Seelengesaenge
selbstverständlich nicht physisch mit den drei anderen edenitischen Geheimagenten im Habitat treffen. Sie konferierten per Affinität miteinander, und dann machten sich Samuel und eine Kollegin namens Tringa zum Raumhafen auf. Samuel charterte ein Raumschiff, das ihn zu den Dorados bringen sollte, während Tringa mit einem weiteren Schiff zum Jupiter flog, um den Konsensus zu warnen.
Das gleiche oder ein zumindest sehr ähnliches Szenario spielte sich bei den acht restlichen Geheimdiensten verschiedener Nationalitäten ab, die allesamt mit der Observation von Dr. Alkad Mzu beauftragt waren. In jedem einzelnen Fall wurde entschieden, daß die dringlichste Aufgabe darin bestand, die jeweiligen Geheimdienstchefs zu informieren, drei der Dienste schickten wie die ESA, die KNIS und die Edeniten ihre Agenten zu den Dorados, um dort nach Alkad Mzu Ausschau zu halten.
Die Charterbüros am Raumhafen, für die seit der Nachricht von Latons Existenz magere Zeiten angebrochen waren, stellten einen plötzlichen und ganz und gar unerwarteten Anstieg von Buchungen fest.
– Du mußt jetzt entscheiden, ob du ihnen erlauben wirst, ihre Heimatplaneten zu benachrichtigen, sagte Tranquility. – Wenn die Nachricht nämlich einmal nach draußen gedrungen ist, kannst du die weiteren Ereignisse nicht mehr kontrollieren.
– Das habe ich auch vorher nicht, erwiderte Ione. – Ich war höchstens der Schiedsrichter, der für ein faires Spiel gesorgt hat.
– Nun, dann hast du jetzt die Chance, von deinem Stuhl herabzuklettern und am Spiel teilzunehmen.
– Führe mich nicht in Versuchung. Ich habe im Augenblick genügend Probleme mit der Realitäts-Fehlfunktion der Laymil. Wenn mein lieber Großvater Michael recht behalten sollte, dann wird sich diese Fehlfunktion als weit schwerwiegender herausstellen als Dr. Mzus Alchimist.
– Ich stimme dir zu. Trotzdem möchte ich gerne wissen, ob ich den Geheimagenten gestatten soll, Tranquility zu verlassen?
Ione öffnete die Augen und blickte durch das Fenster nach draußen, doch das Wasser war inzwischen pechschwarz, und es war nichts mehr zu sehen außer einer schwachen Reflexion ihres Spiegelbildes im Glas. Zum ersten Mal im Leben bekam sie eine Vorstellung von dem, was Einsamkeit wirklich bedeutete.
– Du hast immer noch mich, versicherte ihr Tranquility sanft.
– Ich weiß. Aber du bist auf gewisse Weise ein Teil von mir. Es wäre schön, wenn ich mich hin und wieder an die Schulter eines anderen Menschen lehnen könnte.
– Du meinst nicht zufällig jemanden wie Joshua?
– Sei nicht so gemein.
– Es tut mir leid. Warum bittest du nicht Clement, dich in deinem Appartement zu besuchen? Er macht dich doch glücklich.
– Du meinst, er macht es mir im Bett.
– Ist das vielleicht etwas anderes?
– Ja, aber bitte mich nicht darum, es dir zu erklären. Es ist einfach so, daß ich im Augenblick mehr brauche als nur körperliche Zufriedenheit. Ich muß weitreichende Entscheidungen treffen. Sie könnten das Schicksal von Millionen von Menschen beeinflussen, von Hunderten von Millionen.
– Du hast gewußt, daß diese Zeit kommen würde, seit du geboren wurdest. Du wurdest nur aus diesem einen Grund geboren.
– Wie die meisten Saldanas, ja. Sie treffen jeden Tag vor dem Mittagessen ein Dutzend derartiger Entscheidungen. Ich bin anders. Ich glaube, das Arroganz-Gen meiner Familie ist nicht aktiv in mir.
– Wahrscheinlich leidest du eher an einer hormonellen Unausgeglichenheit. Ich denke, es ist deine Schwangerschaft. Sie läßt dich zaudern.
Ione lachte laut auf, und das Echo hallte durch den großen Raum. – Du verstehst den Unterschied zwischen deinen und meinen Gedankenprozessen wirklich nicht, oder?
– Ich denke schon.
Ione hatte die alberne Vision von einer zwei Kilometer langen Nase, die indigniert gerümpft wurde. Ihr Lachen verwandelte sich in ein Kichern. – Also schön, in Ordnung. Kein Zaudern mehr. Laß uns logisch zu Werke gehen. Wir haben Mist gebaut, und Dr. Mzu konnte entkommen. Inzwischen ist sie wahrscheinlich auf dem Weg, Omutas Stern auszulöschen. Du und ich besitzen ganz bestimmt nicht die Ressourcen, die der ESA und den übrigen Geheimdiensten zu Verfügung stehen, um sie aufzuspüren und zu stoppen. Richtig?
– Eine höchst elegante Zusammenfassung.
– Danke sehr. Aus diesem Grund haben wir die größten Aussicht, Dr. Mzu aufzuhalten, wenn wir die versammelten Geheimdienste von der Leine lassen.
– Korrekt.
– Also lassen wir sie von
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