Seelengesaenge
Wohlgefallen aufgelöst. Die Far Realm war vertragsmäßig gebunden, während der gesamten Dauer des Norfolk-Auftrags beim Geschwader der Navy zu bleiben, und wenn die Schiffe aufbrachen, würde sie die Fregatten begleiten. Und niemand konnte mehr genau sagen, wann das sein würde, erklärte der Kommandant. Es war Louise ziemlich egal; sie wollte lediglich weg von der Oberfläche, so schnell wie möglich. Selbst der niedrige Orbit wäre sicherer, als wenn sie in Norwich blieben. Und wenn die Far Realm ihren nächsten Hafen angelaufen hatte, konnte sie sich immer noch Gedanken machen, wie sie von dort aus nach Tranquility kam.
Also hatte der Kommandant scheinbar großzügig eingewilligt und die Bedingungen mit ihr ausgehandelt. Sie würden am nächsten Tag in den Orbit fliegen, um dann an Bord der Far Realm abzuwarten, bis der Auftrag der Navy erledigt war.
Weitere Verzögerungen. Weitere Unsicherheiten. Wenigstens hatte sie angefangen, ihren Plan in die Tat umzusetzen. Was für eine Vorstellung, eine Passage an Bord eines Raumschiffes zu arrangieren, ganz allein und ohne Hilfe! Wegzufliegen und Joshua wiederzusehen.
Und alle anderen im Stich zu lassen.
Aber ich kann sie schließlich nicht alle mit mir nehmen, dachte sie. Ich würde ja wirklich gerne, lieber Jesus, aber ich kann nicht. Bitte versteh mich, Herr.
Sie bemühte sich, ihre Schuldgefühle zu verbergen, als sie die Mägde durch das Haus zu ihrem Zimmer führte. Sie trugen die Pakete und Kartons, die Louise gekauft hatte, nachdem sie Bennet Field verlassen hatten. Kleider, die mehr geeignet waren für die Reise an Bord eines Raumschiffs (Genevieve hatte das Aussuchen genossen), und andere Gegenstände, die vielleicht nützlich werden konnten. Sie erinnerte sich, wie Joshua erzählt hatte, daß das Reisen zwischen den Sternen schwierig und gefährlich sein konnte. Nicht, daß es ihm Angst gemacht hätte. Joshua war ja so tapfer!
Zum Glück war Tante Celina noch nicht wieder zu Hause, obwohl es bereits spät am Nachmittag war. Louise hätte nicht erklären können, was die Pakete und Kartons zu bedeuten hatten.
Nachdem sie die Mägde wieder verscheucht hatte, streifte Louise ihre Schuhe ab und schleuderte sie von sich.
Sie war nicht an hohe Absätze gewöhnt, und das schicke Leder fühlte sich allmählich an wie ein Folterwerkzeug. Die neue Jacke folgte den Schuhen auf den Boden, dann riß sie die Balkontüren auf.
Duke stand niedrig am Himmel und tauchte die Landschaft in ein liebliches goldenes Licht, das die Gärten in prächtigen Farben leuchten ließ. Eine kühlende Brise ging, gerade stark genug, um die Äste der Bäume rauschen zu lassen. Auf dem größten der Gartenteiche vollführten weiße und schwarze Schwäne einen kunstvollen Tanz um die dichten Bündel orangeroter Wasserlilien, während hinter ihnen leise Springbrunnenfontänen plätscherten.
Alles war so täuschend friedlich, und die Mauer schirmte die Geräusche der belebten Straße so stark ab, daß Louise niemals vermutet hätte, sich im Herzen der größten Stadt des Planeten aufzuhalten. Selbst Cricklade war zu manchen Zeiten lauter.
Der Gedanke an ihr Zuhause brachte sie zum Frösteln. Das war etwas, dem sie den ganzen Tag lang ausgewichen war. Ich frage mich, zu welchen Taten Mami und Daddy von ihren Possessoren gezwungen werden. Gemeine und abscheuliche Taten, falls sich dieser schreckliche Quinn Dexter noch immer auf Cricklade herumtrieb.
Louise erschauerte und zog sich in ihr Zimmer zurück. Es war Zeit für ein langes, ausgedehntes Bad, anschließend Umziehen für das Abendessen. Bis Tante Celina am nächsten Morgen aufgestanden wäre, hätten Louise und Genevieve den Planeten längst verlassen.
Sie zog ihre neue Bluse und den Rock aus. Als sie den Büstenhalter abgelegt hatte, betastete sie vorsichtig ihre Brüste. Waren sie empfindlicher geworden? Oder litt sie nur unter Einbildung? War es normal, daß Brüste so früh im Verlauf einer Schwangerschaft empfindlich waren? Sie wünschte, sie hätte in der Schule besser aufgepaßt, als Familienplanung unterrichtet worden war, anstatt zusammen mit ihren Freundinnen angesichts der Bilder von männlichen Geschlechtsteilen albern zu kichern.
»Mir scheint, du bist ein wenig einsam, Louise, wenn du es alleine tun mußt.«
Sie ächzte erschrocken auf und riß die Bluse an sich wie einen schützenden Schild.
Roberto schob den Vorhang am anderen Ende des Zimmers beiseite, wo er sich verborgen gehalten hatte, und schlenderte
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