Seelengesaenge
würden bis zum morgigen Tag um diese Zeit einhundert Millionen Besessene auf New California leben. Weitere drei Tage später, und die Organisation hätte die vollständige Kontrolle über den gesamten Planeten.
Und gestern noch hatte sie nichts anderes getan als ein paar hundert unschuldige, schlaksige Kinder zu unterhalten und die immer gleichen Possen und Mätzchen ihres Gefolges zu ertragen.
»Das sieht verdammt noch mal ganz phantastisch aus, Al«, sagte sie. »Ich schätze, du hast wirklich, was man für so ein Ding braucht.«
Er klopfte ihr scherzhaft auf den Hintern. »Das hatte ich schon immer. Die Dinge laufen hier gar nicht so sehr anders als damals in Chicago. Es ist alles nur eine Frage der Größe. Das hier ist eine ganze Reihe von Nummern größer, aber ich hab’ schließlich die Jungs von Savvy Avvy, die mir bei dieser Seite der Medaille helfen, Buchführung und all der Mist. Avvy wurde nicht auf die gleiche Weise Bürgermeister von San Angeles wie damals in Chicago der gute alte Big Jim Thompson, nein, Sir, Avvy hat ein richtiges Flair für Papierkram.«
»Und Leroy Octavius auch.«
»Yepp. Ich weiß jetzt, warum du ihn bei dir behalten wolltest. Ich könnte noch eine ganze Wagenladung Burschen wie ihn gebrauchen.«
»Wozu denn das?«
»Um weiterzumachen natürlich. Wenigstens noch ein paar Tage länger.« Er ließ die Schultern hängen und rieb sich mit den Händen über das Gesicht. »Dann fliegt die Scheiße nämlich in den Ventilator, weißt du? Die meisten von den Volltrotteln dort unten haben nichts anderes im Sinn, als diesen Planeten verschwinden zu lassen. Meine Güte, ich bin nicht sicher, ob ich sie daran hindern kann.«
Achtmal in den vergangenen Tagen hatte er Emmet Mordden befehlen müssen, die Verteidigungsplattformen gegen Gebäude und ganze Stadtteile einzusetzen, über denen sich Fetzen von roten Wolken gebildet hatten. Jedesmal hatten die Missetäter den Hinweis verstanden, und die roten Wolken waren wieder verschwunden.
Für den Augenblick hatte er die Dinge unter Kontrolle. Doch was geschehen würde, wenn er den Planeten erst erobert hatte, das bereitete ihm nicht wenig Kopfzerbrechen. Es würde schwierig werden, die Besessenen am Verschwinden unter ihrer dämlichen roten Wolke zu hindern, weil er der einzige unter ihnen war, der nicht wollte, daß es geschah. Sobald er ihnen erst den Planeten zu Füßen gelegt hatte, würden sie ihren Blick auf das richten, was sie am Erreichen ihrer wirklichen Ziele hinderte. Und irgendein Schlaumeier mit einem Gespür für den Hauptgewinn würde seinen Einsatz riskieren. Es wäre schließlich nicht das erste Mal.
»Dann gib ihnen eben ein neues Ziel«, sagte Jezzibella.
»Sicher, klar, null Problemo, Puppe. Was soll ich ihnen denn noch geben, wenn sie die ganze Scheiß-Welt haben, um Himmels willen?«
»Hör mal, du bist doch derjenige, der mir ununterbrochen erzählt, daß das hier alles zu Ende ist, wenn die Besessenen New California erst aus diesem Universum entfernt haben, oder? Jedermann wird unsterblich, und alle sind vollkommen gleich.«
»Ja, so ungefähr.«
»Das bedeutet, du bist nichts mehr. Jedenfalls nichts Besonderes, oder?«
»Genau das versuche ich dir verdammt noch mal die ganze Zeit über klarzumachen!«
Jezzibellas Aussehen veränderte sich erneut. Diesmal zu etwas, das er vorher noch nicht an ihr bemerkt hatte: Eine Gelehrte, oder eine Gouvernante vielleicht. Nicht das kleinste bißchen sexy. Al sog zischend die Luft durch die Zähne. Die Art und Weise, wie sie das tat, war schlicht und einfach entnervend – schließlich besaß sie keinerlei energistischen Fähigkeiten und alles.
Sie beugte sich vor und legte ihm die Hände auf die Schultern. Ihre Augen, nur Zentimeter von den seinen entfernt, blickten ihn streng an. »Wenn du nichts bist, dann sind auch deine Lieutenants und deine Soldaten nichts mehr. Tief im Innern wollen sie das ganz bestimmt nicht. Du mußt einen Grund finden – einen verdammt guten Grund – um die Organisation aufrecht zu erhalten. Wenn sie erst kapiert haben, wie es aussieht, kannst du die Dinge noch eine ganze Weile so laufen lassen.«
»Aber wir haben hier gewonnen! Es gibt nicht eine einzige Entschuldigung, warum wir so weitermachen sollten wie bisher.«
»Es gibt im Gegenteil eine ganze Menge«, widersprach sie. »Du weißt einfach nicht genug über die Art und Weise, wie es heutzutage in der Galaxis aussieht, um langfristige Pläne zu schmieden, das ist alles. Aber das
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