Zak wollte gerade gehen.«
»Nichts ist los«, brüllte Zak. Mit der Faust donnerte er auf die Motorhaube seines Wagens. »Gar nichts. Du gehörst mir, und er ist weg. Stimmt’s, Lilian?«
»Du und ich, wir können nicht zusammen sein. Es ist vorbei, Zak«, schrie ich. Doch er hatte die Autotür schon zugeknallt und den Motor aufheulen lassen.
E I N U N D Z W A N Z I G
A m nächsten Tag holte Alden mich für den angeblichen Arzttermin um zehn Uhr von der Schule ab. Ich rutschte auf den Beifahrersitz und klopfte auf meine Oberschenkel – als Einladung für Spook.
»Danke, Alden. Das war Rettung in letzter Sekunde. Die anderen schreiben jetzt einen Mathetest.«
Spook verließ ihren Platz zwischen Alden und dem Lenkrad und sprang über die Konsole zu mir.
»Dann hat unser Ausflug ja wenigstens ein Gutes«, seufzte Alden. Ich spürte, wie nervös das bevorstehende Treffen ihn machte, und mir wurde ganz mulmig. »Alles wird gut, Lilian. Ich wollte nicht so pessimistisch klingen. Aber ich bin todmüde. Der Schreibkram für Georgias Fall musste unbedingt fertig werden, damit wir die Punkte noch vor unserem Termin heute auf dem Konto haben.«
»Vielleicht hätte ich mich zu Hause rausschleichen und dir helfen sollen.« Ich kraulte Spook unter dem Kinn.
»Seelenflüsterer machen keine Schreibarbeiten.«
»Ja, richtig. Für solche niederen Tätigkeiten sind unsere persönlichen Dienstsklaven zuständig. Mit so was geben wir uns nicht ab«, sagte ich.
»Aber du hast auch nicht allzu viel geschlafen, Lilian,
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