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Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Roberto.«
    Die obszön tastenden Hände hielten inne. »Warum?«
    »Ich mag es nicht so. Ich will mich umdrehen. Bitte, dann ist es auch für dich besser. So tut es nur weh.«
    Einen Augenblick lang herrschte Schweigen. »Und du wirst dich nicht mehr wehren?« Er klang unsicher.
    »Nein. Ich verspreche es. Alles, nur nicht so.«
    »Ich mag dich, Louise. Ich mag dich wirklich.«
    »Ich weiß.«
    Das Gewicht in ihrem Rücken wurde geringer. Louise spannte sich, sammelte all ihre Kraft. Sie zerrte die Schrotflinte unter dem Bett hervor, wirbelte herum und schwang die Waffe in einem weiten Bogen in die Richtung, wo sie seinen Kopf vermutete.
    Roberto sah es kommen. Er schaffte es gerade noch, abwehrend die Arme hochzureißen, wollte sich zur Seite ducken …
    Der Pumpgriff der schweren Waffe wischte seine Deckung beiseite, und der Lauf traf ihn über dem linken Ohr. Nicht annähernd so heftig, wie Louise es beabsichtigt hatte, doch Roberto schrie vor Schreck und Schmerz auf und preßte die Hände auf die Stelle, wo sie ihn getroffen hatte. Er kippte langsam um.
    Louise zog ihre Beine unter ihm hervor und fiel aus dem Bett. Fast hätte sie die Schrotflinte dabei verloren. Sie hörte, wie Roberto hinter ihr jammerte, ein Laut, der eine beinahe furchterregende Häme in ihr erweckte.
    Es befreite sie von all der vornehmen Kultiviertheit, die Norfolk ihr eingeflößt hatte, und wischte die Zivilisation mühelos beiseite.
    Sie rappelte sich auf die Beine, packte die Schrotflinte fester und schlug ein zweites Mal zu. Krachend hämmerte der Lauf auf Robertos Schädel.
     
    Das nächste, woran Louise sich erinnerte, war ein besorgtes Klopfen an der Tür. Aus irgendeinem unerklärlichen Grund war sie zu Boden gesunken und hatte angefangen zu weinen. Sie fror und zitterte am ganzen Körper, und doch stand ein feiner Schweißfilm auf ihrer Haut.
    Das Klopfen wiederholte sich, diesmal drängender. »Lady Louise?«
    »Fletcher?« stieß sie hervor. Ihre Stimme klang ganz schwach.
    »Ja, ich bin es, Lady Louise. Ist bei Euch alles in Ordnung?«
    »Ich …« Sie unterdrückte ein ersticktes Kichern. »Einen Augenblick bitte, Fletcher.« Sie blickte sich um und erstarrte. Roberto lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Bett, und das Blut aus seiner Kopfwunde hatte einen großen Bereich des Lakens durchtränkt.
    Lieber Herr im Himmel, ich habe ihn umgebracht! Sie werden mich hängen!
    Sie starrte einen langen schweigsamen Augenblick auf den reglosen Körper, dann stand sie auf und wickelte sich ein Handtuch um ihre Blöße.
    »Ist jemand bei Ihnen?« fragte sie Fletcher.
    »Nein, Lady Louise. Ich bin allein.«
    Louise öffnete die Tür, und er schlüpfte hinein. Aus irgendeinem Grund schien ihn der Anblick des Leichnams auf dem Bett nicht zu überraschen.
    »Lady Louise.« Seine Stimme klang leise und weich und voller Mitgefühl und Sorge. Er öffnete die Arme, und sie drückte sich an ihn und hatte alle Mühe, nicht wieder zu weinen.
    »Ich mußte es tun!« sprudelte sie hervor. »Er wollte mich …«
    Fletchers Hand strich über ihr wirres Haar, glättete und kämmte es zugleich. In Sekundenschnelle war es wieder die glänzende, trockene Pracht wie immer, und irgendwie hatte auch der Schmerz in Louise nachgelassen.
    »Woher wußten Sie …?« murmelte Louise.
    »Ich konnte Eure Qual spüren. Ein mächtiger lautloser Schrei war es.«
    »Oh?« Eine seltsame Vorstellung, daß die Besessenen imstande waren, die Gedanken der Lebenden zu belauschen. Ich habe soviel schlimme Gedanken in meinem Kopf.
    Fletcher begegnete ihrem sorgenvollen Blick. »Hat Euch dieses Tier verletzt, Lady Louise?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Sein Glück. Hätte er es getan, würde ich ihn höchstpersönlich in das Jenseits befördert haben. Und diese Reise wäre ganz gewiß alles andere als angenehm für ihn geworden.«
    »Aber er ist schon tot, Fletcher! Ich habe ihn umgebracht!«
    »Nein, Lady. Er lebt.«
    »Das Blut …«
    »Eine Kopfwunde sieht stets viel schlimmer aus, als sie in Wirklichkeit ist. Kommt jetzt, ich möchte nicht, daß Ihr wegen diesem Tier weitere Tränen vergießt.«
    »O Gott, wir stecken in einer schrecklichen Klemme, Fletcher. Er hat Verdacht geschöpft gegen Sie. Ich kann nicht einfach zur Polizei gehen und ihn wegen versuchter Vergewaltigung anzeigen. Er wird ihnen alles über Sie erzählen! Außerdem …« Sie stieß wütend den Atem aus. »Außerdem bin ich gar nicht so sicher, wem von uns beiden Tante Celina glauben

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